Donnerstag, 28. November 2019

Helgoland – die Insel die atmet

Der Norden Deutschlands hat es uns angetan, deswegen befinden wir uns mindestens einmal im Jahr an Ost- oder Nordseeküste um in dieser ganz besonderen Atmosphäre zu entspannen und die gesunde Meeresluft zu tanken. In einem anderen Beitrag hatten wir bereits versucht zu erklären, warum wir uns im Norden so wohl fühlen. An einem bestimmten Merkmal können wir dies gar nicht unbedingt festmachen, Schuld daran sind mehrere Faktoren: Die Menschen im Norden erscheinen uns entspannter als im Süden, der Dialekt hat was sehr herzhaftes, die endlosen Weideflächen der Schafe geben den Gedanken genügend Raum zum Umherschweifen, die zahllosen Dünen machen Lust auf stundenlange Wanderungen egal bei welchem Wetter und die reetgedeckten Häuser haben etwas sehr romantisches, dem man sich einfach nicht entziehen kann.

Der diesjährige Männertag bot bereits die zweite Chance in diesem Jahr für einen Kurzbesuch in der Nähe von Hamburg, um erstens einen lieben Menschen mit unserem Besuch zu beglücken und zweitens, uns einen langgehegten Wunsch zu erfüllen. Gesprochen hatten wir darüber schon öfter, schließlich läuft man in den verschiedenen Seestädten zwangsläufig irgendwann an den Aushängen der Reedereien vorbei, aber bisher war uns der Ausflug entweder zu teuer oder wir hatten einfach nicht genügend Zeit dafür. Aber diesmal sollte es endlich klappen, wir fuhren nach Helgoland!

Helgoland ist Deutschlands einzige Hochseeinsel und befindet sich knapp 70km vom Festland entfernt. Viele Wege mit unterschiedlichen Transportmitteln führen nach Helgoland und so entscheiden hier nur die eigenen Vorlieben, der Geldbeutel, die zur Verfügung stehende Zeit und der Ausgangspunkt der Reise. So schippert man entweder recht klassisch in 2-2,5 Stunden auf Seebäderschiffen von Büsum, Bremerhaven und Cuxhaven inkl. abenteuerlicher Ausbootung mit traditionellen Börtebooten (mehr dazu später), fliegt von Heide/Büsum und Cuxhaven/Nordholz oder nimmt die Schnellfähre von Hamburg über Wedel und Cuxhaven nach Helgoland.

Wir entschieden uns für die ruhige Anreise per Seebäderschiff mit der Reederei Adler & Eils 9:30 Uhr von Büsum und zahlten für zwei Erwachsene 85,80 Euro. Ein frühzeitiges Einchecken auf der „MS Funny Girl“ ist ratsam, denn bei nur einem Ausflug pro Tag und supersonnigem Wetter verspricht das Schiff voll zu werden. Sitzplätze gibt es auf dem Schiff genügend aber hier kommt es sehr darauf an, wo und wie man sitzen möchte. Im Innenraum direkt am Fenster mit Tisch (hier muß man definitiv rechtzeitig da sein, denn die Plätze gibt keiner freiwillig wieder auf), im Innenraum im hinteren Bereich auf Holzbänken (die sogenannte Holzklasse, zusammen mit dem Gepäck der Urlauber, die für mehrere Tage anreisen), unten (nennen wir es mal das EG) und natürlich draußen, was bei einer Fahrt von 2,5 Stunden anstrengend werden kann. Es gibt auch ein Sonnendeck mit Sonnenliegen, für diese muß man aber extra zahlen. Für Verpflegung auf der MS Funny Girl ist gesorgt aber man muß sich natürlich darüber im klaren sein, daß man hier keine Supermarktpreise zahlt sondern saftige Aufpreise zu entrichten hat, was aber bei dem logistischen Aufwand auch verständlich ist. 
Die Fahrt dauert knapp 2 Stunden aber bis man seine Füße endlich auf Festland setzen kann, vergehen nochmal mindestens 30 Minuten für das Ausbooten mit den Börtebooten. Diese werden von erfahrenen Seemännern gesteuert, die nach dem Wegbrechen der Fischerei einen neuen Erwerb im Tourismus gefunden haben und die Touristen in ihren Booten ans Land bringen. Dabei sind durchaus eine handvoll Leute beteiligt, schließlich stehen bei Betreten und Verlassen des Bootes jeweils zwei Personen bereit, die den Passagieren nicht nur sprichwörtlich unter die Arme greifen. Die kleineren Börteboote fahren ganz dicht an die Seebäderschiffe heran, werden aber nicht vertaut und so gibt es natürlich allerhand Bewegung in den Booten.
Gegen 12 Uhr betraten wir Helgoland und stellten fest, daß uns gar nicht soviel Zeit zum Erkunden der Insel blieb, schließlich wollten wir bereits 15 Uhr wieder auf das Schiff gebracht werden um dort wieder einen Tisch zu bekommen. Abreise von Helgoland ist 16 Uhr. Man erkennt sofort, wer welches Ziel in Helgoland verfolgt; entweder kommt man für die Natur und läuft auf den Dünen entlang zur Attraktion der Insel, der Langen Anna oder man bleibt in Hafennähe, sucht sich ein Restaurant und schlendert später durch die zahlreichen Geschäfte. Helgoland gehört nicht zum Zollkodex der EU und somit zahlt man auf der Insel keinen Zoll oder Mehrwertsteuer. Der Reiz der Insel besteht für uns definitiv nicht darin, sich mit Hochprozentigem, Zigaretten oder Parfüm einzudecken, aber das muß jeder mit sich selbst ausmachen.

Wir hatten eine große Herausforderung zu meistern, denn für den Spaziergang zur Langen Anna und der dort befindlichen Tölpelkolonie sowie einen kleinen Abstecher zu den herrlich bunt angemalten Hummerbuden im Hafen blieben uns nur 3 Stunden und das ist nicht viel. Zumindest nicht, wenn man ständig die Kamera vorm Gesicht hat. Und eine Kleinigkeit essen wollten wir ja auch noch.

Im Übrigen ist Helgoland sehr geschichtsträchtig und wurde erstmals 700 n.Chr. urkundlich erwähnt. Der Seeräuber Klaus Störtebeker erlitt in den Gewässern vor der Insel im Jahre 1401 eine schwere Niederlage und in den Jahren danach wechselten die Herrschaftsverhältnisse auf der Insel regelmäßig. Mal gehörte sie zu Deutschland, dann zu Dänemark und später wurde sie sogar britische Kronkolonie. Im Ersten Weltkrieg mußte die Bevölkerung ihre Insel von 1914 bis 1918 verlassen und 4000 Mann Marinebesatzung weichen. Die Nazis planten den Bau eines Hafens nördlich der Düne, der die gesamte deutsche Flotte hätte aufnehmen können, aber dazu kam es nicht. Im April 1945 wurde Helgoland durch einen englischen Fliegerangriff fast vollständig zerstört. Den Rest erledigten die Alliierten dann im April 1947 als sie die unterirdischen Militäranlagen mit der bis dahin größten nichtnuklearen Detonation der Welt sprengten und Helgoland infolgedessen sein heutiges Aussehen bekam.
Wer das Heilbad Helgoland länger genießen möchte, kann natürlich das Übernachtungsangebot nutzen und über Nacht bleiben, allerdings empfiehlt sich in den Sommermonaten dringend eine Reservierung, schließlich kann man nicht einfach auf den Nachbarort ausweichen, sollten keine Betten mehr verfügbar sein.
Das Heilbad lädt vor allem Allergiker, Asthmatiker und Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen dazu ein, die jod- und sauerstoffhaltige Inselluft weitab vom Festland zu genießen. Auf der Insel gibt es so gut wie keine Autos und die Luft ist daher abgasfrei.

Unser Fazit: Für Natur- und vor allem Vogelliebhaber ist Helgoland ein Traum, die Tölpelkolonie bei der Langen Anna ist nur so übersät von Nestern, wo die Vögel teilweise direkt am Zaun und somit direkt vor der Linse sitzen.