Freitag, 28. Oktober 2022

Unsere Großbritannien Reise: die Highlights in England und andere interessante Fakten Teil 1

1. Kreidefelsen entlang der englischen Küste + jüngere Geschichte Englands 

Die Kreidefelsen in Dover bieten Reisenden die erste (oder bei Abfahrt die letzte) Sicht auf das Vereinigte Königreich. Sie spielten bereits im Mittelalter eine wichtige Bedeutung bei der Verteidigung des Landes, wobei sie zwischenzeitlich mehr unter dem Klima zu leiden haben als unter feindlichen Angriffen. So waren sie nach den Eiszeiten steigenden Meeren ausgesetzt und dies (zusammen mit Wettereinflüssen) führt dazu, dass der sehr weiche Kalk starker Erosion ausgesetzt ist und man davon ausgeht, dass jedes Jahr etwa ein Zentimeter der Felsen verloren geht. 

Die Kreidefelsen haben uns die ersten Tage nach unserer Ankunft in England begleitet und wir empfanden ihren imposanten Anblick immer sehr erhaben, aber trotzdem beschwingend. Vielleicht hat es mit dem befreienden Gefühl zu tun, am Meer zu sein und die kreischenden Möwen über sich kreisen zu sehen. Sicherlich trug das allerbeste Sommerwetter zu dieser Grundstimmung bei aber der Besitzer eines Campingplatzes versicherte uns, dass sie bei Sturm und Regen noch viel majestätischer wirken. 

Geschichtsinteressierte haben in England genug Material für ein ganzes Leben; man könnte sich von Kindesalter bis zum Ableben ununterbrochen mit der Geschichte des Vereinten Königreiches beschäftigen und hätte trotzdem nur an der Oberfläche gekratzt. Ein Teil der jüngeren Vergangenheit spielte sich an der südlichen Küste Englands ab, wo die Truppen der Alliierten auf das Kommando für die Übersetzung nach Frankreich warteten, um Europa von den Nazis zu befreien. Entlang der Südküste gibt es unzählige Orte mit historischen Referenzen. Man findet auch militärische Anlagen, die vor den Weltkriegen entstanden sind. So zum Beispiel die Verne High Angle Battery in Portland, die bereits 1892 fertiggestellt wurde und 6 RML 9-Zoll-Geschütze beheimatete. Diese wurden so umgebaut und angebracht, dass sie ihre Munition hoch in die Luft abgaben und man darauf hoffte, dass sie beim Auftreffen auf das Deck eines angreifenden Schiffes größeren Schaden anrichten, als wenn man sie gegen die gut geschützten Seiten abfeuern würde. 1907 wurde die Anlage allerdings schon wieder verlassen. Errichtet wurde sie in einem ehemaligen Steinbruch und beides kann man besichtigen. Wir sind durch Zufall bei unserem Spaziergang darüber „gestolpert“ und freuten uns auf die lost place Atmosphäre und mal etwas andere Fotomotive. 

Historie der anderen Art findet sich an fast jeder Ecke für Eisenbahn Liebhaber. Vielerorts wurden alte Eisenbahnen und Dampfloks vor der Verschrottung bewahrt und liebevoll restauriert. Betrieben werden sie meist durch passionierte Vereine oder private Organisationen und man kann Ausflüge auf ausgewählten ehemaligen Strecken erleben. Leider sind die Fahrten meist sehr teuer, so dass man für sich abwägen muss, wieviel einem die Fahrt in solch einem hübschen Oldtimer wert ist. 

2. Kleine englische Hafenstädte 

Im Süden Englands ist es nicht schwer, einem Hafenstädtchen einen Besuch abzustatten, man stolpert ja förmlich über sie. Es gibt ihrer fast unendlich viele, sie haben alle einen gewissen Charme und leider sind sie im Sommer überlaufen, weil ganz England dort Urlaub macht. Wir haben die meisten gemieden, weil sie so voll waren, dass wir sowieso keinen Parkplatz bekommen hätten, aber einige von ihnen wollen wir trotzdem kurz erwähnen. Das Lesen der Prospekte kann man sich schenken, denn sie werben alle mit gehobenen Boutiquen, Galerien, lokalem Kunsthandwerk, preisgekrönten Restaurants und Pubs und außergewöhnlichen Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten. 

Dartmouth: liegt am Fluß Dart und der Hafen mit all seinen Segelbooten, Yachten und Ausflugsschiffen ist schön anzusehen. Dort verkehrt der letzte Kohle betriebene Raddampfer und angeblich kommen auch Kreuzfahrtschiffe regelmäßig nach Dartmouth, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wo die anlegen sollen. Strände gibt es bei so viel Wasser genug und das Dartmouth Castle ist sicherlich auch einen Besuch wert. In Dartmouth ist das Britannia Royal Naval College zu Hause (die königliche Marineschule), wohin das Königshaus regelmäßig seine Söhne zur Ausbildung entsendet. Ein Ausflug in der Dampfeisenbahn ist ebenfalls möglich. 

St Yves: in Cornwall hat ca. 11.000 Einwohner und im Sommer geschätzt das Dreifache. Laut Reiseführer verirrten sich besonders viele Künstler in diesen schönen Küstenort, weil wohl das Licht dort so besonders sein soll. Dieser Ort wurde von uns eher zufällig ausgesucht, weil wir mit Jamie eine kurze Zugfahrt unternehmen wollten und die St Ives Bay Line Teil des Great Scenic Railways Netzwerks ist (Bahnfahrten mit malerischen Aussichten). Mit unserem Ludwig hätten wir in St Yves nie Platz gefunden also parkten wir auf dem Parkplatz der Eisenbahn in St Erth und fuhren die 12 Minuten mit dem Zug. Laut Prospekt ist die Fahrt ein besonderes Vergnügen mit spektakulären Ausblicken auf die Küste. Nun ja, die Küste sah natürlich schön aus, das haben Küsten so an sich, aber diese Fahrt als great und scenic zu verkaufen….. da sind wir auch schon andere weitaus spektakulärere Strecken gefahren. Ein Hoch auf die Marketingabteilung. 

Wenn der Ort nicht so maßlos überlaufen gewesen wäre, hätte er uns vielleicht sogar gefallen, denn er hat wirklich einen gewissen Charme. Der Strand inmitten der Stadt ist winzig und daher natürlich auch gut besucht, aber wir fanden tatsächlich sogar eine Picknickbank inmitten all der Familien mit ihren verbuddelten Kindern und hohen Sandburgen. Während die einen mit ihren Kindern Wassereimer zur Befestigung ihrer Bauwerke vom Ufer anschleppten, verteidigten die anderen ihre Mahlzeiten vor dem gierigen Federvieh. Das hatte einen gewissen Unterhaltungswert. Wir genossen unsere Fish und Chips tatsächlich ohne Verluste und dazu noch das fantastische Sommerwetter, weswegen es St Yves auch auf diese Liste geschafft hat. 

 

 


 

 

 

 

 

 

St Agnes: Ebenfalls in Cornwall und ebenfalls eigentlich viel zu eng für unseren Ludwig. Die Fahrt runter zur kleinen Bucht von Trevaunance kann man nur mit geschlossenen Augen überstehen, zumindest als Beifahrer im Linkslenker. Uns kamen nicht nur PKW entgegen, sondern auch ein Lieferwagen und das wurde richtig eng! Der Tag in St Agnes war kein Strandtag, das Wetter war eher grau und hin und wieder verirrten sich Regentropfen zu uns herunter. Aber es war warm und da wir schonmal da waren, bauten wir eben Dämme aus Steinen, um das Wasser zu stauen. Wir bespaßten Jamie abwechselnd, während der andere Fotos vom Strand und den umliegenden Höhlen machte. 

Trotz des Wetters war einiges los, weil knapp 80% der Anwesenden mit ihren Surfboards und anderweitigen Wassersportaktivitäten (außer Schwimmen, das ist aus der Mode gekommen) beschäftigt waren. Die anderen 20% waren entweder mit ihren Vierbeinern da, saßen auf ihren Klappstühlen oder Strandmuscheln und genossen das Wetter (?) oder hatten einfach nichts besseres zu tun. Und dann gab es wie gesagt noch uns, die den Strand mit ihren Dämmen etwas verschönerten. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fluke Hall Marsh in Pilling: Keine Hafenstadt aber das bisher einzige Watt, welches wir im Vereinten Königreich bewundern durften. Und das erste für Jamie sowieso. Also hieß es Gummistiefel anziehen und rein in den Schlamm. Das tun die Anwohner dort regelmäßig mit ihren Hunden zum Gassigehen und wir haben uns mehr als einmal gefragt, wie man solch einen Dreckspatz am besten im Auto transportiert. Spazieren geführt wurden dort noch ganz andere Haustiere, denn die Salzwiesen erfreuen sich auch bei Pferdebesitzern großer Beliebtheit. Wir haben mehr als einen Pferdeanhänger auf dem Parkplatz stehen sehen und Reiter entweder beim Rausreiten oder beim Wiederkommen beobachtet. Wer das Schlurfen der Stiefel im Schlamm kennt, kann sich ungefähr vorstellen, wie ein Pferd klingt, das durch den Schlick watet. Wir haben es tatsächlich geschafft, mit Jamie bis an die Stelle zu laufen, wo das Wasser nicht mehr nur in Pfützen steht, sondern in Bewegung ist und das war es sogar recht schnell. Die Flut kam also rein, auch wenn sie es bei weitem nicht bis ans Land schaffen würde. 

Leider findet man auch dort überall Müll und das obwohl Mülleimer vorhanden sind. Manch einem mag der Grund für die Existenz solch eines Mülleimers oder dessen Handhabung noch nicht ganz klar zu sein. Leider findet man den Müll auch im Watt. Schade, wenn solch wichtiger Lebensraum für die Tierwelt so achtlos verschandelt wird. Jamie regte das auch auf und so startete er eine kleine Müllsammelaktion entlang des Strandes und des Parkplatzes. Süß, wie unser Kleiner in solchen Momenten voller Inbrust über die Idioten schimpft, die ihren Müll nicht in den Mülleimer schmeißen können! 3 Jahre, aber er hats kapiert! 

3. Dartmoor National Park, Foggintor Quarry 

Dartmoor National Park hat uns sofort bei der Anfahrt unmissverständlich klar gemacht, warum es so anders ist, als alles, was wir bisher von England gesehen hatten. Das Wetter änderte sich und es war regnerisch und neblig. Dartmoor ist beliebt für seine vielfältigen Outdoor Aktivitäten wie wandern auf kurzen oder längeren Strecken, anspruchsvolle Mountainbike Touren, Aktivitäten wie der Besuch eines Schlosses oder einfach nur das Genießen der spektakulären Ausblicke bei kulinarischen Pausen (natürlich in preisgekrönten Lokalitäten). Auch geschichtlich hat das Dartmoor einiges zu bieten. Für mehr als 100 Jahre gab es in der Umgebung 3 große Steinbrüche, in denen Granit abgebaut wurde. Inzwischen sind sie alle stillgelegt und die Natur erobert sich ihr Terrain zurück. 

Davon konnten wir uns sehr anschaulich selbst ein Bild machen und zwar beim Foggintor Quarry (Steinbruch). Vom Parkplatz aus legt man ca. 1km flachen aber holprigen Weges zurück bis man die Überreste der zum Steinbruch gehörenden Gebäude erkennt. Dort grasen oft Dartmoor Ponies und Schafe, die ihren Anteil dazu beitragen, dass dieses Stückchen Erde so wunderbar verlassen und vergessen wirkt. Wir kletterten auf den nächstgelegenen Hügel und fanden uns oberhalb des mit Wasser gefüllten Steinbruches wieder, der so idyllisch und fast unberührt daherkam. Dieses Bild wurde leider nur von ein paar badenden Zeitgenossen gestört. Wir wären gern noch ein wenig um den Steinbruch herumgelaufen aber aufgrund des plötzlich einsetzenden Regens hatten wir leider nicht mehr viel Zeit und begaben uns zurück zum Parkplatz. 

Daher ein gutgemeinter Rat an alle Wanderer, die bei Wetter unterwegs sind, das sowieso schon tendenziell zu Regen neigt: lieber die Regensachen einpacken. Dabei haben ist besser als brauchen. Und bitte unbedingt beachten: der nördliche Teil des Dartmoor wird vom Militär für Feuerübungen genutzt, dort wird mit richtiger Munition geschossen. Es gibt 3 Trainingsgebiete, die alle klar markiert sind und auch von der Öffentlichkeit genutzt werden können. Idealerweise nicht während dieser Schießübungen. Diese werden vorher bekannt gegeben und auch vor Ort selbst durch rote Flaggen (tagsüber) oder rotes Licht (nachts) kenntlich gemacht. Die Zeiten für die Feuerübungen können hier (https://www.gov.uk/government/publications/dartmoor-firing-programme) eingesehen werden. 

Fazit: Wer nicht viel Zeit hat und leider nur einen Tag dort verbringt beziehungsweise lange Wanderungen meiden will, begebe sich auf diese einfache und kurze Wanderung und werde mit herrlichen Ausblicken auf die umliegenden Berge, die karge Landschaft und einen wunderschönen See im Steinbruch belohnt. 

 

 

 

 


 

 

 

4. Bodmin Moor 

Wenn man Cornwall hört, denkt man automatisch an kleine verwinkelte Straßen, verträumte Hafenstädte und ganz viel Strand und Wasser. Wusstet Ihr, dass es im Nordosten Cornwalls eine Hochmoorlandschaft gibt, die immerhin 208 km2 groß ist? Also wir wussten es nicht und wollten es uns daher unbedingt mal anschauen. Ausgesucht hatten wir uns die Steinkreise The Hurlers und Stowe´s Hill, eine Erhebung in einem ehemaligen Steinbruch mit faszinierenden Felsformationen. 

Allein die Anfahrt hat es in sich denn „eng“ stellt hier noch einmal eine ganz andere Dimension dar. Die Straße kaum breiter als unser Ludwig und links und rechts Gestrüpp, das schon längst mal wieder hätte zurückgeschnitten werden können. Von den steilen Straßen sprechen wir gar nicht erst. Die Fahrer der entgegenkommenden Fahrzeuge schauen alle genauso verdutzt aus der Wäsche wie wir und fragen sich, wohin sie eigentlich ausweichen sollen. Aber ausweichen tun sie alle und fahren zurück zu einer breiteren Stelle, wo wir uns beide aneinander vorbeiquetschen können. 

Irgendwann wird die Straße wieder breiter und wir erreichen den Ort Minions, wo wir vom Parkplatz aus erst zu den Steinkreisen (wenig spektakulär) und dann weiter zu Stowe´s Hill laufen. Der ehemalige Steinbruch ist in der sonst flachen Gegend gut sichtbar und je näher man ihm kommt, desto besser kann man die Felsformationen auf dem Gipfel erkennen, die wie aufgetürmte Steine aussehen. Tatsächlich aber handelt es sich um durch Verwitterung entstandene Gesteinsformationen (man nennt sie Tore) und die bekannteste wird Cheesewring genannt (Käsepresse). Da man befürchtet, dass die Formationen durch Erosion umfallen könnten, werden sie teilweise sogar abgestützt. Wir hatten viel Spaß dort oben obwohl wir Jamie natürlich wegen der Absturzgefahr keine Sekunde aus den Augen lassen durften. Bodmin Moor stellte eine willkommene Abwechslung für uns dar nach all den Stränden, Booten und Buchten. Und da schlägt natürlich auch das Fotografenherz höher. 

 

Ende Teil 1

2 Kommentare:

  1. Ich liebe euch und wünsche euch weiter eine gute Reise

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  2. Vielen lieben Dank, schön das es dich in unserem Leben gibt!

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