Sonntag, 24. September 2023

Erfahrungsbericht: Navigationsgerät Camper Edition von Garmin

 

Stand September 2023 (wird bei Bedarf aktualisiert)

Ganz knapp vor Beginn unserer Reise haben wir uns nach langem Überlegen das Camper 780 Navi von Garmin gekauft. Hauptgrund war die fahrzeugspezifische Routenführung, die in der Theorie nur solche Straßen in der Route berücksichtigen sollte, die dem jeweiligen Fahrzeug entspricht, sprich für dessen Gewichtsklasse und vor allem auch für dessen Höhe passend ist.

Nachdem wir nun seit über einem Jahr mit diesem Navi unterwegs sind, möchten wir gern unsere Erfahrungen mit Euch teilen. Wir möchten hier nicht auf alle Details und Spezifikationen eingehen, bei Interesse kann man diese bei Garmin oder anderen Elektronikanbietern nachlesen. Es werden nur die Eigenschaften erwähnt, die in unseren Augen erwähnenswert sind.

Menüführung: einfach und intuitiv, man findet recht schnell, was man sucht. Problem allerdings ist, dass viele Einstellungen nicht gespeichert werden. Zum Beispiel muss die automatische Stauumfahrung vor jedem Reiseantritt neu eingestellt werden, was umständlich und realitätsfern ist.

Bildschirmgröße: 6,95 Zoll ist groß genug, um Route und zusätzliche Informationen übersichtlich anzuzeigen.

Akku Laufzeit: Laut Herstellerangaben 1 Stunde. Mehr oder weniger ist nicht schlimm, man kann es während der Fahrt anstöpseln. Was aber wirklich nervt, ist die Tatsache, dass es sich oft während der Fahrt ausschalten möchte, obwohl es vollständig aufgeladen wurde und wenn man seine Fahrt beendet hat, bleibt der Bildschirm noch ewig an. Man sollte meinen, dass das Gerät erkennen kann, ob sich das Fahrzeug bewegt und dann eine Abschaltung erfolgt, wenn es seit mehreren Minuten keine Bewegung gegeben hat. Ganz generell muss man sagen, dass es zu viele Dialog- und Bestätigungsfelder gibt. Man wird beim Anschalten darauf hingewiesen, dass der Fahrer bei der Nutzung des Navis abgelenkt wird, muss dann aber um das Ausschalten während der Fahrt zu vermeiden, lange Erklärtexte lesen und zustimmen oder ablehnen. Der Sicherheit ist dies nicht gerade dienlich.

Koordinateneingabe: nach einigen Monaten Navigation tüftelten wir endlich heraus, wie wir die Koordinateneingabe verwenden und das Finden unserer Ziele weitaus einfacher gestalten können. Schwer ist die Eingabe nicht, aber man muss sich mit den verschiedenen Systemen beschäftigten, um genau zu wissen, welches Positionsformat zum Beispiel die favorisierte Stellplatzapp verwendet. Und danach sollte man diese Einstellung am besten nicht mehr ändern.  Unsere Einstellungen sind nun die folgenden. Kartenbezugssystem WGS-84 (Auswahl: ETRS89, Europäisches Datum 1950, Finland Hayford, Ordnance Survey Grid, Rome 1940 und WGS-84) und beim Koordinatenformat h ddd.dddddd° (Auswahl zu groß um sie hier wiederzugeben). Wirklich tiefgründig haben wir uns mit der Thematik nicht beschäftigt, es reicht aus für die richtigen Einstellungen. Im Netz gibt es ganz wunderbare detaillierte Erklärungen für all diejenigen, die tiefer in die Materie einsteigen möchten.

Befestigungssystem: die mitgelieferte Saugnapfhalterung war leider unbrauchbar. Unser Armaturenbrett ist sehr breit und der Abstand zum Fenster sehr groß, gerade Katja mit ihren kurzen Armen könnte das Navi überhaupt nicht bedienen, wenn es vorne am Fenster befestigt wäre. Außerdem ist der kleine Hebel des Halters zu kurz und nicht flexibel genug und so stimmt der Winkel nicht und das Navi schaut nach unten. Am Seitenfenster kann man das Navi mit dem Halter aber auch nicht anbringen, weil der Hebel wie gesagt zu unflexibel ist und man nur seitlich draufschauen würde. In der Kürze der Zeit haben wir uns mit einer Notlösung beholfen und einen IKEA Tablet Halter aus Bambus zum Navi Halter umgebau. 

Navigation: Da unser Wohnmobil 7 Meter lang ist und man nicht in jeder Sackgasse wenden kann, war es uns wichtig, ein Navi zu kaufen, das unsere Abmessungen kennt und uns gar nicht erst in solche Straßen reinschickt. Hier versagt das Camper 780 leider recht häufig. Grund dafür sind die 3 verschiedenen Routentypen, die leider alle total unpassend sind für ein Wohnmobil: Luftlinie (?), schnellste Route und kürzeste Route. Wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist, hat meistens Zeit und ist nicht darauf angewiesen, einen bestimmten Ort besonders schnell oder auf kürzester Strecke zu erreichen. Eine Eco Route wäre hier angebracht und gibt es bei den meisten Naviherstellern bereits seit Jahren. Was schon bei der Navigation in einem normalen PKW nervt, kann in einem Wohnmobil zu brenzligen Situationen führen und unter Umständen sogar gefährlich sein. Zum Beispiel, wenn man durch ein Wohngebiet mit links und rechts parkenden Autos geschickt wird, nur weil die Route 2 Minuten kürzer ist als eine andere. Das kann für ein Wohnmobil schnell mal zu eng werden.

Hier einige weitere Kritikpunkte bei der Navigation:

-        Gut ausgebaute Umgehungsstraßen werden regelmäßig ignoriert und so fährt man durch extrem enge Ortschaften und extrem steile (manchmal nur einspurige) Servicestraßen nur wegen der Zeitersparnis. Wie oft haben wir uns morgens beim Verlassen eines Stellplatzes geärgert, weil wir bei der Weiterfahrt erkannten, dass die schweißtreibende Anfahrt vom Vortag nicht hätte sein müssen.

-        Die Navigation beginnt meist mit „fahren Sie auf die nächstgelegene Straße“, wobei die Chancen 50:50 stehen, dass man in die richtige Richtung fährt. Das klappt leider nicht immer und weil wir oft auf abgelegenen Strecken unterwegs sind, wo man auf den engen Straßen nicht mal so ohne weiteres wenden kann, fährt man viele Kilometer in die falsche Richtung

-        Leider standen wir auch schon ein paar Mal vor Unterführungen, die zu niedrig für uns waren und wurden nicht gewarnt beziehungsweise hätten gar nicht erst diese Straße entlang geführt werden dürfen

-        Obwohl wir die Option „Fähren vermeiden“ ausgewählt hatten, standen wir in Südengland plötzlich in der Schlange für die kleine Fähre nach Dartmouth, wo wir uns nicht mal sicher waren, ob wir aufgrund unserer Größe überhaupt mitgenommen würden. Wenden war leider nicht möglich, weil die Schlange geschlossen auf die Fähre auffuhr.

In zu enge Straßen geführt zu werden, ist kein Kavaliersdelikt. Hier mal ein praktisches Beispiel. Auf der Suche nach einem Stellplatz in einer spanischen Ortschaft werden wir durch den verwinkelten historischen Ortsteil geschickt, obwohl der Stellplatz auch über den neueren Stadtteil und gut ausgebaute Straßen zu erreichen gewesen wäre (wie wir mal wieder morgens feststellten). Das Navi möchte uns in Straßen schicken, die durch parkende Autos verengt sind (teilweise sogar
auf beiden Seiten) und wo die Balkone auf die Straße herausragen. Hier besteht die Gefahr, dass wir mit unseren knapp 3 Metern an einem Balkon hängen bleiben, wenn wir zu weit rechts fahren, um nicht die parkenden Autos auf der linken Seite zu rammen. Das Navi führt uns im Kreis und wir stehen immer wieder vor einem 25%igen Gefälle, welches wir nicht nehmen können, weil das untere Ende so abrupt in eine Gerade übergeht, dass wir mit dem hinteren Teil des Womos aufsetzen würden. Leider handelt es sich aufgrund des Platzmangels überall um Einbahnstraßen. Der einzige Ausweg ist das Hineinfahren in eine Einbahnstraße in falsche Richtung (was erstaunlicherweise sogar erlaubt war, aber aufgrund des dreckigen Verkehrsschildes für uns nicht ersichtlich war) und das ist aus verschiedenen Gründen nicht empfehlenswert. 

 

Zusätzliche Angaben: POI (Points of Interest), Kategoriensuche, Campercontact, ACSI, Trailer´s Park, Trip Advisor sowie Foursquare helfen bei der Zielsuche. Was hinter Foursquare steckt, haben wir leider noch nicht entschlüsseln können.

Verkehrslage: nutzen wir nicht

Rückfahrkamera: kann mit dem Gerät gekoppelt werden, nutzen wir aber aufgrund der fehlenden Rückfahrkamera nicht.

Wo war ich?: Diese Funktion zeigt die zurückgelegten Strecken an, sofern man diese Funktion aktiviert hat und genügend Platz auf der Speicherkarte vorhanden ist. Ein Alptraum für denjenigen, der keine Datenspuren hinterlassen möchte aber ganz praktisch für jemanden, der seine Route nachverfolgen will. Das Auslesen der Daten haben wir noch nicht ausprobiert, daher wissen wir nicht, ob wir diese Daten in irgendeiner Weise extrahieren und sichtbar machen können. Das werden wir bei Gelegenheit mal testen.

Fazit: Die meiste Zeit macht das Navi das, was es soll, es bringt uns an unser Ziel. Dafür hätten wir aber auch ein günstigeres Navigationsgerät kaufen können, denn sowas erwartet man schließlich von einem Navi. Aufgrund der aufgeführten Schwierigkeiten bei der Navigation würden wir das Navi kein zweites Mal kaufen und keine Kaufempfehlung aussprechen. Tommy hat die bisher brenzligen Situation aufgrund seiner Erfahrung und besonnenen Fahrweise immer gut gemeistert. Jemand, der sich gerade erst sein erstes Wohnmobil gekauft hat und mit den Abmessungen noch nicht hundertprozentig vertraut ist, hätte in einigen Situationen schnell mal die Nerven verlieren können.

Zum Preis können wir momentan leider keine Aussage treffen, da wir keinen Zugriff auf die alten Unterlagen haben. Momentan kostet das Navi zwischen 350 und 370 Euro. So viel haben wir damals nicht ausgegeben, es werden so ca. 280 Euro gewesen sein, ein damaliges Spezial bei Saturn.