Sonntag, 1. April 2018

Tag 12: Sind die denn lebensmüde?

Heute morgen konnten wir uns endlich mal ein wenig Zeit mit dem Aufstehen und Frühstücken lassen denn wir hatten keine großen Entfernungen zurückzulegen. Ziel war Wanaka und vorher wollten wir noch ein paar Dinge in Queenstown machen, schließlich waren wir nicht nur zum Einkaufen hergekommen. 

Geplant war ein Abstecher zu Deer Park Heights, eine kleine Erhebung kurz vor Queenstown, von der man erstens eine tolle Aussicht über den Ort und das angrenzende Umland hat und welches außerdem bekannt für seine Rolle in Herr der Ringe wurde, weil man dort oben sehr viele Szenen für die 3 Filme gedreht hat. Ich war vor vielen Jahren schon oben gewesen und wollte mit Tommy nochmal hin. 

In der Touristinfo von Arrowtown erfuhr ich auf Nachfrage, daß Deer Park Heights seit 10 Jahren für die Öffentlichkeit gesperrt ist und man nur noch mit Privattouren Zutritt bekommt. Wenn man mag und flüssig genug ist, kann man 500 NZD aufwärts für Übernachtung und Tour buchen. Ähm, nein Danke! Hier spiegelt sich ganz deutlich eine Entwicklung wieder, wie man sie überall im Land beobachten kann; findige Geschäft- und Privatleute versuchen sich ein Stück am lukrativen Tourismuskuchen abzuschneiden. Daran ist ja grundsätzlich erstmal nichts auszusetzen, schließlich muß sich ja jeder seine Brötchen verdienen. Außerdem handelt es sich in diesem Falle um Privatgelände und dem Eigentümer dürfte nicht gefallen haben, so viele Leute durch sein Land trampeln und fahren zu sehen (es hält sich ja leider auch nicht jeder an ausgewiesene Straßen). Gegen eine geringe Gebühr für die Erhaltung der Infrastruktur ist auch gar nichts einzuwenden, aber allen Interessierten und Fans den Zutritt komplett zu verweigern und vom Geldbeutel abhängig zu machen, ist nicht okay.

Es gibt noch andere schöne Ecken in der Stadt und so liefen wir ein wenig durch die Queenstown Gardens, bevor wir uns noch einen Kaffee und Muffin gönnten und anschließend auf den Weg nach Wanaka machten. Um Zeit zu sparen, fuhren wir wieder über die Crown Range und wunderten uns bereits zum zweiten Mal über die lebensmüden Fahrradfahrer. Die Straße windet sich steil den Berg hinauf bis sie mit 1076 Metern den höchsten Punkt erreicht. Es ist extrem kurvig und selbst unser kleiner Mazda konnte teilweise nicht schneller als 30km/h fahren. Die Straße ist in diesen Kurven meist so eng, daß zwei Wohnwagen oder ein entgegenkommender LKW schon enorme Platzprobleme auslösen können, von abgesperrten Teilabschnitten nicht zu sprechen, wo mal wieder Geröll auf die Straße gepoltert ist und nicht gleich weggeräumt wird. An diesen Stellen haben schon unerfahrene Autofahrer ihre liebe Not und dann verlassen sich die Fahrradfahrer darauf, daß sie bei all diesen Extremen (steile Kurven, eventueller überdimensionaler Gegenverkehr, Verengung der Fahrbahn) nicht übersehen werden?!?!? Mir wäre das zu heikel. Ich kenne die Unfallstatistiken in diesem Bereich nicht, würde mich aber nicht wundern, wenn es dort schon öfter mal zu schlimmen Verletzungen von Fahrradfahrern gekommen wäre. Man muß sein Glück und seine Unversehrtheit nun wirklich nicht auf diese Weise herausfordern! 
 
In Wanaka checkten wir am Nachmittag im YHA ein und weil das Wetter so schön war, machten wir uns auch gleich wieder auf den Weg runter zum See. Uns fiel eine gewisse Touristendichte auf, deren Ziel wir alsbald ausgemacht hatten. Ein paar hundert Meter am Wanaka See entlang steht schon seit vielen Jahren ein einsamer Baum im Wasser, der bereits auf unzähligen Fotografien und Gemälden verewigt wurde. In Zeiten von social media und hashtags hat dieser Baum (#wanakatree oder #thatwanakatree) Berühmtheit erlangt und weil heutzutage scheinbar nur noch solche Aktivitäten als sinnvoll gelten, die man aufgrund von Fotos bei Facebook, Instagram etc belegen kann, schlappt nun jeder Depp mit seinem Smartphone bewaffnet die paar Meter bis zum Baum (keinen Meter weiter!), steht dort selfie-schießend im Weg herum und entschwindet alsbald wieder ins Stadtinnere, um dort einzukaufen, in den Pub zu verschwinden oder ins Auto einzusteigen und weiterzufahren. Weiter zum nächsten hashtag. Wir können über sowas nur den Kopf schütteln. Und nein, dies ist keinesfalls eine übertriebene Wahrnehmung unsererseits; wir teilen diese Beobachtung mit vielen anderen Menschen, die diese Oberflächlichkeit tagtäglich beobachten und nicht nachvollziehen können. Hauptsache ich war da und kanns per Foto beweisen und Hauptsache ich habe recht viele von diesen Beweisfotos; auf das Erleben an sich kommt es gar nicht mehr an. 

Egal, wir liefen jedenfalls weiter am See entlang und begegneten immer weniger Menschen. Der Hunger trieb uns allerdings irgendwann wieder zurück in die Jugendherberge, wo wir kochten und beim Essen einen wunderschönen Sonnenuntergang mit blutrot gefärbten Himmel beobachten konnten. Beim Kochen in solch einer Gemeinschaftsküche kann man übrigens auch ganz wunderbar Menschen beobachten und studieren und was man dort erlebt, würde wahrscheinlich für ein komplettes Buch ausreichen. Da wir ein solches allerdings nicht schreiben möchten, können sie wenigstens noch als lustige Anekdoten herhalten.










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