Sonntag, 20. November 2022

Unsere Großbritannien Reise: die Highlights in Wales

 

Wales haben wir auf unserer Reise eher stiefmütterlich behandelt. Wir haben uns vorher nicht mit dem Land beschäftigt und hatten während der Reise nicht viel Zeit und Nerven, dies abends noch zu tun, schließlich waren wir mit der täglichen Stellplatzsuche mehr als ausgelastet. Wales ist bekannt für seine unzähligen Schlösser und Burgen (mehr als 600!), was für uns Hobbyfotografen sicherlich ein paar schöne Motive hergegeben hätte, aber mit der Zeit wird das eintönig. Außerdem hatten wir immer im Hinterkopf, dass wir nach Schottland möchten und es dort schneller mal kalt wird als im Süden (alles unterhalb Schottland ist Süden) und deswegen nutzten wir Wales nur als Zwischenstopp auf unserer Reise in den Norden. Insgesamt verbrachten wir weniger als eine Woche in Wales. Die Anzahl an Highlights ist daher naturgemäß limitiert aber nichtsdestotrotz haben wir eine schöne Zeit in Wales verlebt und herrliche Landschaften erleben dürfen.

Westwood Forest Picnic Area, Llanfaches

Ein Highlight der besonderen Art stellt unser erster Stellplatz in Wales dar. Erstaunt sind wir darüber, dass unser Navi den Standort überhaupt findet, denn solche locations findet es in zwei aus drei Fällen nicht. Dummerweise führt es uns, nicht zum ersten Mal, mit der Kirche ums Dorf und letzten Endes legen wir den Rest der Strecke mit google zurück. Das Problem mit dem Navi werden wir mal in einem separaten Beitrag erörtert. Nur kurz: Wir haben extra das Garmin Camper Navi gekauft, weil man dort auch die Maße seines Wohnmobils eingeben kann und werden dann trotzdem auf Straßen geleitet, die gänzlich ungeeignet für unseren Ludwig sind. Aber wie gesagt, später mal dazu mehr.

Wir befinden uns also auf dem Weg zur Forest Picnic Area (Picknickstelle im Wald) und die sowieso schon engen Straßen werden immer enger. Irgendwann sind wir geringfügig breiter als die Straße und Büsche und Äste kratzen links, rechts und oben auf unserem Ludwig herum. Teilweise klingt das Kratzen wirklich böse und wir befürchten bereits das Schlimmste, schließlich haben wir ja auch Solarpanelen auf dem Dach. Zurück können wir aber nicht deswegen bleibt uns nur der Weg nach vorne. Irgendwann kommt uns auch noch das Postauto entgegen. Der Postbote staunt nicht schlecht, grüßt aber freundlich und fährt eine etwas längere Strecke zu einem Gartenzaun zurück. Möchte nicht wissen, was in seinem Kopf vor sich ging. Als sich der Weg gabelt, wird es mir zu viel. Ich steige aus und laufe ein Stück, um den Weg vor uns auszukundschaften. Ich finde keine Picnic Area, beschließe aber, dass Ludwig diesen Weg auf keinen Fall zurücklegen kann, da es extrem eng, steil und die Straße komplett kaputt ist. Also muss Tommy den Ludwig in 50 Zügen wenden und schweren Herzens geht’s zurück durch kratzende Hecken. Wir befragen Google und dort wird uns ein komplett anderer Weg angezeigt, der zwar vielversprechend beginnt (ein klein wenig breiter) aber letzten Endes auch wieder Dauerkontakt mit den Hecken verspricht. Aber nach ein paar Mal Luftanhalten kommen wir tatsächlich an der Picknickstelle an und gönnen uns nach dem Schreck erstmal was Süßes.

Es stellt sich heraus, dass es weitaus mehr Kratzer auf unserem Womo hätten sein können, wir sind glimpflich davongekommen. Allerdings haben leider die Kunststofffenster was abgekommen, die haben nun einige Kratzer mehr. Ansonsten sieht man nur Schleifspuren von den Brombeerbüschen. Wir verbringen eine schöne Zeit auf dem Parkplatz und nehmen das Angebot der Feuerstellen in Anspruch und grillen ein paar Würstchen, die wir kurz vorher gekauft hatten. Holz finden wir ein wenig im Wald, aber leider nicht ganz trocken. Ausgeholfen hat uns ein netter junger Mann, der ebenfalls auf dem Parkplatz übernachtet und uns kurzerhand ein paar Holzscheite anbietet.

Das Beste kommt wie immer zum Schluss. Wir bemerken, dass es oberhalb des Parkplatzes eine Straße gibt (wir sind von unterhalb gekommen) und beschließen, diese am Morgen für den Rückweg zu nutzen, egal was das Navi sagt. Das Navi hat überhaupt nichts einzuwenden gegen diese Straße, die sich als machbare Alternative entpuppt. Eng zwar, aber tatsächlich mit Gegenverkehr befahrbar (mit Ausweichbucht). Warum wir diese nicht für die Anfahrt angezeigt bekommen haben, weiß wahrscheinlich nicht mal der Herr Garmin.

Fairbourne Strand / Estuary Halt

Im oberen Drittel von Wales befindet sich an der Westküste der Ort Fairbourne, ganz am Rand des Snowdonia National Parks. Der Fluss Mawddach schneidet durch das Land und trennt die Orte Fairbourne und Barmouth voneinander, die aber durch eine kleine Fähre miteinander verbunden sind. Diese landet am Penrhyn Point und von dort kann man in eine Schmalspureisenbahn umsteigen, die einen vom Fährlandeplatz über Estuary Halt in den Ort Fairbourne bringt. Die Eisenbahn wurde von Anfang an nur für touristische Zwecke gebaut, um den Tourismus in dem Gebiet auszubauen und attraktiver zu machen. In Betrieb ist die Bahn seit 1895.

Wir haben unsere kurze Zeit am Mawddach sehr genossen. Unser Stellplatz befindet sich am Ende der Straße, wenn man Fairbourne verlässt. Genannt wird das Gebiet Estuary Halt und die Schmalspureisenbahn fährt hier durch einen winzig kleinen Dünentunnel auf ihrem Weg zum Penrhyn Point, wo sich in strategisch hervorragender Lage ein kleines Café befindet. Man kann hier wunderbar viel Zeit beim Spazieren verbringen, zuerst am Fluss entlang, der durch seine Anbindung ans Meer bereits den Gezeiten unterliegt. Hier sind Schiffe angebunden, die beim Start unseres Spaziergangs noch an Land und ein paar Stunden später komplett im Wasser stehen. Durch die Dünen hindurch gelangt man an den Strand und dort sind wir gewohnheitsgemäß mit Steineschmeißen beschäftigt. Außerdem haben wir kurz vorher unsere Woche in Gweek bei Clean Ocean Sailing verbracht und das Thema Verschmutzung der Strände und Meere ist bei uns noch sehr präsent. Deswegen ist Jamie auch nicht zu bremsen, wenn es ums Aufsammeln des Plastikmülls geht.

Letzten Endes sind es auch hier wieder die kleinen Dinge, die einen Ort erinnerungswürdig machen. Zum einen ist es der unerwartete heftige Regenschauer, der uns komplett durchnässt wie Olympiasieger zum Womo flitzen lässt. Natürlich all die nassen Klamotten, die wir im Ludwig zum Trocknen verteilen (bei drei Personen kommt da einiges zusammen), der herrliche Sonnenuntergang und der nächste Morgen. Es gibt fast nichts Schöneres, als beim Frühstück aufs Wasser zu schauen und dem Plätschern des Wassers lauschen zu können.

Snowdonia National Park, Lyn Ogwen

Auf unserer Reise durch das Land durchqueren wir Snowdonia, Wales´ größten Nationalpark. Genießen kann man diesen am besten bei ausgiebigen Wanderungen, aber dies wird durch das launische Wetter erschwert, was für Hochgebirge nicht untypisch ist. Und mit Kleinkind sind solche Wanderungen einfach nicht machbar, zumindest nicht wenn das Tragen im Kinderrucksack ausgeschlossen ist. Dennoch haben wir es gewagt und eine Wanderung zu einem Wasserfall bei Lyn Ogwen (Lyn= Lake) unternommen. Gewohnheitsgemäß läuft Regenwasser den Berg herunter und sammelt sich an einigen Stellen zu kleinen Wasserfällen.

Die Wanderung beginnt unterhalb einer Farm, deren Besitzer es Fremden netterweise erlauben, ihr Privatgrundstück für die Wanderung zu betreten. Auch die Schafe haben nichts gegen den menschlichen Besuch einzuwenden. Die meiste Zeit schauen sie einem nur hinterher, die einen mit mehr und die anderen mit weniger Interesse und hin und wieder hört man ein Blöken. Der Aufstieg ist nicht schwierig, aber mit zunehmender Höhe muss man aufpassen, wo man hintritt. Nicht nur nimmt die Dichte an Schafhinterlassenschaften zu, sondern es wird nass um die Füße. Es wird immer schwieriger, einen Weg zu finden, der trockenes Schuhwerk verspricht. Irgendwann hat man nur noch die Wahl zwischen a) geht noch, es werden nur die Sohlen nass, b) da versinkt nicht nur die Sohle und c) total ungeeignet, weil Matschloch. Und dazwischen steht dann immer noch Jamie und tut nicht immer das, was man ihm sagt. Oben angekommen, war Jamie mega stolz auf seine erste große Wanderung und Wasserfallentdeckung und wir versprachen ihm, bei der nächstbesten Gelegenheit ordentliche Wanderschuhe für ihn zu kaufen.

Die Landschaft hat es uns angetan, was man auch an der Fülle der Fotos erkennen kann, die wir bei dieser Wanderung geschossen haben. Der See Ogwen, umgeben von den hohen Bergen, die schroffen Gebirgshänge mit den riesigen Steinbrocken, die einen verlorenen Eindruck machen und die Schafe, die auf den unbequemsten Felsformationen sitzen und gemütlich vor sich hin kauen. Dazu kommt das wechselnde Wetter und die sich daraus resultierenden ändernden Lichtverhältnisse, die die Szenerie immer unterschiedlich beleuchten und plötzlich ganz anders aussehen lassen.

Andere betätigen sich in Snowdonia als Gipfelsteiger und genießen majestätische Bergpanoramen; für uns haben Lake Ogwen und der kleine Wasserfall vollkommen ausgereicht. 



Samstag, 12. November 2022

Unsere Großbritannien Reise: die Highlights in England und andere interessante Fakten Teil 2

 Teil 1 dieses Artikels ist hier zu finden.

    5. Tintagel: Der Hype um König Artus

Wir halten uns normalerweise von jedweder Art von Hype fern, sei es um Personen oder Orte da es in den meisten Fällen doch sowieso nur darum geht, den Touristen ihr Geld aus der Tasche zu ziehen. Gleich in unserer 2. Nacht in England bekamen wir den Tipp, uns Tintagel wegen seiner Schönheit anzuschauen und den ganzen anderen Kram zu ignorieren. An diesen Ratschlag hielten wir uns. Es gibt erstaunlich viele Parkplätze im überschaubaren Ort und alle erlauben das overnight parking (gegen Gebühr). Wir fuhren bis ans Ende der Straße und parkten auf einer Wiese, dessen Besitzer gleich nebenan wohnt und das ehemalige Weideland seiner Kühe im Sommer als Parkplatz anbietet, weil man so schätzungsweise mehr Geld verdient als mit Viehzucht. Wir waren noch nicht mal richtig angekommen, da fuhr er schon mit seinem Pickup umher und fragte, ob wir bezahlt hätten (hatten wir natürlich noch nicht). Als wir endlich Kind und Kegel zum Spaziergang eingepackt hatten, warfen wir das Geld in die Honesty Box (Sammelbüchse).

Ich habe versucht herauszufinden, warum Tintagel so besonders sein soll und warum es eine Verbindung zu König Artus haben soll. Aber ganz ehrlich, das erweist sich als schwierig. Es gibt nicht mal eine allgemeingültige offizielle Version der Artussage. Letzten Endes ist unklar, ob es die historische Figur Artus oder Arthur überhaupt gegeben hat. Teile der Geschichte und vielleicht sogar einzelne Figuren könnten tatsächlich historischen Ursprungs sein, aber beweisen lässt sich das nicht. Man geht davon aus, dass es zu einer Verschmelzung verschiedener Heldensagen gekommen ist und so finden sich Elemente von Parzival, vom heiligen Gral und von Tristan wieder. Tintagel Castle hat eine interessante Geschichte (kann man bei Wikipedia nachlesen https://de.wikipedia.org/wiki/Tintagel_Castle) aber eine wirkliche Verbindung zu Artus gibt es nicht. Trotzdem strömen die Besucher in Massen zur Burg, zahlen 16 Pfund Eintritt für eine Ruine und fragwürdige historische Fakten (aber das ist nur unsere Meinung!) und für jede Menge Souvenirkram rund um Artus, die Tafelrunde und das Schwert Excalibur. Wir haben das Schloss auch gesehen aber ohne Eintritt zu zahlen. Es gibt mehrere Möglichkeiten für kleinere Wanderungen in und um Tintagel herum und man stößt dabei unausweichlich auf Tintagel Castle. Man kommt zwar nicht aufs Gelände aber man kann die alte Burg trotzdem von allen Seiten bestaunen und uns war das genug.

Als kleines Highlight besuchten wir die Höhle direkt unter dem Schloss und diese wird, passend zur Sage, Merlins Cave (die Höhle Merlins) genannt. Der Sage nach hat der Zauberer Merlin die meiste Zeit in dieser Höhle gelebt und nur deshalb war es ihm möglich, das ausgesetzte Baby Artus zu retten, welches an diesen Strand gespült wurde. Die Höhle kann nur während Ebbe besichtigt werden und der kleine Strand davor ist über Treppen erreichbar. Jamie erinnert sich noch heute an Höhle und Strand, weil er dort beim Steineschmeißen und Ausweichen der Wellen ins Stolpern geraten, ins Wasser gefallen und dabei komplett nass geworden ist. An diesem Tag hatten wir keine Wechselklamotten dabei (es handelte sich ja nur um einen kleinen Abendspaziergang) und so trug er auf dem Heimweg alles, was wir irgendwie im Rucksack zusammenkratzen oder von uns selbst entbehren konnten.

          6. Exmore Nationalpark

Auch Exmore übt aufgrund seiner landschaftlichen Schönheit und Einzigartigkeit eine besondere Anziehung auf Engländer und Besucher aus, ähnlich wie die bereits erwähnten Dartmoor Nationalpark und Bodmin Moor (welches keinen Nationalparkstatus erhalten hat). 700km2 Hochmoor , Heidelandschaft, Seen, Flüsse und natürlich ausgiebige Wälder prägen das Bild des Nationalparks und laden ein zu diversen Outdoor Aktivitäten, wie Wandern, Reiten und Jagen von Rotwild, was besonders beliebt ist beim betuchten Klientel der anliegenden Grafschaften. Glücklicherweise wurde die Fuchsjagd mit Hunden 2004 verboten.

Da für uns aus den bekannten Gründen keine langen Wanderungen in Frage kommen und wir auf die Schnelle auch keine kürzeren Wanderungen in Erfahrung bringen konnten (was teilweise dem schlechten Handynetz geschuldet ist und man somit auch keine Recherche betreiben kann), blieb uns nur der Besuch einiger Ortschaften, um zumindest ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen. Die Beschreibungen im Reiseführer zu Lynmouth sprachen uns an und so peilten wir die Ortschaft an. Als wir auf der Hinfahrt das erste Schild entdeckten, dass gewisse Straßen für Womos und Fahrzeuge über 3,5 Tonnen nicht geeignet sind, waren wir vorgewarnt und auf der Hut. In Lynmouth angekommen, entdeckten wir wieder solch ein Schild (welches nach links zeigte) und waren der Meinung, mit der gewählten Alternativroute das Problem umschifft zu haben. Leider war dem nicht so, die engen und extrem steilen Straßen machten uns einen Strich durch die Rechnung. Nachdem wir um eine steile Kurve gefahren waren und dem Gegenverkehr Vorfahrt gewährten, ging bei uns gar nichts mehr, unser Ludwig hatte nicht genug Kraft für die Anfahrt am Berg. Bei Steigungen bis zu 24% auch kein Wunder. Wir mussten uns rückwärts wieder runterrollen lassen, irgendwie um die steile Kurve rumkommen und dem hinter uns wartenden Verkehr deutlich machen, dass sie doch bitte irgendwie Platz machen möchten, damit es nicht zu einem Verkehrsstau kommt. Uns blieb nur der komplette Rückzug aus dem Ort, da die einzig verbliebene Straße ebenfalls extrem steil war.

Wir besuchten Lynmouth am nächsten Tag mit dem Bus und bewunderten den bereits betagten Busfahrer, wie er lässig und mit stoischer Ruhe durch die engen Straßen fuhr und sich einen Weg durch den Gegenverkehr bahnte, der nicht so recht wusste, wohin er eigentlich ausweichen sollte. Aber die Größe eines Busses ist eben ein schlagendes Argument, da zählt das Recht des Stärkeren. Wir fuhren dann auch im Bus die Straße herunter, die wir tags zuvor nicht geschafft hatten und konnten unseren Frieden damit schließen. Ja es war verdammt steil!

Das besondere an Lynmouth ist die Kombination mit dem Nachbarort Lynton, welches 150m höher auf einer bewaldeten Klippe gelegen ist und lange Zeit durch seine Lage von der Umgebung abgeschnitten war. Verbunden waren die Orte seit 1870 durch die Cliff Railway, die nach eigenen Angaben steilste und höchste wasserbetriebene Eisenbahn der Welt. Die Fahrt dauert nur knapp 2 Minuten und man befindet sich 150m höher oder tiefer, je nachdem welche Richtung man ausgewählt hat. Lynmouth liegt an der Mündung des Lyn und bietet herrliche Aussichten aufs Wasser. Die Ortskerne beider Orte sind geprägt von kleinen schmucken Gässchen mit vielen Blumen, kleinen Kirchen, historischen Gebäuden und einer Gemütlichkeit, die vermitteln möchte, dass all die Touristen dort zwar willkommen sind aber die Ruhe nicht wirklich stören können. Lynmouth wirkt dabei noch etwas geschäftiger als Lynton aber vielleicht drängt sich dieser Eindruck nur auf, weil der Ort kleiner ist und somit die Touristen gehäuft an der kleinen Promenade anzutreffen sind, wo man Souvenire und Fish ´n´Chips kaufen kann.

            7. Lake District, Castlerigg Stone Circle

Vom Lake District waren wir etwas enttäuscht. Voran es wirklich gelegen hat, können wir gar nicht so genau sagen. Gelesen hatten wir vieles gutes und die Landschaft war auch sehr beeindruckend. Vielleicht waren wir einfach zum falschen Zeitpunkt da. Die Ferien waren zwar in den meisten Regionen Englands bereits vorbei aber wir kamen an einem Wochenende. Somit waren die Parkplätze wieder extrem voll und wir fuhren mit unserem Womo meist rückwärts wieder raus weil selbst das Wenden vielerorts nicht möglich war. Außerdem kostete das Parken an allen Seen Geld, was wir als übertrieben empfinden. Da wird wohl wieder auf Rücken der Touristen versucht, Geld zu verdienen. Das regnerische Wetter trug nicht dazu bei, unseren schlechten Start mit dem Lake District wieder gut zu machen. Empfohlen wurde uns der Castlerigg Steinkreis in der Nähe von Keswick und wir waren positiv überrascht, dort nichts fürs Parken bezahlen zu müssen. Dafür schoss der nebenan gelegene Kletterpark mit Café den Vogel ab, der sogar für die Benutzung des Spielplatzes Geld verlangte. Wir hatten arge Probleme, Jamie zu vermitteln, dass er den soeben freudig entdeckten Spielplatz nicht betreten kann, weil wir nicht bereit sind, für die Nutzung eines mittelmäßigen Spielplatzes Geld zu bezahlen. Der Steinkreis hingegen entpuppte sich als kleines Schätzchen, auch wenn wir ihn scherzhaft „Stonehenge für Arme“ tauften. Sicherlich kann er mit Stonehenge schon größenmäßig nicht mithalten, aber man muß nicht am Zaun drum herumlaufen sondern kann jeden Stein anfassen, den Ort auf sich wirken lassen und wers mag, kann dort sogar meditieren. Versuche das mal in Stonehenge, wenn die Besuchermassen an Dir vorbeiziehen!   

Gebaut wurde Castlerigg vor mehr als 4500 Jahren von prehistorischen bäuerlichen Gemeinschaften. Erstmals erwähnte wurde der Steinkreis 1776 zusammen mit einem weiteren, größeren Steinkreis im Feld nebenan, welcher aber nie gefunden wurde. In 1882 wurde ein Gesetz verabschiedet, welches prehistorische Monumente unter Schutz und deren Beschädigung unter Strafe stellte. Castlerigg wurde in diesen Schutz mit eingebunden. Dies wurde notwendig, weil durch den Bau der Eisenbahn viele Tagesausflügler von Keswick zum berühmt gewordenen Castlerigg kamen und sich Teile aus den Steinen hauten, um diese als Souvenire mit nach Hause zu nehmen.

Wir finden es beindruckend an solch historischen Orten zu weilen und darüber nachzudenken, was hier alles stattgefunden haben mag. Wurden diese Orte für bestimmte Rituale gebaut und / oder für Zeremonien zu speziellen Anlässen? Dienten sie dem sozialen Austausch oder dem Handel, wurden hier Verhandlungen über Warentausch oder vielleicht sogar Gerichtsverhandlungen durchgeführt? Fanden hier Hochzeiten statt? Manchmal wünscht man sich eine Zeitmaschine, um diesen Aktivitäten beiwohnen zu können.  


      8. Hadrianswall

Die Hadrianswall wurde nicht, wie fälschlicherweise lange Zeit vermutet, zur Abwehr von Invasionen nördlicher Stämme Caledoniens (=Schottand) erbaut. Vielmehr beabsichtigte Kaiser Hadrian beim Bau zwischen 122 und 128 n.Chr. den Handels- und Personenverkehr zu überwachen und an den dafür vorgesehenen Grenzübergängen zu kanalisieren. Auf diese Weise konnten Zölle erhoben und strukturiert eingetrieben werden. 

Ein Bauwerk, das so lange Zeit gestanden und Wind und Wetter und letzten Endes auch dem Menschen standgehalten ist, ist ein Wunder in sich. Wir sprechen hier nicht nur von einer Mauer, sondern einem ausgefeilten Grabensystem, mehreren hundert Türmen, Hilfstruppenkastellen und Meilenkastellen. Als Flankenschutz der Wallzone wurde an der Westküste der angrenzenden Grafschaft Cumbria ein ähnlich angelegtes Sicherungssystem errichtet mit zahlreichen Kleinkastellen und daran angeschlossenen Wach- und Signaltürmen.

Hier haben so viele Menschen in unterschiedlicher Funktion gelebt und gearbeitet; Beamte Roms, die den Handel überwachten und Zölle einkassierten; niederes Personal das für deren leibliches Wohl sorgte; Soldaten, die mit dem Grenzschutz beauftragt waren und viele andere mehr. Wie sah das Leben dieser Menschen damals aus? Wie lebte das normale Volk mit der Mauer? Stieß deren Existenz überall auf Zustimmung oder gab es Ressentiments – vielleicht sogar Widerstand?

Überreste der Hadrianswall zu finden, ist gar nicht so einfach. Klar, man kann danach im Internet suchen, es gibt auf google ausgewiesene Standorte, aber wenn man nicht in die vielinvestierten Touristenzentren gehen möchte, wo man gleich eine mehrstündige Ausstellung über sich ergehen lassen kann, sondern einfach nur ein Stück des Verlaufs der Mauer sehen möchte, ist das schwierig. Besonders die Anfahrt im Wohnmobil, da das Parken in solch kleinen Lokalitäten schwierig ist. Und wenn man sich dann auf eine kleine Wanderung begibt, was sicherlich der beste Weg ist, um die Überreste der Hadrianswall zu finden und zu erkunden, weiß man immer noch nicht so genau, ob das Stück Mauer, an dem man gerade vorbeiläuft, die Hadrianswall ist oder eine andere Mauer, die an dieser Stelle schon ziemlich lange steht. Oder hat einfach jemand auf die ursprüngliche Mauer draufgebaut?

So kann es durchaus passieren, dass man eine guterhaltene Sektion der Mauer gefunden zu haben glaubt, nur um dann zu lesen, dass sich diese nicht mehr im Originalzustand befindet. So geschehen in Cawfield, wo wir den Mauerabschnitt beim gleichnamigen alten Steinbruch besucht haben.  Der Steinbruch von Cawfields veranschaulicht die lange Geschichte des Mineralienabbaus, des Steindiebstahls und des militärischen "Vandalismus" entlang des Hadrianswalls - in der Regel mit wenig Rücksicht auf die einzigartige Archäologie des Gebiets. Der Steinbruch aus dem frühen 20. Jahrhundert schneidet direkt durch den Wall und legt das darunter liegende Doleritgestein frei.

Leider machte uns der einsetzende Starkregen einen Strich durch die Rechnung, denn wir wären gern ein wenig entlang der Hadrianswall gewandert, um das Bauwerk auf uns wirken zu lassen und die Landschaft Northumberlands zu genießen.