Sonntag, 28. Juli 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 9 - endlich am Nordkap

      Schweden - Finnland -Norwegen an einem Tag 

Wir erwachen zu blauem Himmel und Sonnenschein und können es kaum glauben. Allerdings hält die Freude nicht lange an, da es sich im Laufe des Morgens zuzieht. Beim Losfahren ist der Himmel bereits wieder ergraut. Zwar fahren wir heute durch 3 Länder hindurch, weil wir auf dem Weg nach Norwegen kurz den finnischen Zipfel durchqueren, der sich da zwischen Schweden und Norwegen geschoben hat, aber landschaftlich ändert sich nicht viel. Kurz nach Grenzübertritt nach Finnland in Karesuando begegnen wir kurz einem männlichem Rentier mit stattlichem Geweih, aber es geht so schnell, dass wir nicht für ein Foto abbremsen können. Deswegen ist hier der Verkehr auch außerhalb der geschlossenen Ortschaften auf 80kmk/h begrenzt, da wir uns in einem Rentierschutzgebiet befinden, man sie oft erst sehr spät am Straßenrand sieht und ein Kontakt mit ihnen nicht wünschenswert ist. Allerdings geben die Straßen auch oft keine höheren Geschwindigkeiten her, da sie generell in einem schlechteren Zustand sind als in den Nachbarländern. Wir wollen nicht sagen, dass die Fahrt langweilig wäre. Nein das wäre übertrieben, denn Abwechslung gibt es schon. Man sieht mal üppige, mal weniger dichte Birkenwälder, dazwischen immer wieder die irgendwie verkohlt wirkenden Flaschenbürstenkiefern und alles macht den Eindruck, als sei hier entweder ein Sturm durchgefegt oder der Bewuchs aus irgendeinem anderen Grund so niedrig. Wasserpfützen in den unterschiedlichsten Größen am Straßenrand wechseln sich ab mit richtigen Seen und dazwischen gibt es wieder ausgiebiges Sumpfland. Und dann natürlich wieder die Birken und die schmalen Kiefern. Hin und wieder verschwindet mal ein Schotterweg ins Nichts, aber komischerweise ist dieses Nichts oft durch eine Kette oder eine Schranke gesichert. Und durch all dies geht eine Straße hindurch, mal kerzengerade, mal schlängelnd mit einer kleinen Kurve nach links oder rechts und dann gibt es noch die „hui“ Abschnitte, wo es ein paar Mal hoch und wieder runter geht. Bei uns heißt das nur „hui“, weil sich das ein bisschen anfühlt wie auf einer Achterbahn. 



Nach 2,5 Stunden Fahrt erreichen wir kurz hinter der norwegischen Grenze unser Ziel und leider verbringen wir den Rest des Nachmittags drinnen. Das hat nicht unbedingt etwas mit dem aufkommenden Regen zu tun, der verzieht sich nämlich irgendwann auch wieder. Aber die Mücken sind nicht zum Aushalten, sobald man sich nach draußen begibt, wird man heimtückisch von ihnen umstellt und attackiert. Da macht das Spazierengehen um den See keinen Spaß und so bleiben wir eben drin und jagen dort Mücken (sie finden nämlich immer einen Weg durch unsere Fliegenschutzgitter). Ganz so schön ist unser Übernachtungsplatz heute nicht und bisher der dreckigste, denn überall liegt trotz Mülltonnen der Müll herum und Toilettenpapier in den Büschen, trotz Trockenklo. Das riecht vielleicht nicht besonders toll, aber wenn man mich (Katja) vor die Wahl stellte, würde meine Entscheidung fürs Klo fallen weil ich mir gar nicht ausmalen möchte, wie man sich ernsthaft bei diesen Mückenschwärmen hinterteilentblösst ins Gebüsch setzen kann.




Alta und Alta Canyon

Abgesehen von der nächtlichen Erschlagung von 3 Mücken haben wir gut geschlafen und erwachen zu Sonnenschein. Noch während des Frühstücks setzt das Déjà-vu ein, es beginnt zu regnen und kurzzeitig donnert sogar der Hagel auf unser Dach. Was ist denn nun los? Am Himmel offenbart sich ein interessantes Schauspiel, denn schaut man in die Richtung, wo wir gestern hergekommen sind, ist der Himmel dunkelgrau, in der heutigen Fahrtrichtung ist der Himmel blau und die Sonne scheint. Na gut, dann nichts wie los. Erstes Etappenziel ist die Stadt Alta, dort ist die 93 zu Ende und geht in die E6 über. Das Wetter ist heute sehr durchwachsen, Regen und Sonne wechseln sich regelmäßig ab, als könnten sie sich nicht entscheiden, wer denn heute Vorrang hat. Ein paar Kilometer vor Alta fahren wir durch den sehr beeindruckenden Alta Canyon und Katja kommt aus dem Filmen und Staunen gar nicht mehr heraus. Tommy ist wahrscheinlich froh, dass wir bergab fahren und unseren Ludwig dort nicht hochscheuchen müssen. Alta ist mit seinen 21.000 Einwohnern gar nicht mal so klein und so viel Geschäftigkeit sind war gar nicht mehr gewohnt. Wir kaufen fix was ein und dann geht es weiter auf der E6. 


Immer öfter sehen wir Entfernungsangaben zum Nordkap, es ist jetzt wirklich nicht mehr so weit. Wollt Ihr Euch mit uns zurückerinnern an unseren ersten Tag in Norwegen, ganz im Süden, wo 2500km (Luftlinie) ans Nordkap ausgeschildert waren? Das fühlt sich an wie eine halbe Ewigkeit, dabei ist es gerade mal einen knappen Monat her. Nun gut, Jamie wird unruhig und hat schon öfter nachgefragt, wann wir denn da sind. Unsere Euphorie wird gebremst und wir suchen einen Rastplatz an der E6. Der ist zwar als Rastplatz in unserer Stellplatz App ausgeschrieben, aber es ist nur ein stinknormaler Schotterparkplatz ohne alles (also auch keine Mülleimer). Er ist weiter entfernt von der Straße als der letzte, man kann hier ein wenig umherlaufen und einen See und einen Fluss (Steineschmeißen!) anschauen und das Beste, es gibt fast keine Mücken! 


Tommy erkundet die Umgebung am Abend sogar noch ein wenig mit seiner Kamera. Jetzt sind wir etwas zwiegespalten, ob wir die knapp 200km morgen zum Nordkap durchfahren oder ob wir das nochmal aufteilen. Letztenendes kommt es wohl darauf an, wie wir Jamie beschäftigt bekommen und wie sich die Straßenverhältnisse zeigen. 200km auf geraden Straßen sind etwas anderes als im Gebirge und das kommt wieder auf uns zu. Lassen wir uns doch einfach alle überraschen, ob wir das Nordkap morgen oder erst übermorgen erreichen werden. Was den Wetterbericht anbelangt, wollen wir momentan eigentlich gar nicht dort sein, denn angesagt sind 4 Grad Celcius tagsüber und 3 Grad Celcius für die Nacht. Halleluja!





 endlich am Nordkap! 

Heute wollen wir es wissen, wir schaffen die 200km, das haben wir uns fest vorgenommen! Wir brechen auf und machen einen kurzen Servicestopp in Skaidi, wo wir Ludwig nochmal volltanken und entsorgen. Man merkt sofort, dass wir uns auf dem Weg zum Nordkap befinden, uns kommen haufenweise Wohnmobile entgegen. Und man weiß genau, wer hier oben rumfährt, hat nur ein Ziel und befindet sich entweder auf dem Weg dorthin oder kommt wieder zurück. Ab Smørfjord sind es noch 129km und die haben es wirklich in sich. Den ganzen Weg bis nach Honningsvåg schlengeln wir uns am Fjord entlang und geniessen eine fantastische Aussicht auf das dunkelblaue Europäische Nordmeer, schneebedeckte Berge im Hintergrund, kleine hervorstehende Halbinseln und überall verstreut stehen die kleinen Holzhütten, tanzen kleine Boote übers Wasser und streifen Rentierherden entweder in der Ferne und manchmal auch strassennah bei ihrer Nahrungssuche umher. 

Unser Navi ist mal wieder verwirrt und zeigt 38km weniger an als die Straßenschilder und wir wundern uns bereits, welchen mysteriösen alternativen Weg sie (ihr erinnert Euch, es ist eine sie) zum Nordkap gefunden hat. Die Aufklärung folgt. Wir haben heute einige Schleicher vor uns und Tommy überholt sie nach langen geduldigen Phasen, weil man sich das irgendwann einfach nicht mehr antun kann. Da ist die Französin in ihrem Van, die bevorzugt die Mitte der Straße benutzt, das (erste) türkische Wohnmobil, das nicht so recht aus der Soße kommt und dann noch ein Spanier in seinem Mietwohnmobil, der ganz offensichtlich mit der Größe des Autos überfordert ist und ebenfalls die Mitte der Straße bevorzugt. Das ist alles nicht so schlimm, es ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen, aber man könnte wenigstens hin und wieder mal rechts ranfahren und die Kolonne vorbeifahren lassen. Dann gibt es noch PKW, die theatralisch überholen, weil ihnen die vorgeschriebenen 80km/h nicht schnell genug sind, dann im Tunnel aber nicht aus der Soße kommen, wo wir bei 9% Steigung unseren Schwung nicht verlieren möchten, um ein Runterschalten in den 2. Gang zu vermeiden. Im Übrigen gibt es zig Fahrradfahrer, mit denen man sich die enge und teils kaputte Straße auch noch teilt, die vollbeladen bei den Steigungen über die halbe Fahrbahn wackeln und ebenfalls durch die 4 Tunnel durchmüssen. Der eine Tunnel wurde sogar mit Fahrradspur gebaut. Welch ein Fortschritt, sich knappe 3km durch den Kohlendioxid versuchten Tunnel zu quälen! Wir können es nachvollziehen, dass man seine gesteckten Ziele erreichen möchte und da zählt vielleicht auch das Erreichen des Nordkaps mit dem Fahrrad dazu, aber ist es das wert, seine Gesundheit so dermaßen aufs Spiel zu setzen? Wenn man bedenkt, wie die Reisebusse über die enge Piste donnern, da übersieht man schnell mal ein Fahrrad….

Als wir in Honningsvåg ankommen und links zum Nordkap abbiegen möchten (es sind noch 38km), schickt uns das Navi rechts. Sie ist also tatsächlich der Meinung, wir seien schon angekommen. Okay, viele Touren starten von hier, Kreuzfahrtschiffe (auch die Hurtigruten Schiffe) liegen hier vor Anker und die Passagiere steigen auf Busse um aber das Nordkap ist es trotzdem nicht. Hier nun steht uns der erste Anstieg bevor und irgendwie wirkt die Straße, als sei sie noch nicht so ganz fertig. Da fehlt an einigen Abschnitten sogar die Leitplanke und es geht tief nach unten! Es werden immer mehr Wohnmobile und es sind wahnsinnig viele Deutsche. Man hat das Gefühl, dass halb Deutschland gerade am Nordkap oder auf dem Weg dorthin ist und dieses Gefühl bestätigt sich später auf dem Parkplatz. Oben auf dem Plateau fährt es sich wieder sehr angenehm durch das herrliche Gebirgspanorama, auf beiden Seiten befinden sich Seen unterschiedlicher Größe oder ausgiebige Sumpflandschaften und dazwischen sieht man immer wieder grasende Rentierherden, die sich an den Verkehrswahnsinn scheinbar gewöhnt haben. 


Und irgendwann sehen wir in der Ferne den Parkplatz zum Nordkap und bereits von hier können wir erkennen, wie voll er ist. 70% der Fahrzeuge sind Wohnmobile oder Vans und davon sind 70% Deutsche. Der Parkplatz ist holprig und steinig und hat keine eingezeichneten Parkflächen, wir ergattern einen Platz in der zweiten Reihe und bevor wir hinausgehen, holen wir noch ein paar extra Klamotten aus dem Schrank. Jeder kennt den Globus, den bringt jeder mit dem Nordkap in Verbindung. Wir gehen absichtlich nicht dorthin, weil es so voll ist und wir sowieso kein gescheites Bild machen können. Wir laufen umher, landen irgendwann im Souvenirshop, wo wir natürlich auch etwas kaufen und lassen uns dann im Café nieder, wo wir eine Kleinigkeit zu uns nehmen. Viele bezeichnen das Nordkap als Touristenfalle weil man 390 NOK Eintritt für Galerie, Ausstellung und den kurzen Kinofilm bezahlt, Dinge die man sich im unterirdischen Teil des Besucherzentrums anschauen kann. Das sind Attraktionen, die man nicht besuchen muss, das Gebäude (inkl. Café, Shop, Toiletten, Bar etc) sind ohne Eintritt betretbar und man hat von drinnen einen herrlichen Ausblick auf das Globus Spektakel draussen. Das Parken ist umsonst, auch über Nacht und da können wir ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, worüber man sich beschweren sollte. 

Später machen wir dann doch noch Fotos am Globus, auch wenn es nicht weniger Menschen geworden sind und dann stecken wir Jamie nach dem Abendessen ins Bett. Wir gehen dann beide nochmal getrennt zum Fotografieren und erleben den Wahnsinn auch zur Nachtzeit. Denn als Katja 22:30 Uhr nochmal zum Globus läuft, stehen da immer noch (oder schon wieder) 9 Reisebusse, vermutlich von den Kreuzfahrtschiffen. Also wieder nix mit ungestört Fotos machen. Der Parkplatz ist zur Nachtzeit fast noch voller als tagsüber und es stehen hier geschätzt 150-200 Wohnmobile.



 Besichtigung in Honningsvåg und Delfine am Abend

Wir haben gut geschlafen und wachen recht spät auf. Da haben uns bereits einige „Nachbarn“ verlassen. Da wir einige Zuhause - Gebliebenen mit Postkarten erfreuen möchten, gehen wir nochmal zum Souvenirladen, kaufen Postkarten und Briefmarken und unser norwegisches Bargeld (welches wir loswerden möchten) reicht auf die Krone genau aus. 



Danach fahren wir zurück, machen aber noch ein paar Fotostopps und halten für eine längere Erkundungstour in Honningsvåg. Schließlich brauchen wir noch ein paar Fotos von den Kreuzfahrtschiffen, den kleinen Fischerbooten und was sich sonst noch als geduldiges Motiv zur Verfügung stellt. Da wir im Ort selbst nichts zum Parken finden, müssen wir ein kleines Stück außerhalb parken und dementsprechend hat das ganze gedauert. Als wir am Ludwig ankommen, ist es schon 17 Uhr und unser anvisierter Stellplatz ist noch circa 60km entfernt. 




Also los geht’s. Es zieht sich aber wenigstens haben wir keine Schleicher vor uns. Der Stellplatz ist nicht sehr groß und er ist bei unserer Ankunft blöderweise bereits voll belegt. Aber es ist noch Platz am Ende des geteerten Weges und Tommy parkt extra so herum, dass der letzte Van in der regulären Parkreihe noch bequem herausfahren kann. Katja meint noch, dass da bestimmt noch jemand kommt und sich neben uns quetscht und so passiert es auch eine halbe Stunde später. Der Italiener fährt aber vorwärts in die Lücke (wir stehen rückwärts, mit Überhang nach hinten) und sein Hinterteil blockiert den letzten Van. Was ihn aber nicht sonderlich zu stören scheint. Dann schließt er noch vorwurfsvoll und ganz demonstrativ seine Jalousien, weil wir ja immerhin ganz schön nahe an seinem Zuhause stehen und das empfindet er wahrscheinlich als etwas übergriffig. Leute gibt’s! Später herrscht viel Aufregung auf dem Parkplatz und wir hören unseren italienischen Nachbarn seiner Frau zurufen, „Delfini, Delfini!“ und tatsächlich, da schwimmt eine kleine Gruppe Delfine durch die Bucht. Wahrscheinlich die gleichen, die Tommy bereits bei der Herfahrt hat herumschwimmen sehen. Sie verbringen viel Zeit in der Bucht, schwimmen von einem Ende zum anderen, hin und wieder springen sie und Katja glaubt, dass sie jagen und Fische zusammentreiben. Dafür würde sprechen, dass auch einige Möwen dem Spektakel beiwohnen. Wir genießen das Schauspiel, Katja schaut nur, Tommy versucht, Videos oder Bilder zu bekommen und man kann sich einfach nicht satt sehen an dieser Verspieltheit und Leichtigkeit, mit der sie durchs Wasser ziehen.









Dienstag, 23. Juli 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 8 - warum nicht mal wieder nach Schweden?

 

von Hovden nach Gressholmen

Ein neuer Tag bricht an und es regnet nicht mehr. Dafür haben sich einige Pfützen zu uns auf den Stellplatz gesellt und Tommy kann sich mit seinen durchaus sehenswerten Spiegelbildern austoben. Beim Zähneputzen sehen wir plötzlich jemanden am Ludwig vorbeilaufen, ein kleiner Junge in Gummistiefeln stapft durch die Pfütze, während er ganz fasziniert in unsere Richtung schaut. Wir winken und sind auch ganz begeistert, denn es gibt ja doch Leben hier! Er ist mit seinem Bruder und seiner Mama unterwegs. Ludwig ist abreisefertig und wir brechen auf zu neuen Abenteuern. Wo es uns besonders gut gefallen hat, verabschieden wir uns vom schönen Stellplatz und bedanken uns, das machen wir auch heute wieder. Der erste Teil unserer Strecke geht zurück nach Sortland, 65km zurück auf einsamer Strecke an den zahlreichen Buchten und Fjorden vorbei, hoch den Berg zum Rüggedaltunnel und auf der anderen Seite wieder runter. Vorbei am auffälligen Kletterberg Reka, noch ein letztes Mal vorbei an malerischen kleinen Buchten und dann befinden wir uns wieder im Großstadtgetümmel. 


Die große Brücke über den Sund wird momentan mit einem Brückenuntersichtsgerät geprüft und so gibt es mitten auf der Brücke eine Ampel, um den Einbahnstraßenverkehr zu regeln. Ein paar Kilometer nach der Brücke fahren wir eine Tankstelle an, weil man dort sein Womo Klo entleeren kann. Der Diesel ist gerade günstig, also tanken wir noch. Es handelt sich hier um eine Tankstelle mit Verkaufsladen, was selten ist, denn in Niemandsland zahlt man einfach mit Karte damit der Diesel aus der Pistole läuft. Einer Eingebung folgend, möchte Tommy im Laden bezahlen (was er dort ja auch nur mit Karte tut) und während des Wartens streift sein Blick über das Zeitungsangebot. Er entdeckt einen Artikel über Møysalen Camping und Moment mal, da waren wir doch auch! Er schaut nach und Potzblitz, das ist ja der Artikel, in dem wir auch erwähnt werden, sogar mit Foto! Die Zeitung wird natürlich gekauft und wir können es nicht glauben, dass wir diesen Artikel zu Gesicht bekommen. Jamie ist ganz außer Häuschen und möchte sofort eine Sprachnachricht an die Großeltern zu Hause schicken. Wie schön, dass das heutzutage so einfach geht!

Wir suchen einen Stellplatz für heute Abend, aber laut Navi wäre der 2,5 Stunden entfernt – keine Ahnung ob Jamie noch so lange durchhält. Wir fahren erstmal los, den Plan ändern können wir später immer noch. Wir wundern uns über die vielen Baustellen gerade an diesem Streckenabschnitt. Entweder werden Straßen neu gebaut oder verbreitert oder neue Tunnel befinden sich in der Entstehung. Da werden gigantische Erdmassen bewegt, wir sind mehrmals durch kilometerlange Materialhalden gefahren, wo das Baumaterial, frisch aus dem Fels gesprengt und zerkleinert, für später gelagert wird. Nach den letzten verkehrsarmen Tagen ist heute mal wieder richtig was los, natürlich nicht nur massenweise Bauverkehr aber auch extrem viele Wohnmobile. Das scheint die Einflugsschneise der Deutschland- Schweden- Lofoten- Route zu sein. Als wir noch eine Stunde zu fahren haben, merken wir, dass es Jamie wohl nicht mehr so lange aushalten wird und Katja blättert im Reiseführer nach einem alternativen Ziel, welches knappe 15 Minuten entfernt liegt. Wir müssen nur noch vorbei an der gigantischen Tjeldsund-Brücke, die mit Auffahrten aus Stahlbeton beginnt (also eine normale Brücke mit Stützen) und dann übergeht in ein Hängebrücken- Mittelteil. Auch dort wird gerade gebaut (oder geprüft). 



In Gressholmen (manchmal auch als Grasholmen ausgeschildert) angekommen, checken wir die Parkplatzsituation. Der untere Parkplatz direkt am Strand ist natürlich weitaus schöner aber in direkter Nähe zu Wohnhäusern und das ist ein no-go beim Freistehen. Also nehmen wir den 100m weiter oben gelegenen großen Parkplatz, wo bereits ein englisches Wohnmobil steht und geben ihm hoffentlich das schöne Gefühl, nicht allein zu sein. Danach laufen wir runter zum Strand und nehmen gleich wieder die Sandspielsachen mit. Eigentlich ist es für Strand mal wieder viel zu kalt, aber Jamie interessiert das nicht die Bohne. Katja geht irgendwann zurück zum Ludwig, um ein paar Brote zu schmieren und ein Picknick Abendessen vorzubereiten und trägt die Leckereien zu ihren zwei Männern auf eine Picknickbank, wo wir unser Abendessen an der frischen Luft genießen. Obwohl Jamie überhaupt nicht müde ist, schaffen wir es irgendwann zurück zum Ludwig und mit viel Überredungskunst bekommen wir ihn ins Bett. Zwischenzeitlich gesellt sich noch ein deutsches Auto mit Dachzelt zu uns auf den Parkplatz und es ist immer wieder erstaunlich, wie es manche Leute schaffen, mehr Platz einzunehmen als ein Wohnmobil (sie stehen nämlich quer, anstatt in den eingezeichneten Linien).     

 



schon wieder in Schweden, irgendwo an einem See 

Damit wir bei der Mitternachtssonne gut schlafen können, verdunkeln wir unseren Ludwig so weit es geht und deshalb wachen wir manchmal recht spät auf, vorallem wenn das Umfeld ruhig ist und kaum Autos vorbeifahren. So auch heute, als wir die Augen öffnen, ist es bereits 09:30 Uhr. Wir lassen uns trotzdem Zeit und nachdem wir Ludwig abreisefertig haben, gehen wir nochmal runter zum Wasser, laufen die klitzekleine Runde um die Insel und füllen gleich nochmal eine 6 Liter Flasche Wasser mit Trinkwasser vom Wasserspender des öffentlichen Klos. 



Es ist kurz vor 13 Uhr, als wir endlich loskommen, das ist selbst für uns recht spät. Ein Stück des gestrigen Weges legen wir zurück und dann fahren wir über die gestern bereits bestaunte Tjeldsund-Brücke. Als wir oben am Scheitelpunkt angekommen sind, erwartet uns eine rote Ampel, die zwei Norweger vor uns nehmen es damit nicht so ernst und rasen noch drüber aber wir haben es nicht eilig. Aber wer weiß, wenn wir es ihnen gleich getan hätten, wären uns vielleicht die zwei norwegischen Wohnmobile erspart geblieben, die gefühlt eine knappe Stunde vor uns herfahren und ebenfalls keine Eile haben. Sie fahren konstant 5-10 km/h weniger als erlaubt, außer natürlich in der 60er Zone, da sind sie schneller als alle anderen. Zum Überholen hat der Ludwig nicht genug Power und so tuckeln wir eine ganze Zeit lang hinter ihnen her. Die Schlange hinter uns wird immer länger und wir bewundern die Ruhe der Norweger. In Deutschland hätten die alle überholt! Bei der Abzweigung nach links zum Bjornfjell fahren die beiden endlich rechts ran und wir nutzen die Gelegenheit, uns in Richtung schwedische Grenze davon zu machen. Wir sind entzückt von der sich bietenden Gebirgslandschaft: schneebedeckte Berge, Flüsse, Seen, wahrscheinlich großflächig Sumpfgebiet und dazwischen sind endlose kleine Häuschen verstreut, in denen wir gern mal einen ruhigen Sommer verbringen würden. Es gibt zahlreiche Wanderungen hier oben und gemessen an den parkenden Autos hier und da sind auch einige Wanderer unterwegs. 

In der Ferne sehen wir endlose Lorenzüge ihren Weg durchs Gebirge ziehen, es handelt sich um die Zugverbindung von Kiruna (Schweden) nach Narvik (Norwegen) und seit 1903 wird auf diesem Wege das schwedische Erz zu den Exporthäfen in Norwegen transportiert. Damals galt die Zugverbindung als die nördlichste Eisenbahnstrecke der Welt und galt daher als sensationelle Pionierleistung. Der Bau forderte allerdings auch Todesopfer, wie ein kleiner Friedhof in der Nähe unseres heutiges Stellplatzes zu berichten weiß (Rallarkyrkogård). Wir passieren die schwedisch/norwegische Grenze und gleich im Ort danach findet man einen Stellplatz für Dauercamper und einen äußerst gut besuchten Supermarkt, den auch wir ansteuern. Man sieht hier sehr viele Norweger, die vor dem Grenzübertritt nochmal günstig einkaufen. Der Supermarkt in Riksgränsen hat sicherlich keine Umsatzprobleme. Wir fahren noch knappe 20km weiter zu unserem heutigen Stellplatz an einem riesigen See, den knapp 60km langen Torneträsk, finden wie versprochen die Wander- und Grillhütte vor und somit sind Tommy und Jamie wieder mit Feuerholz suchen und sägen beschäftigt. Zum Abend hin füllt sich der Platz (90% deutsche Wohnmobile) aber keiner traut sich in die Hütte. Sowas kennt man einfach nicht von zu Hause, das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Eine Frau fragt uns sogar, ob das privat sei und ob es einen Spültisch gäbe. Nein, den hats hier nicht zu bieten, das schreckt den einen oder anderen vielleicht auch ab. Aber es hat ein Trockenklo! Ab dem späten Nachmittag lugt auch die Sonne wieder hinter den Wolken hervor und gibt sich sichtlich Mühe; bis zum Abend hat sie einen Großteil der Wolken vertrieben. So gefällt uns das! 

Als Jamie schläft, entschließt sich Katja zu einer kleinen Wanderung, erst zur Tornehamns Kirche und dann zum Friedhof Rallarkyrkogård. Die Kirche ist nicht schwer zu finden und sie ist jederzeit für jedermann geöffnet. Die Stimmung in der kleinen lichtdurchfluteten Holzkirche ist ganz besonders, kein Straßenlärm dringt herein und so sitzt man hier gern für eine Weile und lauscht ins Nichts hinein. Dann geht’s weiter zum Friedhof und die Beschilderung ist nicht immer erstklassig. Als Katja auf ein deutsches Paar trifft, erkundigt sie sich nach dem Weg und als sie die Antwort erhält, dass es noch ein ganzes Stück sei, stellt man erleichtert fest, dass es ja noch lange nicht dunkel wird. Kleiner Scherz unter Sommerurlaubern ganz im Norden. Einige sumpfige Abschnitte und Kletterpartien über Stock und Stein später erreicht sie den kleinen Friedhof und wäre nicht die regelmäßig verkehrende Eisenerzbahn oberhalb des Platzes, wäre es hier im wahrsten Sinne totenstill. Die Eisenbahnlinie wurde zwischen 1898 und 1902 zwischen Kiruna und Riksgränsen gebaut und in dieser Zeit wurden 50 Menschen hier begraben, die meisten starben an Typhus. Seit dieser Zeit wurden noch einige Gräber hinzugefügt, es sind auch einige aus den 70er und 80er Jahren dabei. Inzwischen sind es 170 Gräber, 70 davon gehören zu Kindern. 

 



Abstecher zum Abisko Canyon

Als wir erwachen, scheint die Sonne noch immer, das ist ja ein Traum! Nach dem Frühstück begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang zu einer Stelle hinter uns, wo um 1900 mal ein kleiner Leuchtturm gestanden hat. Hier und da finden wir in einigen Ecken sogar noch Schnee, das dauert hier im Lappland eine ganze Weile, bis der komplett verschwunden ist. Auch auf dem riesigen See Torneträsk haben wir gestern noch Eisfelder entdeckt. Nach der Fotosession fahren wir los, allerdings nur 10 Minuten bis in den Abisko Nationalpark, denn dort wartet unser nächster Wanderstopp auf uns. Wir haben uns die einfachste aber spektakuläre Strecke durch den Abisko Canyon ausgesucht, durch den sich der reißende Abiskojåkka auf seinem Weg zum Torneträsk eine Schneise durch die Schiefer Felsen geschliffen hat. Da donnert einiges an Wassermassen durch die teilweise recht engen Canyonwände und unter der Autobrücke verschwindet der Fluss für kurze Zeit in einem großen Loch, bevor er auf der anderen Seite wieder aus dem Felsen herausgeschossen kommt. Diese kleine Expedition hat sich wirklich gelohnt! 



Zurück im Ludwig blättern wir ein wenig durch den Reiseführer, denn wir hatten uns noch gar keinen Stellplatz für heute ausgesucht. Wir entscheiden uns für den, der eigentlich gestern unser Ziel gewesen war, aber wir hatten die Fahrt vorher beendet. Wir stehen wieder auf einem Picknick Platz am Torneträsk, es gibt zahlreiche Grillstellen, auch wieder eine Schutzhütte, Trockenklo und sogar eine Latrine (zum Leeren des Womo Klos) und etliche Mülleimer. Der Service für Reisende hier in Schweden ist echt toll. Damit sich Leute hier nicht häuslich niederlassen, ist die Nutzung der Plätze auf 24 Stunden begrenzt. Hauptsächlich wegen der vielen Mücken entfachen wir heute wieder ein Feuer mit der Hoffnung, sie vielleicht vertreiben zu können. Das klappt wahrscheinlich noch eher mit den anderen Campern auf dem Platz, denn dummerweise zieht der Rauch meist in ihre Richtung. Alle schwedischen Wohnmobile, die hier vorbeischauen, verschwinden komischerweise wieder, auch das Womo, welches bei unserer Ankunft schon hier war. Nun ja, für den Wind sind wir nicht verantwortlich und die Feuerstellen sind nun mal da, wo sie sind (genau hinter den parkenden Womos).




Kiruna - eine Durchfahrt reicht

Wo ist die Sonne hin? Wir bekommen sie den ganzen Tag nicht zu sehen und, viel schlimmer noch, es regnet die meiste Zeit. Heute steht Kiruna auf dem Plan, allerdings wollen wir uns die Stadt nicht ansehen, sondern nur durchfahren. Durch besondere Schönheit zeichnet sich Kiruna nicht aus, was aber daran liegt, dass sie keine wirkliche Historie und somit keine Seele hat. Gäbe es das Eisenerz hier nicht, gäbe es auch Kiruna nicht. Der Gründer der Stadt ist der erste LKAB Chef (LKAB = Luossavaara Kiirunavaara Aktie Bolag, eines der größten Erzabbau Unternehmen der Welt), der wahre Visionen für den Bau dieser Stadt hatte, um Fehlentwicklungen und schlechte Erfahrungen in anderen Abbaugebieten des Landes zu vermeiden. Dafür wurden die besten Städteplaner und Architekten verpflichtet und die bauten nicht nach Schachbrettmuster sondern berücksichtigten die klimatischen Bedingungen vor Ort und planten typisch geschwungene Straßenzüge mit unregelmäßigem Muster, um den Wind zu bremsen. Was für den Beginn des 20. Jahrhunderts ebenfalls noch untypisch war, man kümmerte sich um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter, führte ein revolutionäres Berufsausbildungssystem ein und förderte ein vielfältiges Vereinsleben. 

Inzwischen aber hat man riesige Erzvorkommen unter der Altstadt gefunden und so wird eine ganze Stadt umgezogen (das passiert übrigens auch in anderen LKAB Städten in Schweden). Auf Kosten des Unternehmens werden 6000 Einwohner, das ist jeder 3. Bewohner, umgesiedelt und dazu gehören nicht nur Wohnungen sondern auch Hotels, Einkaufszentren, das Rathaus, Museen, einfach die komplette Infrastruktur der Stadt. Wie so oft beruft man sich auf die Sicherung tausender Arbeitsplätze und so hat die Gemeindeversammlung 2007 zugestimmt. Wir haben nicht viel von Kiruna gesehen aber die Halden von abtransportiertem Gestein nehmen einen großen Teil des städtischen Gebiets ein, dazu kommt dann noch die Dauerbaustelle dank der Neustrukturierung und die ewigen Abtransporte mit dem Zug nach Narvik sowie die Ankunft der leeren Züge. Diese Stadt kommt überhaupt nicht zur Ruhe! Hier wohnt eigentlich nur, wer in irgendeiner Weise von der LKAB lebt und deshalb sieht man das ganze wahrscheinlich eher pragmatisch. Wer dem ganzen nichts abgewinnen kann, wäre von Anfang an nicht hierher gezogen oder zieht weg, sobald er kann. Wir jedenfalls fahren fix durch und wundern uns noch, warum dort sightseeing Flüge mit dem Helikopter angeboten werden; da gibt es doch sicherlich sehenswertere Gebiete in Schweden, um sein Geld für einen Helikopterflug auszugeben. 

Unser Ziel ist erstmal Vittangi denn Tommy hat gelesen, dass man dort an der Tankstelle Frischwasser auffüllen kann. Das mag nun sehr profan klingen, aber hier in Schweden gibt’s zwar etliche wunderschöne Picknickplätze aber nicht so viele Plätze zum Leeren des Klos oder zum Frischwassertanken. Da muss man solche Stopps nehmen, wie sie kommen. Wir tanken dann gleich noch und, endlich finden wir auch einen Geldautomaten in Schweden, um Bargeld abzuheben. Während der letzten paar Tage in Schweden konnten wir nirgends Bargeld auftreiben und da wir uns später auch ein wenig in Südschweden umsehen möchten, kommt uns der Automat wie gerufen. Dann geht’s noch 17km weiter an den nächsten See, nein es ist nicht mehr der Torneträsk, und dort finden wir unseren heutigen Übernachtungsplatz. Die Infrastruktur ist wirklich toll, so viele Plätze mit Trockenklo, Schutzhütten, Feuerstellen und Mülleimern, das ist wirklich traumhaft. Nur leider regnet es und so können wir nicht viel machen. Leider haben wir die Feuchtigkeit auch von innen, denn beim Befüllen des Wassertanks haben wir ihn leider überfüllt (dem Sensor kann man leider nicht zu 100% trauen) und nun läuft das Wasser unter unserer Sitzbank hervor. Tommy beschäftigt Jamie im vorderen Teil des Fahrzeugs, während Katja hinten mit ausräumen und auswischen beschäftigt ist. Die Unterlagen werden leider nicht so schnell trocken (draußen sowieso nicht und im Bad, wo es viel kälter ist als im Wohnbereich leider auch nicht) und so leben wir für ein paar Stunden wie auf einer Großbaustelle. Prioritäten setzen ist wichtig, deswegen schaffen wir es trotzdem, in dem Chaos unser Heißgetränk zu uns zu nehmen und machen uns danach gestärkt an die Aufgabe der Chaosbeseitigung. Wie immer sehen wir es positiv, wir haben es endlich mal geschafft, durch den Ludwig zu wischen!




Donnerstag, 11. Juli 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 7 - Lofoten und die Vesterålen

 

dieser Reisebericht besteht inzwischen aus 7 Teilen, hier ist der letzte Teil zu finden. 

Auf Skelettsuche in Hovsund und ein Abstecher nach Henningsvær

Letzte Nacht hat uns der Wind ordentlich durchgeschüttelt, aber wir sind irische Stürme gewohnt und bleiben bei sowas entspannt im Bett liegen. Nach dem Frühstück geht’s nochmal kurz in den Museumsladen, denn das Bücherangebot dort ist hervorragend. Danach klappern wir Ziele aus dem Reiseführer ab. Entgegen dem Wetterbericht hat sich die Sonne hervorgewagt und zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht. Wir fahren nach Hovsund am oberen Zipfel der Insel Gimsøy und stapfen wie die Olsen Bande auf der Hafenmauer entlang, über große Steine und aufgeschichtete Felsbrocken immer unserem Ziel entgegen: dem kleinen Leuchtturm auf der gegenüberliegenden Seite des Hafens. Wir haben im Internet gelesen, dass man dort das Skelett eines Wals sehen kann und damit haben wir Jamie gelockt. Der wollte sogar noch Eimer und Schaufel mitnehmen aber wir konnten ihn davon überzeugen, dass er bestimmt nichts ausbuddeln muss und mitnehmen darf er es sowieso nicht. Dort angekommen, sehen wir das riesige Stück Knochen vor dem Leuchtturm, was ein gutes Fotomotiv hergibt. Wir klettern noch ein bisschen umher und dann den windigen Weg wieder zurück zum Ludwig und müssen dort mit ansehen, wie sich erwachsene Menschen um einen Parkplatz streiten. Da ist sie wieder, die Hassliebe zwischen Fahrern eines PKW und eines Wohnmobils und immer sind die anderen Schuld.



Wir haben in der Zwischenzeit das weitere Vorgehen besprochen und uns für Henningsvær entschieden, was man auch das Venedig des Nordens nennt. Im bekanntesten Fischerdorf der Lofoten wohnen knapp 500 Einwohner und schon die Fahrt dorthin ist ein Genuss fürs Auge. Die Straße schlängelt sich, mal links mal rechts, um die hohen Berge herum und auf den letzten 7km ist sie nur einspurig befahrbar mit zahlreichen Ausweichbuchten für entgegenkommende Fahrzeuge. Die Brücken in den Ort sind, wie viele andere Brücken auf den Lofoten auch, ebenfalls nur einspurig und per Ampelschaltung geregelt. 

Wir überlegen noch, ob wir einen Parkplatz außerhalb des Orts nehmen und hinein laufen sollen, aber es gibt keinen Gehweg und wir müssten direkt an der Straße laufen. Wir riskieren es und fahren auf den total überfüllten städtischen Parkplatz. Dort verstaut gerade jemand seine sieben Sachen im Wohnmobil und gibt uns per Handzeichen zu verstehen, dass er in 2 Minuten weg ist und wir warten sollen. Super! Katja steigt aus um ihn zu fragen, ob wir Platz machen sollen (wir stehen direkt hinter ihm) und erkennt ihn wieder: Wir haben uns mit dem Engländer bereits auf dem Campingplatz in Moskenes unterhalten weil er sich an uns erinnerte, wie wir in Bodø auf dem gleichen Stellplatz übernachtet haben. Ein kurzes Gespräch -wollt Ihr rückwärts fahren? Ach ja, wir kennen uns, toll! Vielen Dank! - und wir haben einen Stellplatz. Am Parkautomaten gibt es wieder keinen Beleg so dass man sich beim Bezahlen merken muss, bis wann man bezahlt hat (2 Stunden 40 NOK) und wir starten unsere kleine Besichtigungstour. 

Wir kommen an der „Trevarefabrikken“ (ehemalige Fabrik für Holzprodukte) vorbei, die zu seinem rustikalen alternativen Café umgestaltet wurde. Der Platz dahinter bietet eine grandiose Aussicht und ist herrlich windgeschützt und so kommt es, wie es kommen musste: wir lassen uns nieder für eine Tasse Cappuccino. Jamie ist beschäftigt und dreimal dürft Ihr raten, wie er sich die Zeit vertreibt. Danach geht’s weiter zum Aussichtspunkt, wo die bekannten „Venedig“ Fotos, also die der Boote im langen Kanal mit den Bergen im Hintergrund entstanden sind. Man ist auf den Besucheransturm vorbereitet, es gibt mehrere Plattformen zum Verweilen und es steht nicht jeder auf der Straße rum. 

Es geht noch ein paar Meter weiter zum nächsten Aussichtspunkt, der völlig zu Unrecht gehypt wird, denn ohne Drohne und Luftaufnahmen gibt’s es dort wenig Sehenswertes. Aber wir möchten Euch natürlich trotzdem aufklären, deswegen gebt doch mal die Begriffe „Hennigsvaer+Stadium“ in die Suchmaschine Eures Vertrauens ein und lasst Euch überraschen. Unsere Parkzeit ist abgelaufen deswegen eilen wir zurück zum Ludwig und fahren knappe 7km zurück zu einer Stelle, die wir zum Übernachten auserkoren hatten aber auch hier ist das Übernachten mittlerweile nicht mehr erwünscht. Manche tun es trotzdem aber wir halten uns daran. In Ermangelung an Alternativen fahren wir wieder zurück nach Henningsvaer (was solls, die Strecke ist toll) und parken dort auf dem offiziellen Stellplatz kurz vorm Ortseingang. 

An ihrer Kommunikation müssen die Norweger noch ein bisschen arbeiten: nirgends finden wir ein Schild, wieviel die Übernachtung kostet. In einer unserer Apps lesen wir 150 NOK, in einer anderen 175 NOK und aus Erfahrung wissen wir, dass nichts stetiger ist als der Preisanstieg. Am Parkautomaten auch keine Info, nur über das stundenweise Bezahlen. Also laden wir die blöde EasyPark App herunter (wir mögen keine Apps, die unsere Zahlungsdaten kennen!) und da wollen sie 200 NOK. Das Beste kommt aber noch: das Parkplatz Klo kostet extra und das Entleeren der WC Kassette auch nochmal. Wasser gibt’s natürlich auch keins. Also viel Geld für nix Service, das ist schon ziemlich dreist. Bevor sich Katja um das Abendessen kümmert, erklimmen wir noch den kleinen Berg hinter dem Klohäuschen und bewundern die schöne Aussicht auf die Buchten auf beiden Seiten, auf unseren Stellplatz und auf Henningsvaer. Das hat sich gelohnt, versichert uns sogar Jamie mehrere Male beim Abstieg.





Fahrt nach Hennes, mit oder ohne Fähre?!

Ein neuer Morgen bricht an. Das Wetter scheint noch unentschlossen, was es heute bieten möchte, momentan sieht es eher nach Regen aus. Wir brechen auf und fahren die 7km zurück zur Abzweigung. Jamie wollte dort gestern am Strand noch spielen und wir hatten es ihm für heute versprochen, aber es ist Flut und der schöne Sandstrand ist komplett verschwunden. Gut für uns, denn so können wir gleich weiter (Rabeneltern!). Von dem Sachsen auf dem Parkplatz des Wikingermuseums („die können mir mal den Buckel runterrutschen“) haben wir die Empfehlung für einen schönen Campingplatz erhalten und so fahren wir dort hin. Das Wetter bessert sich zunehmend und um die Mittagszeit kommt die Sonne raus und wir bestaunen einen blauen Himmel. Eigentlich hätte die Fahrt heute gar nicht so lang werden sollen, uneigentlich kommt halt manchmal etwas dazwischen. Ganz überrascht sind wir, als das Navi meint, dass wir in 2 km auf die Fähre auffahren sollen, denn die hatten wir nicht auf dem Schirm. Und als wir am kleinen Fährhafen in Hanøy ankommen, sieht es nicht so aus, als ob hier heute eine Fähre ablegen wird. Katja steigt aus und hofft, einen Fahrplan zu finden. Ja den gibt es, allerdings endet der am 30.01.2024. Tommy studiert die Karten, das Navi und Google Maps und alle haben sich auf die Fähre versteift, so dass es einige Überredungskunst braucht, bis wir eine alternative Route angezeigt bekommen. Die dauert natürlich länger und so sind wir noch einmal 1,5 Stunden unterwegs. 

Die Insel Hinnøya ist unser Ziel und sie ist die größte der Inseln vor Norwegen und dient den meisten doch nur als Zufahrt zu den weiter südlich gelegenen Lofoten. Während wir uns die einspurige und kurvige 822 an der Küste entlang fortbewegen, können wir rechterhand den Küstenverlauf und die bildgewaltige Berglandschaft der Insel Vesterålen verfolgen. Ob wir dieser Insel einen Besuch abstatten werden, ist noch nicht abschließend geklärt. Im Süden von Hinnøya liegt der Møysalen, mit 1.262 m Höhe ihr höchster Berg. Und genau dort, in Hennes werden wir heute übernachten. Hier stehen wir nun in einem prächtigen Bergpanorama und die Sonne ist uns seit dem frühen Nachmittag wohlgesonnen. Der Wind ist zwar ziemlich kühl, lässt aber zum Abend hin merklich nach. Für den Campingplatz löhnen wir 300 NOK können aber sogar Waschmaschine und Trockner umsonst mitbenutzen. Gut, Katja ist also für den Nachmittag beschäftigt aber ein kurzer Spaziergang mit der Kamera ist immer drin. 

Kurz nach unserer Ankunft werden wir von einem jungen Mann angesprochen, der für die lokale Zeitung arbeitet und einen Beitrag über den Campingplatz schreibt. Ob er uns ein paar Fragen stellen und ein Foto von uns machen dürfte. Na klar, darf er, uns kennt ja hier niemand. Was sich ja bald ändern wird. Die Zeitung ist so klein, dass es keine Onlineausgabe davon gibt, wir werden den Beitrag leider nie zu Gesicht bekommen. Im Übrigen finden wir den Fahrplan der Fähre, diesmal sogar aktuell bis zum 30.01.2025 aber wir haben hier noch nichts Größeres auf dem Wasser rumschippern sehen – vielleicht hätten wir mit unserem Ludwig gar nicht drauf gepasst.



wir besuchen die Vesterålen und starten in Bø

Kurz vor Mitternacht wird plötzlich der Wind extrem geschäftig, er weht bis in den Morgen und schüttelt uns kräftig durch. Die Sonne ist bereits fleißig, als wir erwachen und Katja geht erstmal duschen. Nach dem Frühstück muss auch Jamie dran glauben und hinterher saust er wie ein Wirbelwind über den Hof und erzählt jedem, wie erfrischend so eine Dusche doch sei. Den Rest des Vormittags herrscht bei uns reges Treiben: Geschirr spülen, Ludwig saugen, Wäsche wegräumen, Ludwig aufräumen und abreisefertig machen, Entsorgen und Frischwasser tanken. Jamie hilft fleißig mit und hat Spaß dabei (das ist nicht immer der Fall). 

Gestern bei der Reiseplanung haben wir uns entschieden, Vesterålen einen Besuch abzustatten, deswegen steht heute als erster Stopp Sortland auf dem Programm; in die Stadt rollt man regelrecht hinein, wenn man die Brücke von Hinnøya nimmt. Dort gibt es die Firma Hålogaland Varmeservice AS, die alle Arten von Gasflaschen auffüllt. Wir fahren eine inzwischen leere 5kg Flasche mit uns herum und waren uns sicher, dass die große 11kg Flasche bald leer sein müsste. Beim Füllen meint er, dass sie noch halb voll ist. Wahnsinn, wie sparsam wir diesmal sind! Und Wahnsinn, wie einfach das Befüllen der Flaschen geht. Was hatten wir bisher für ein Theater mit fremden Gasflaschen (anderes System), Adaptern und nochmal anderen Adaptern und keiner füllte direkt, sondern tauschte die Flaschen nur. In England haben wir zeitweise ein ganzes Gasflaschenlager mit uns spazieren gefahren (die ganze Geschichte dazu gibt es hier zum Nachlesen). Und hier wird ohne Mucks einfach jedes System gefüllt. Jetzt haben wir 3 volle Gasflaschen, das wird uns eine ganze Weile reichen! Wir kaufen noch fix was ein, diesmal im großen Rema 1000 (vor ein paar Tagen am Sonntag waren wir im Mini Rema 1000) und dann geht’s los auf Entdeckertour auf einer neuen Insel, auf ins Städtchen

Auch hier gibt es hohe Berge, an denen man sich überhaupt nicht satt sehen kann, sie begleiten uns die gesamte Fahrt über mal links, mal rechts und oft direkt vor uns. Die letzten Kilometer vor unserem Ziel hat man rechterhand einen herrlichen Blick auf viele kleine Inselchen und in der Ferne kann man einen Blick auf die Lofoten erhaschen. Einfach traumhaft. Und dann sehen wir sie schon, die kleine rote Kirche von , die sich außerhalb der Ortschaft befindet. Diesmal hat der Reiseführer Recht, es findet sich kein Verbotsschild bezüglich Übernachtung und Camping, das ist ja leider nicht immer so. Also bleiben wir, es gibt einen kleinen Snack und anschließend laufen wir runter zum Wasser für einige Fotos und eine Handvoll Muscheln. Abends kommt noch der Hausmeister vorbei und mäht den Rasen, mehr Aufregung gibt es nicht mehr bis kurz vor Mitternacht, als wir in der Ferne ein paar Elche beim Füttern und Herumtollen beobachten.




auf nach Hovden, ans Ende der Welt 

Nach dem Frühstück fällt Jamie wieder ein, dass er eine Gießkanne in der Garage hat und verspürt den Drang, irgendetwas zu gießen. Nachdem wir ihm ausgeredet haben, seine Autos zu gießen, beglückt er einiges Unkraut am Wegesrand. Wir fahren dann die Straße von gestern wieder zurück und halten an dem Picknickplatz direkt an der Straße, weil man dort nochmal ein bisschen erkunden kann. Wir ärgern uns, dass wir das nicht gestern noch gemacht haben, da war der Himmel blau und man hatte eine herrliche Sicht: heute ist alles grau und wolkenverhangen, die Berge in der Ferne sieht man so gut wie gar nicht. Schade. Wir finden eine kleine, an den Fels gebaute Grillhütte, die für jedermann zugänglich ist und zum Grillen und Ausruhen genutzt werden darf. Auch schade, dass wir die gestern nicht gesehen haben. In Vinje fahren wir am Heimatmuseum vorbei bis vor an die Mole und parken unseren Ludwig kurz, da wir die Statur „Man of sea“ (Mannen fra havet) suchen. Sie wird schnell gefunden, fotografiert und beim Rückweg stolpern wir über einen Spielplatz, so dass wir dort für eine Weile erstmal nicht wegkommen. Der Mann des Meeres hält übrigens einen Kristall in der Hand, der das Licht strahlend reflektiert, wenn es im richtigen Winkel eintrifft. Der Kristall dient als eine Art Opfer für das Meer und symbolisiert das Licht eines Leuchtturms. 


Ganz spontan entscheiden wir uns für das Ziel Hovden und je näher wir dem kleinen Ort kommen, desto schlechter ist der Zustand der Straße. Entlang der Straße finden sich einige kleine Park- und eventuell Übernachtungsmöglichkeiten aber wir möchten uns den Ort anschauen. Der Reiseführer hat einen besonders schönen Stellplatz aufgezeigt, dieser befindet sich ganz am Ende der Mole (des Wellenbrechers). Anfangs sind wir uns nicht sicher, ob wir überhaupt dort hinfahren dürfen, aber es gibt kein Befahrverbot. Hier stehen wir nun ganz in der Nähe des kleinen Molenfeuers an der Mündung zum Hafen und könnten den ein- oder ausfahrenden Schiffen zum Gruß winken. Bloß ist hier mal wieder nichts los. Dieser Ort wirkt genauso ausgestorben, wie bereits viele andere vor ihm auch. Außer Touristen sind wir niemandem begegnet, man hat das Gefühl, als befände man sich in einem Geisterdorf. Nun ja, hoffen wir mal, dass die Geister nicht so weit zu uns hinauskommen. Da Jamie den letzten Sandstrand aufgrund der Flut nicht beackern konnte, laufen wir heute mit seinem Sandspielzeug rüber zum idyllisch gelegenen Strand, eingerahmt in hohe Berge und Stockfischgestelle und dort kann er sich austoben. Katja geht etwas früher zum Ludwig zurück, um sich um das Abendessen zu kümmern, die beiden Männer kommen nach. Später am Abend setzt heftiger Regen ein und trommelt noch immer auf unser Dach, als wir uns gegen Mitternacht ins Bett begeben. Mit dem Wetter haben wir momentan kein Glück!



Sonntag, 7. Juli 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 6 - endlich auf den Lofoten

 

Vom Polarkreis nach Rusånes, ein Tag der vielen Fotostopps 

Die Nacht war erstaunlich mild, Katja hat es ohne Schlafsack geschafft (ein guter Indikator für die nächtlichen Temperaturen). Wir haben es nicht mehr so eilig, nach Bodø zu kommen, wo die Fähre auf die Lofoten ablegt, und so lassen wir es ruhig angehen. Wir schreiben noch unsere Postkarten (ja in Echt, auf Papier mit Briefmarke und so) und werfen diese in den Polarkreis Briefkasten. Wir hoffen, dass sie einen extra schönen Poststempel bekommen werden! Wir fragen uns, wo so früh schon wieder all die Leute herkommen, bereits gegen 9 Uhr ist schon wieder Verkehr wie auf einem Rummelplatz. Das Polarkreis Center steht im Niemandsland, keine Ahnung wann und wo die anderen Reisenden ihren Tag beginnen. Für heute haben wir keine lange Strecke, dafür aber einige Fotostopps geplant und so parken wir nach einigen Kilometern an der Straße und Katja läuft los, um den wilden Lønselva zu fotografieren, der neben der Straße ins Tal stürzt. Direkt an der Straße möchte sie aufgrund der rasenden LKWs nicht laufen und findet einen kleinen Weg durch den Wald, der direkt zu einer kleinen Felsenlandschaft führt, von wo man den Fluss wunderbar beobachten kann. Sie läuft also zurück, um ihre beiden Männer zu holen und gemeinsam schauen wir uns das Wasserspektakel an. Leider findet Jamie so gut wie keine Steine zum ins Wasser werfen, das gibt leider einen Punkt Abzug bei unserer Gesamtbewertung (grins). 

Auf dem Hinweg hatten wir gestern mehrere Hängebrücken gesehen, die wir heute eigentlich mal testen wollten, aber heute entgehen sie unseren Blicken (bis auf eine, dort kam man aber aufgrund des sumpfigen Gebietes nicht hin). Beim nächsten Stopp kurz hinter einer Brücke treffen wir mit einem älteren deutschen Pärchen zusammen, das ihren Rastplatz und die dazugehörige Picknickbank unerschrocken verteidigt. Dabei wollten wir doch nur kurz Bilder machen. Irgendwie typisch Deutsch, dieses Besitzdenken (meins!). Schade, die Hängebrücke haben wir also verpasst, aber wir fahren weiter und halten kurz für Elche an der Straße, werden dafür aber von zwei LKWs ausgehupt und fast über den Haufen gefahren, die viel zu schnell die E6 entlang donnern. 

Noch ein paar Kilometer weiter stoppen wir am Saltdal Touristsenter (das wird wirklich so geschrieben) und machen uns bereit für eine längere Wanderung. Bei uns heißt das, wir packen neben den Kameras auch was zu Trinken und was zu Essen ein. Wir haben Jamie damit gelockt, heute über eine Hängebrücke zu gehen, das steht noch aus. Die Wanderung verläuft nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten, denn sie scheint entgegen der Wanderkarte auf dem Parkplatz kein Rundwanderweg zu sein. Wir steigen den Berg hinauf, es geht immer höher und immer steiler aber ein Ende ist nicht in Sicht. Bei den Beinen unseres Kindes bahnt sich wieder eine Funktionsstörung an und Hunger hat es auch. Katja kann Tommy irgendwann mit Hilfe von Google Maps davon überzeugen, dass es wohl kein Rundwanderweg ist und so kehren wir wieder um. 

Wieder unten angekommen, haben wir uns ein kleines Eis verdient. Außerdem hat sich Tommy die Beschwerden von Katja bezüglich dreckiger Scheiben zu Herzen genommen. Zielstrebig schnappt er sich den Putzeimer von der Tankstelle und bearbeitet unsere Scheiben. Der Durchblick danach ist bombastisch! Dann geht es weiter. Wieder ein paar Kilometer zu unserem heutigen Stellpatz in Rusånes. Beim Finden beweist unser Navi wieder mal seine Inkompetenz und ist am Ende fast noch beleidigt, dass wir nicht den traktorgeeigneten Feldweg ins Nichts nehmen und lieber wieder umkehren. Der Platz ist so ruhig, dass wir dort noch nicht mal Internet für den Sandmann haben, aber Jamie schafft es auch ohne ins Bett. Bevor wir ins Bett gehen, genießen wir gegen Mitternacht noch einen blutroten Himmel, der auch gut als Abendröte durchgehen könnte, wenn man nicht auf die Uhr schaut. Wir sind ja nun oberhalb des Polarkreises und inzwischen haben wir noch nicht mal mehr eine Abenddämmerung.




kurze Fahrt nach Bodø

Heute soll es also nach Bodø gehen und auch heute können wir uns wieder Zeit lassen. Zwischendurch gibt’s zwei Fotostopps, aber wir sind trotzdem schon um die Mittagszeit am Zielort angelangt. In der Nähe des Fährhafens gibt es mehrere kostenpflichtige Stellplatzmöglichkeiten und wir haben uns für den Parkplatz hinter der Esso Tankstelle entschieden. Wir zahlen 200 NOK ohne Strom und können dafür aber auch ver- und entsorgen (was die anderen Plätze nicht haben). Der Tag ist noch jung, was tun? Jamie hat heute zu nichts Lust, er legt sich demonstrativ hinten ins Bett und hört seine Geschichten. Toll, den bekommen wir heute nicht zum sightseeing. Das Stadtzentrum wäre aber sowieso viel zu weit weg….. Wir entschließen uns, den Dreckspatz Ludwig in der Selbst-Waschanlage von mehreren Wochen Dreck zu befreien und Tommy ist eine ganze Weile damit beschäftigt. Wir zahlen dafür 120 NOK und zu Hause hätten wir das für den Preis nicht bekommen. Tommy möchte die Stadt erkunden also bleibt Katja bei Jamie und sie vertreiben sich die Zeit mit Spielen. Als Tommy wieder da ist, gehen wir kurz zum Bäcker nebenan und kaufen bei Biltema (der mit den schwedischen Preisen) einen neuen 15 Liter Kanister für Frischwasser. Wir lassen den Tag nicht so spät ausklingen, weil wir morgen 7 Uhr die Fähre auf die Lofoten nehmen wollen. Tommy entsorgt noch, Wasser haben wir vorher schon aufgefüllt. Außerdem räumen wir bereits auf und Frühstück ist auch schon geschmiert und in Brotbüchsen verpackt. Den Wecker stellen wir auf 5:30 Uhr……



mit der Fähre auf die Lofoten

Der klingelt gefühlt kurz danach und wir stehen auf. Jamie wird nicht wach, aber da wir in der Fährschlange sowieso warten müssen, lassen wir ihn einfach liegen. Es sind ja nur ein paar Meter bis zum Terminal. Dort stehen so gut wie keine Autos, das ist irgendwie verdächtig, aber es ist ja noch eine ganze Stunde Zeit. Wir warten gar nicht lange, da wird bereits das Ticket kontrolliert (wieder kein Wort über das Ausschalten der Gasanlage bei Wohnmobilen) und wir können auf die Fähre fahren. Dann geht alles doch recht schnell, wir schmeißen Jamie sanft aus dem Bett, ziehen ihn an und verlassen unseren Ludwig. Wir suchen uns einen Platz auf der Fähre und packen unser Frühstück aus. Die Fähre verlässt den Hafen so ca. 6:30 Uhr, vermutlich war sie bereits voll und muss auf niemanden mehr warten. 

Die Details darüber, wie wir uns 3,5 Stunden beschäftigt haben, möchten wir Euch ersparen. Wir fahren in Moskenes von der Fähre und 95% der Wohnmobile biegen an der Kreuzung nach links ab in Richtung Å (oder auch Å i Lofoten, für diejenigen die es etwas länger mögen). In der Siedlung wohnen rund 100 Einwohner und im Sommer kann man sicherlich eine 0 dranhängen, denn die meisten Hütten sind Touristenunterkünfte. Das Ende der Straße erreicht man durch einen Tunnel und weiter südlich kommt man auf den Lofoten mit dem fahrbaren Untersatz nicht. Von hier an bewegt man seine Beine, hüpft von Stein zu Stein über nasse Moospolster und genießt den Ausblick auf den letzten Zipfel Lofoten-„Festland“ und die beiden Vogelinseln Værøy und Røst

Außerdem kann man von hier in die Siedlung laufen, sich einen Weg bahnen um die vielen Stelzenhäuser herum auf der Suche nach einer Brücke über die Wasserarme, um die viel befahrene Hauptstraße zu meiden. Die Hälfte der Siedlung besteht aus Gebäuden, die dem Fischereimuseum angehören, dort hängen auch ein paar Stockfische zu Demonstrationszwecken. Überall sieht man die leeren Stockfischgestelle, die vermutlich zu einer anderen Jahreszeit gefüllt werden. Alles über die Stockfischerei kann man im weltweit einzigartigen Stockfischmuseum erlernen (Tørrfisk-Museum) aber für Jamie wäre das sicherlich nicht sonderlich interessant gewesen. Bei ihm setzt schon wieder der „wann-gehen-wir-endlich-zurück-Modus“ ein. Zurück im Ludwig gibts nen kleinen Snack und vom Gefühl her ist es Nachmittag, aber da wir unseren Tag so früh begonnen hatten, ist es gerade mal Mittagszeit. Der Parkplatz hat sich mittlerweile gut gefüllt, klar denn er bietet die einzige Möglichkeit zum Parken für alle möglichen fahrbaren Untersätze. Wie soll der Tag nun weitergehen? 

Wir entscheiden uns für Moskenes, wo die Fähre angelegt hatte und fahren dort auf den Campingplatz. Weil es noch so früh ist, ergattern wir einen der besten Plätze oben auf dem Berg. Gerade als Tisch und Stühle draußen aufgestellt sind, zieht es sich zu und später regnet es sogar für eine knappe Stunde. Nicht schön aber bisher sehr selten während unserer Zeit in Norwegen. Katja darf heute ein wenig fotografieren gehen und Tommy bespaßt währenddessen Jamie. Der Fotoausflug stellt sich allerdings als nicht so ergiebig heraus, denn vom Fährhafen kommt man als Fußgänger nicht weit, es sei denn man bevorzugt das Laufen am eigentlich nicht existenten Seitenstreifen der stark befahrenen Straße. Als Jamie im Bett liegt, beobachten wir interessiert nach jedem Eintreffen der Fähre im Hafen, wie die Neuankömmlinge auf den Campingplatz strömen und die Sucherei nach dem besten aller Stellplätze von vorne beginnt. Schon merkwürdig, wie Leute erwarten können, 22:30 Uhr auf einen fast vollen Platz zu fahren und die tollste Aussicht zu bekommen. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.


Lofoten Sightseeing in Reine und Hamnøy und ganz viel Stockfisch

Ein neuer Tag, grauer Himmel und dementsprechend kühlere Temperaturen. Viele Kilometer sind wir heute nicht gefahren aber wir haben einige Fotostopps eingelegt. Das erste Mal parken wir in Reine auf dem einzigen Platz, der groß genug ist, um viele Wohnmobile beherbergen zu können. Aber der kostet natürlich (für 1,5 Stunden 35 NOK) und deshalb gibt es einige Womo Fahrer, die sich lieber im Ort irgendwo hinquetschen, wo es eigentlich zu eng für sie ist. Wir stellen wiederholt fest, dass wir zu anständig dafür sind. Wir laufen die paar Meter auf die Brücke am Ortseingang zurück, wo man das berühmte Postkartenmotiv von Reine fotografieren kann, das die meisten mit den Lofoten in Verbindung bringen. Leider hat es keinen blauen Himmel heute, aber so ist das eben mit dem Wetter. 

Was gestern in Å an Stockfisch gefehlt hat, ist heute in Massen vorhanden, fast alle Gestelle sind voll behangen. Dabei werden die Körper getrennt von den Köpfen getrocknet. Von einem Schild lernen wir, dass der Dorsch noch wie zu Wikingerzeiten im Februar /März im Fischerdorf zum Trocknen auf den Gestellen aufgehängt wird, gesalzen wird nicht zusätzlich, das erledigt das Salzwasser. Trocken ist der Fisch dann im Juni (heute ist der 1. Juni und wir schauen beim „Ernten“ zu), er wird abgenommen und im Lager nach 20 verschiedenen Qualitäten sortiert, verpackt und dann ins Ausland verkauft. Die Köpfe gehen nach Nigeria, wo man sie in der traditionellen einheimischen Küche verwendet. 

Wir verlassen Reine und stehen an einer Ampel (nicht die letzte heute) und haben zwei Speed-Fahrräder vor uns (die sehen fast aus wie Rollstuhl-Fahrräder). Wahnsinn, dass man sich auf diesen engen Straßen mit so was fortbewegen muss! Die sind so klein, dass der Sensor der Ampel sie nicht erfasst und wir beim Warten auf Grün eine Ehrenrunde drehen. Während wir warten, drängeln sich noch andere Fahrräder nach vorne und wir müssen beim Abbiegen schon wieder höllisch aufpassen, niemanden von denen über den Haufen zu fahren. Der Übergang zum Nachbarort ist fast fließend, Hamnøy kennt man ebenfalls aus den Lofoten Prospekten der Reisebüros. Und seit heute wissen wir auch warum: In Hamnøy leben nur ca. 100 Menschen, die fotogenen traditionellen roten Fischerhäuschen, genannt Rorbuer, werden fast ausschließlich an Touristen vermietet. Wir laufen ein wenig im Dorf umher und es wirkt wie ausgestorben. 

Über einige Rorbuer ist gerade die Putzkolonne hergefallen aber die Hauptreisezeit scheint hier noch nicht angebrochen zu sein. In Ermangelung eines passenden Parkplatzes fahren wir an der Stelle vorbei, wo man die Postkartenmotive des Orts fotografieren kann, denn der Seitenstreifen wird gerade von anderen Wohnmobilen in Beschlag genommen. Schade. Ganz generell ist die Stellplatzsituation gelinde gesagt sehr beschränkt in den Lofoten, denn die meisten Freisteher Plätze sind inzwischen mit „No Camping/ no overnight parking“ Schildern übersäht. Die Plätze, wo man noch kostenlos irgendwo stehen kann, befinden sich unmittelbar an einer Straße, meistens noch die stark befahrene E10 und darauf haben wir keine Lust. Deswegen fahren wir noch eine knappe Dreiviertelstunde in das Dorf Vitken, wo wir zwar auch an der Straße stehen, aber es handelt sich um eine wenig befahrene Straße. Unsere Hausbatterie hat es uns gedankt, denn die Sonne fehlt uns momentan für unsere Stromversorgung. Wir laufen noch ein wenig am Strand und im Ort umher und dann ist es auch schon wieder Zeit für das Abendprogramm.




von Vitken zum Lofotr Wikingermuseum in Bøstad

Der Bauer ist gestern noch bis Mitternacht mit seinem Traktor hin und her gefahren, denn es ist noch taghell und man kann wunderbar weiterarbeiten. Wir haben uns dabei gefragt, wie sich die Polartage und -nächte wohl auf die Pflanzen- und Tierwelt auswirken. Wir erwachen an einem grauen Morgen und es tröpfelt immer mal wieder. Außerdem wird’s auch nicht richtig warm im Ludwig. Der Wetterbericht sagt Regen für die kommenden Tage voraus sowie Tageshöchsttemperaturen von 9 bis 12 Grad. Na wunderbar! Wir brechen auf und legen ein kleines Stück des gestrigen Weges auf der einspurigen Straße zurück. Ziel ist der Haukland Strand, der mit seinem weißen Sand und den ihn hohen umgebenen Bergen ein tolles Fotomotiv hergibt, aber mit blauem Himmel und Sonnenschein wirkts halt doch besser als mit weißem /grauen Himmel. 


Wir sichten einige Zelte und manch einer putzt sich gerade die Zähne, als wir auf dem Parkplatz ankommen. Wenn man bedenkt, dass es einigen Mitreisenden heute Morgen im Ludwig schon fast zu kalt war….. hoffen wir für die Zeltschläfer, dass sie gute Baumwollunterwäsche haben! Nach ein paar Fotos geht’s weiter durch den Tunnel, obwohl wir vermuten, dass es dort nicht weitergeht. Ein Stellplatz ist ausgeschrieben, aber er kostet laut Internetrecherche 250 NOK, hat aber außer der Aussicht und einem Klo nichts zu bieten. Der Tunnel ist zwar breit genug für Gegenverkehr aber nur einspurig bemalt, denn man hat links und rechts Platz für Fußgänger (?) gelassen. Und dass, wo es doch Wanderwege um den Berg herum gibt und für das Wandern kommen die meisten Besucher bei diesem Wetter her. Es gibt genügend Ausweichstellen im Tunnel, so dass man bei Gegenverkehr nicht rückwärts wieder rausfahren muss. Wir gucken, machen nicht mal ein Foto und kehren wieder um. 


Bevor wir zum Strand gefahren sind, waren wir noch fix in Leknes einkaufen. Wir sahen den großen Supermarkt und freuten uns schon auf ein großes Sortiment, als wir ein Schild sehen, dass man sonntags bitte den linken Eingang benutzen soll. Dort hat man eine Miniversion des Supermarkts eingerichtet mit einem abgespeckten Warenangebot und 4 kleinen Regalen. Vermutlich möchte man sonntags Personal einsparen. 

Ein Blick in die Stellplatz Apps und in den Reiseführer klärt uns darüber auf, dass man am Lofotr Wikingermuseum in Bøstad auch über Nacht stehen kann und so fahren wir dorthin. Schon von weitem sieht man die schier endlosen Wohnmobile auf dem Parkplatz. Wahnsinn, wie sich der Touristenstrom an einigen Stellen immer wieder bündelt. Ins Museum gehen wir nicht, weil unser Sohnemann heute zu gar nichts Lust hat. Auf den kleinen Spaziergang zum Spielplatz lässt er sich gerade noch ein. Dort treffen wir auf zwei norwegische Jungs Oliver und Kent mit ihrem Fußball, die Jamie mitspielen lassen. Als Tommy die zwei fragt, ob sie englisch sprechen, möchte Katja schon losprusten – was soll man bitte von 8-jährigen erwarten? Aber zu unserer Überraschung sprechen sie sehr gut Englisch und können sogar ganz alltägliche Situationen beschreiben. Sie unterhalten sich sogar Jamie zuliebe auf Englisch, bis sie kapieren, dass Jamie sie überhaupt nicht versteht. 

Zurück am Ludwig hat sich der Parkplatz gelichtet, fast alle Wohnmobile sind weg. Wissen die mehr als wir? Auf dem ganzen Parkplatz und auch im Kassen- und Eingangsbereich des Museums finden sich keine Hinweise für ein Übernachtungsverbot, die allgemeinen „no-camping-Schilder“ glänzen ebenfalls durch Abwesenheit. Tommy klopft an die Tür von einem deutschen Wohnmobil, das sich scheinbar auf die Nacht eingestellt hat und kommt mit denen ins Gespräch. Sie bleiben auch, sie geben morgen im Museum Geld aus, „die können uns mal den Buckel runterrutschen“. Nagut, wir bleiben auch und lassen uns überraschen.