Donnerstag, 12. April 2018

Tag 15: schwerer Abschied und Fahrt in die Catlins

Wir hatten zwei wundervolle Abende bei Max und seiner Familie verbracht, aber heute hieß es leider schon wieder Abschied nehmen. Nach einem relaxten Frühstück und Diskussionen darüber, wie sich Milford verändert hat, wo es ehemalige Arbeitskollegen in verschlagen hat oder wie unsere Zukunftspläne aussehen und nach ausgiebigen Streicheleinheiten für Schäferhund Mika schafften wir es gegen 11 Uhr doch irgendwie, uns loszueisen und Lebewohl zu sagen. Mit der Einsicht und dem Versprechen, daß dies nicht der letzte Besuch war, war es gar nicht so schlimm.

Te Anau ließen wir hinter uns und fuhren in Richtung Catlins. Dabei bemerkte ich wieder, wie schön das Southland ist, welches als südlichste Region Neuseelands (wenn man Stewart Island mal außen vorläßt) immer gern vernachlässigt wird. Landschaftlich muß sich das Southland nicht hinter touristischen Größen wie Otago oder McKennzie verstecken, weil es aber eher stiefmütterlich behandelt wird, ist es nicht so überlaufen wie viele andere Bereiche Neuseelands.

Auch die Catlins kann man getrost als ein vernachlässigtes Juwel Neuseelands bezeichnen. Die Region ist dünn besiedelt, die Infrastruktur gerade gut genug, daß man es als Tourist mit ein wenig Planung hindurch schafft ohne irgendwo mit einem leeren Tank oder leerem Magen zu stranden und Unterkünfte scheinen jedes Jahr mehr aus dem Boden gestampft zu werden. In die Catlins kommt man sicherlich nicht zum Einkaufen oder für das ereignisreiche Nachtleben; nein man kommt her für die Natur, die Ruhe und zum Genießen der puren Naturgewalten. Denn die Natur beherrscht hier noch zu einem großen Teil das Leben der Menschen. Viele leben vom Eco Tourismus (vor allem Pinguine und Delphine in Curio Bay) und noch immer ist die Schafzucht ein wichtiger Bestandteil dieser Region. Diese robusten Tiere stehen dann auch bei Wind und Wetter auf Felsklippen und lassen sich die heftigsten Sturmböen um ihre dünnen Beinchen wehen.

Aber mal der Reihe nach. Wir folgten also dem Catlins Coastal Heritage Trail (dem Küstenweg) und dort sind die Attraktionen wie eine Perlenkette auf einer Schnur an einander gereiht. Wir starteten in Fortrose mit einem Kaffee und obwohl ich schon zweimal in den Catlins war, erfuhr ich erst diesmal, daß hier ein Schiffwrack in der Bucht liegt, welches allerdings nur bei Ebbe erkennbar ist und es war gerade, Ihr erratet es vielleicht, keine Ebbe. 

Also fuhren wir gleich wieder zum Waipapa Point, einem meiner Lieblingsplätze in den Catlins. Hier befindet sich ein kleiner Leuchtturm (der letzte aus Holz) und sehr oft kann man Seelöwen am Strand beobachten. So auch heute; ein einzelnes Exemplar hatte sich an den Strand verirrt, trocknete seine Haut durch langes Strecken und wälzte sich anschließend im Sand so daß man ihn bei einem flüchtigen Blick nur schwer hätte erkennen können. Auch hier liegt ein Schiffwrack und zwar die „SSTararua“, die am 29.04.1881 auf die Felsen auflief und komplett zerschmetterte. Mit 131 Toten gilt dieses Ereignis noch heute als das schlimmste Seeunglück mit Zivilisten. Bereits zuvor hatte es kleinere Unglücke in der Gegend gegeben und so wurden die Rufe nach einem Leuchtturm immer lauter, der dann auch 1884 erbaut wurde. Auch dieses Wrack konnten wir aufgrund der Flut nicht sehen, hatten allerdings auch nicht wirklich gründlich danach geschaut.

Weiter gings zum Slope Point, dem südlichsten Punkt der Südinsel. Man läuft über Privatland bis zu den Klippen, von denen aus man einen genialen Ausblick auf den Ozean genießen kann. In der Lämmerzeit ist dieser Weg jedes Jahr gesperrt, damit sich die Muttertiere stressfrei um ihren Nachwuchs kümmern können und nicht ständig von Menschen aufgeschreckt werden.
Wie überall auf den Catlins sieht man auch hier die vom Wind verbogenen Bäume und bekommt eine Ahnung davon, wie stürmisch es hier manchmal zugehen kann. Bei solch extremen Bedingungen möchte man sich definitiv nicht draußen aufhalten.

Unser nächster Stop war Curio Bay, der bei Surfern sehr beliebt ist. Nicht nur wegen der guten Bedingungen zum surfen sondern auch weil man oft schon vom Strand aus oder eben auf dem Surfbrett die kleinen Hektordelphine beobachten kann, die sich ebenfalls in den Wellen tummeln. Bekannt ist Curio Bay aber auch für seinen fossilen Wald aus der Jura Periode. Der Wald ist 160 Millionen Jahre alt und geht zurück bis in die Zeit, als Neuseeland noch Teil von Gondwanaland war. Genau dort kann man auch wunderbar Pinguine beobachten und das am besten in den Abendstunden, wenn die Yellow Eyed Penguins (Gelbaugenpinguine) und die Blue Penguins (Zwergpinguine) von einem harten Arbeitstag auf See nach Hause in ihre Nester zurückkehren. 

Dafür war es allerdings noch ein wenig zu früh, deswegen fuhren wir weiter nach Waikawa (nur ca. 10 Minuten entfernt), wo ich ein BBH Hostel mit dem passenden Namen Penguin Place gebucht hatte und wo wir erstmal in Ruhe unser Abendessen kochten. Als es langsam dämmerte, fuhren wir zurück zu Curio Bay und gesellten uns zu den anderen Wartenden, die ganz gespannt aufs Meer hinausschauten und nach Pinguinen Ausschau hielten. Als ich vor einigen Jahren hier saß, waren vielleicht noch 20 andere Leute anwesend, heute waren es geschätzte 100. Auch der abgegrenzte Bereich, der von den Wartenden nicht zu überschreiten ist, existierte damals noch nicht, war aber auch nicht wirklich notwendig. 

Als sich endlich ein Pinguin zeigte, war es schon fast zu dunkel zum Fotografieren. Er ist der Sentinel, also der Späher, der von den anderen vorgeschickt wird um entweder die Ungefährlichkeit des Weges zu erkunden oder um die Menschen abzulenken, ganz sicher sind wir uns da nicht. Er hatte es nicht eilig nach Hause zu kommen, stand er doch eine Ewigkeit auf der gleichen Stelle und schaute in der Weltgeschichte umher und trocknete dabei seine Federn. Die Unruhe unter den Schaulustigen, die beim Erblicken des Pinguins aufgekommen war, hatte sich schnell verzogen. Die meisten sahen ein, daß man bei den Lichtverhältnissen und der Entfernung (mehrere Hundert Meter) keine Bilder mit einem Smartphone machen kann und traten deshalb die Heimreise an. Ein ganz schlauer Zeitgenosse meinte, das fehlende Licht durch Hinzuschalten seines Blitzes ausgleichen zu können, was in zweierlei Hinsicht dämlich ist. Erstens aufgrund der Entfernung und zweitens verhielten wir alle uns nicht grundlos ruhig und versuchten keine Aufmerksamkeit zu erwecken um die Pinguine nicht zu verschrecken. Das Wort Blitzbirne schwirrte mir durch den Kopf

Irgendwann gesellte sich noch ein zweiter Pinguin hinzu, aber inzwischen war es zu dunkel zum Fotografieren und selbst mit dem bloßen Auge war er nur noch für wenige sichtbar. Da es kalt geworden war, fuhren wir zurück ins Hostel und widmeten uns unseren Abendaktivitäten (Bilder sichten, Tagebuch schreiben, Planung für den nächsten Tag usw). Internet gibt es nicht und so sitzen doch tatsächlich die Bewohner im gemütlichen Wohnzimmer und unterhalten sich (das kommt selten genug vor). Daß dies nicht immer von Vorteil ist, bemerken wir schnell, denn das geistige Niveau einiger Anwesenden ist erschreckend gering.







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