Montag, 17. Juni 2019

Urlaub in Irland 28.04.-12.05.2019: Teil 2 Nordirland (der 1. Streich)

Die nächsten Tage verbrachten wir in Nordirland und wir müssen sagen, daß uns dieser Teil des Landes ganz besonders gut gefallen hat. Obwohl dieser Ausdruck nicht ganz stimmt, denn Nordirland gehört schließlich nicht zu Irland, sondern zu Großbritannien. Diese Teilung Irlands war jahrhundertelang Streitpunk sowohl in Großbritannien als auch in Irland selbst und die Geschichte ist voll von Gewalt und nicht parlamentarisch abgesegneten Aktionen gegen den Gegner. Kurzum, es hat sich keine der beiden Seiten mit Ruhm bekleckert und eine Gewaltspirale in Gang gesetzt, aus der ein Ausstieg nur schwer möglich war. Irland erklärte sich durch die Einführung eines eigenen Parlaments für unabhängig, aber Nordirland blieb dank einer Volksabstimmung im Vereinigten Königreich. Im Laufe der Zeit bildete sich der sogenannte Nordirlandkonflikt heraus, der als Folge von unterschiedlichen Interessen in Nordirland entfachte. Auf der einen Seite standen die Unionisten (vorrangig Protestanten), welche die Zugehörigkeit zur englischen Krone beibehalten wollten. Ihnen gegenüber forderten die Nationalisten oder Republikaner (meist Katholiken) den Zusammenschluß mit der Republik Irland. Dieser teils sehr blutige Konflikt wurde durch das Karfreitagsabkommen 1998 beendet. Geklärt ist die Situation deswegen noch lange nicht, aber wenigstens hat die sinnlose Gewalt ein Ende gefunden. Wir waren kurz vor der Europawahl (einschließlich lokale Wahlen) in Irland und fast jeder Laternenpfahl ist dort mit Wahlplakaten zugepflastert. Mal liest man von einem Bekenntnis zu Europa, dann wieder von einem Zusammenschluß der Republik Irland mit Nordirland und andere möchten, daß alles so bleibt wie bisher. Wie will man da Konsens schaffen?
Besonders blutig ging es in der Stadt Londonderry zu, wo Protestanten und Katholiken immer wieder provozierend aufeinander trafen. Da selbst die Polizei nicht im Stande war, die Unruhen aufzulösen wurde die Hilfe der britischen Armee angefordert (1969). Auch 1972 erlangte Londonderry traurige Berühmtheit, bekannt unter der Bezeichnung „Blutsonntag“ (U2 besangen die Ereignisse in ihrem Hit sunday bloody sunday). Mitglieder des britischen Militärs erschossen 14 Zivilisten während einer Demonstration für Bürgerrechte, was in der Erstürmung und Brandlegung der britischen Botschaft in Dublin endete. Die IRA (Irish Republican Army) verübte zahlreiche Rache Anschläge.
Wir waren in Londonderry und zugegebenermaßen handelt es sich um keine besonders schöne Stadt, weswegen wir uns dort auch nicht besonders lange aufhielten. Sehr interessiert haben uns aber die zahlreichen Wandmalereien im Stadtviertel Bogside, Schauplatz der blutigsten Zusammenstöße während des Konflikts. Ihre politische Aussage ist nicht zu übersehen, genauso wie der Schmerz der Stadt, den man teilweise noch zu spüren glaubt. Hier und da erspäht man Poster / Aufkleber mit dem Aufruf zur Rebellion, Werbung für die IRA oder Verschmähung der Briten bzw. der britischen Armee.
Aus einem anderen Grund ist uns Londonderry in Erinnerung geblieben. Daß die Iren Musik mögen und in den Pubs regelmäßig gute Musik gespielt wird, dürfte den meisten Besuchern bekannt sein. Aber auch Mittags in einem Café? Der Hunger trieb uns ins Sandwich & Co und bereits auf der Straße begrüßte uns laute Musik, die aus der Lokalität strömte. Wir fanden einen Platz und es ist verwunderlich, daß wir die bestellten Speisen und Getränke bekamen, da eine Verständigung mit der Bedienung kaum möglich war.
Auf dem Weg von Dublin nach Belfast machten wir einen Übernachtungsstop in Annalong und über diesen Ort gibt es nicht wirklich viel zu sagen. Die Infrastruktur ist überschaubar, die Tankstelle und anliegender Lebensmittelshop bilden den Mittelpunkt. Dort befindet sich auch der einzige Geldautomat. Da wir beide gern durch Hafen spazieren und Boote fotografieren, fanden wir in Annalong trotz der hochgeklappten Bürgersteige noch willige Fotomotive bis uns das schwindende Tageslicht aufforderte, zur Unterkunft zurückzukehren.
Die Mourne Coastal Route hat einige kleine Schmankerl zu bieten, die es Wert gewesen wären, näher erkundet zu werden. Aber Zeit und Wetter ließen dies oft nicht zu. Wir kamen durch sehr kleine und entlegene Ortschaften mit teilweise nur ein paar Häusern und die Straßen wurden immer abenteuerlicher und schmaler.
In Belfast erkundeten wir das Titanic Quarter, wo sich Tommy sehr für das Dock der Titanic interessierte. Dort hineinlaufen oder zumindest hineinsehen zu können, hätte eine Ahnung von der Größe des damals größten Passagierschiffes geben können. Leider ist das Dock als solches nur noch in der Fläche vorhanden, aber eben nicht mehr räumlich in seiner Tiefe. Da dort auch das Schwesterschiff Olympic gebaut wurde, wäre die vergebene Fläche einfach zu groß gewesen. Aufgeschüttet als Ebene läßt sich das Dock noch für größere Events nutzen und ist aus städtebaulicher Sicht nicht komplett verloren. Ich glaube wenn man das Museum besucht (was wir nicht taten), bekommt man durch Filmaufnahmen eine gute Vorstellung von der Größe des Hafenbeckens von Titanic / Olympic.
Ein paar Meter entfernt vom Museum befindet sich ein noch erhaltenes flutbares Dock (= Hamilton Dock) der SS Nomadic, dem letzten erhaltenen Schiff der White Star Line Reederei, dem auch die Titanic angehörte. Die SS Nomadic diente als Tender, also Beiboot für Olympic und Titanic und brachte somit Passagiere und Versorgungsgüter an Board, wenn die riesigen Schiffe nicht in die zu kleinen Häfen einlaufen konnten.
Im Titanic Quarter befinden sich auch die Titanic Film Studios, die Belfast´s Aufstieg im internationalen Film- und Fernsehgeschäft bewerkstelligten. Der größte Erfolg für Nordirland und die Titanic Studios kann gleich nebenan in einer Ausstellung bestaunt werden: die Erfolgsserie Game of Thrones, die zwar auch an anderen Locations gedreht wurde, aber eben einen Großteil ihres Erfolges auch den wunderschönen Landschaften Nordirlands zu verdanken hat. Katja ist ein großer Fan der Serie, aber da Tommy noch keine einzige Minute von Game of Thrones gesehen hat, blieb ein Besuch der Ausstellung aus.
Im Großen und Ganzen ist Belfast als Stadt sehr enttäuschend. Gut, wir sind eben keine Stadtmenschen und bevorzugen immer die Natur und Abgeschiedenheit, aber leider gibt es in Belfast nichts wirklich sehenswertes. Die Stadt ist laut, dreckig und versprüht den Charme einer verkommenen Industriestadt. Wir hielten uns nicht lange dort auf und besuchten lieber die Perlen Nordirlands, wobei wir noch sehr viel mehr Zeit dort hätten verbringen können.
1. Giants Causeway
Das Highlight der Causeway Küste ist zweifelsohne der Giants Causeway oder der Damm der Riesen. Hierbei handelt es sich um ein natürliches Phänomen und nicht wenige Besucher werden sich fragen, wie es zur Entstehung der knapp 40.000 recht gleichmäßig geformten Basaltsäulen gekommen ist. Die meisten der Säulen sind sechseckig und die größten der Säulen sind sage und schreibe zwölf Meter hoch. Geologen zufolge sind die Basaltsäulen das Resultat abkühlender Lava, was sehr langsam und gleichmäßig geschehen muß. Wikipedia sagt hierzu: „Die Säulenstruktur bildet sich dabei aus langsam in das Material hineinlaufenden Spannungsrissen. Diese entstehen durch die Abkühlung und Schrumpfung des Materials und breiten sich senkrecht zur Abkühlungsfläche aus Der Vulkan, dessen Lava zur Formation des Giant’s Causeway führte, ist mittlerweile durch Erosion abgetragen.“
Eine Legende zur Entstehung gibt es natürlich auch und wer sich mit geologischen Erklärungen schwertut, findet hier eine unterhaltsame Alternative. Grund für die Entstehung dieser Legende ist wahrscheinlich die Tatsache, daß ähnliche Formationen an der Küste Schottlands (Fingal´s Cave auf der Insel Staffa) gefunden wurden. Der Damm wurde demnach vom Riesen Fionn mac Cumhaill (Finn MacCool) gebaut, um mit seinem schottischen Widersacher Benandonner zu duellieren, der ihn zuvor stark beleidigt hatte. Er riss riesige Felsen aus den Klippen der Küste heraus und stemmte sie in das Meer, um einen sicheren Weg nach Schottland zu bauen (beide konnten nämlich nicht schwimmen).
Als sich Benandonner für den Kampf auf den Weg gemacht hatte, bekam Fionn Zweifel und suchte nach einem Ausweg, nicht kämpfen zu müssen. Er verkleidete sich als Baby und als sein Rivale eintraf, waren nur seine Frau und das angebliche Baby zu Hause. Als er dieses erblickte, erschrak Benandonner fürchterlich wegen seiner Größe und schlußfolgerte daß der Vater selbst unter Riesen ein Gigant sein müsse. Er ergriff die Flucht zurück nach Schottland und zerstörte bei seinem Rückzug den zuvor gebauten Damm.
Unser Tipp für Fotografen oder Besucher, die dieses Schauspiel nicht mit hundert anderen Touristen teilen möchten: Der Besuch des Giants Causeway ist ohne Eintritt möglich, jedoch zahlt man für den Parkplatz 12,50 Pfund, was einem versteckten Eintrittsgeld gleichkommt. Das Besucherzentrum schließt 18 Uhr (bitte vorher auf der Internetseite prüfen, ob das für alle Jahreszeiten gilt) und danach zahlt man auch für den Parkplatz nichts mehr. Eine Handvoll Leute war natürlich trotzdem auf den Basaltsäulen unterwegs und wartete auf einen tollen Sonnenuntergang (leider regnete es), aber weitaus weniger als während des Tages, wenn auch die Touristenbusse dort halten. Tagsüber gibt es auch einen kleinen Shuttlebus (vermutlich gegen Entgelt) der Fußfaule oder Beeinträchtigte die paar hundert Meter zu der Stelle fährt, wo man die Basaltsäulen bewundern kann. Abends fährt da fast jeder runter, weil der Bereich nicht abgesperrt ist. Sehr nervig, wenn man den kleinen Spaziergang zu genießen versucht oder Bilder der atemberaubenden Landschaft ohne Autos machen möchte.
2. Carrick – A – Rede Rope Bridge (Hängebrücke)
Wie beliebt diese Sehenswürdigkeit vor, sagen wir mal 20 Jahren war, kann ich leider nicht sagen, aber inzwischen wird sie täglich von mehreren tausend Besuchern betrachtet und beschritten und dies hat natürlich wieder mit Game of Thrones zu tun, wurde doch die Brücke in einer Schlüsselszene der frühen Staffeln verwendet. So verwundern natürlich auch die Game of Thrones Busse auf dem Parkplatz nicht, die mit ihren Passagieren die zahlreichen Drehorte abfahren und aus dem Nähkästchen plaudern. Begibt man sich vom Parkplatz aus in die entgegengesetzte Richtung zur Brücke, erreicht man nach ein paar Metern Larrybane, wo früher im Steinbruch weißer Kalkstein abgebaut wurde. Man genießt einen wunderbaren Ausblick auf das nicht weit entfernte Sheep Island und kann in der Ferne die Hängebrücke erkennen.
Aber worum geht es eigentlich? Die Brücke verbindet das Festland mit einer kleinen Insel (Carrick Island) und dort schwimmen jedes Jahr migrierende Lachse auf ihrer Reise gen Westen vorbei. Seit mehr als 350 Jahren haben die Fischerleute der Region eine Seilbrücke gespannt, um Zugang zu Carrick Island zu erhalten und die Lachse besser fangen zu können. Die einfachen Seile der Fischerleute sind einer stabilen, aber dennoch schwingenden Seilbrücke gewichen und werden nun von mehreren tausend Touristen jährlich nicht nur benutzt um auf die andere Seite zu gelangen sondern erscheint auf eben so vielen Selfies, da natürlich auch jeder ein Beweisfoto von dieser Heldentat mit nach Hause nehmen und irgendwo öffentlich posten möchte. 

Dieser Beitrag ist länger geworden als gedacht, deswegen wird es noch einen 2. Teil (den 2. Streich) geben.











 

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