dieser Reisebericht besteht inzwischen aus 7 Teilen, hier ist der letzte Teil zu finden.
Auf Skelettsuche in Hovsund und ein Abstecher nach Henningsvær
Letzte Nacht hat uns der Wind
ordentlich durchgeschüttelt, aber wir sind irische Stürme gewohnt und bleiben
bei sowas entspannt im Bett liegen. Nach dem Frühstück geht’s nochmal kurz in
den Museumsladen, denn das Bücherangebot dort ist hervorragend. Danach klappern
wir Ziele aus dem Reiseführer ab. Entgegen dem Wetterbericht hat sich die Sonne
hervorgewagt und zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht. Wir fahren nach Hovsund
am oberen Zipfel der Insel Gimsøy und stapfen wie die Olsen Bande auf der
Hafenmauer entlang, über große Steine und aufgeschichtete Felsbrocken immer
unserem Ziel entgegen: dem kleinen Leuchtturm auf der gegenüberliegenden Seite
des Hafens. Wir haben im Internet gelesen, dass man dort das Skelett eines Wals
sehen kann und damit haben wir Jamie gelockt. Der wollte sogar noch Eimer und
Schaufel mitnehmen aber wir konnten ihn davon überzeugen, dass er bestimmt
nichts ausbuddeln muss und mitnehmen darf er es sowieso nicht. Dort angekommen,
sehen wir das riesige Stück Knochen vor dem Leuchtturm, was ein gutes Fotomotiv
hergibt. Wir klettern noch ein bisschen umher und dann den windigen Weg wieder
zurück zum Ludwig und müssen dort mit ansehen, wie sich erwachsene Menschen um
einen Parkplatz streiten. Da ist sie wieder, die Hassliebe zwischen Fahrern
eines PKW und eines Wohnmobils und immer sind die anderen Schuld.
Wir haben in der Zwischenzeit das weitere Vorgehen besprochen und uns für Henningsvær entschieden, was man auch das Venedig des Nordens nennt. Im bekanntesten Fischerdorf der Lofoten wohnen knapp 500 Einwohner und schon die Fahrt dorthin ist ein Genuss fürs Auge. Die Straße schlängelt sich, mal links mal rechts, um die hohen Berge herum und auf den letzten 7km ist sie nur einspurig befahrbar mit zahlreichen Ausweichbuchten für entgegenkommende Fahrzeuge. Die Brücken in den Ort sind, wie viele andere Brücken auf den Lofoten auch, ebenfalls nur einspurig und per Ampelschaltung geregelt.
Wir überlegen noch, ob wir einen Parkplatz außerhalb des Orts nehmen und hinein laufen sollen, aber es gibt keinen Gehweg und wir müssten direkt an der Straße laufen. Wir riskieren es und fahren auf den total überfüllten städtischen Parkplatz. Dort verstaut gerade jemand seine sieben Sachen im Wohnmobil und gibt uns per Handzeichen zu verstehen, dass er in 2 Minuten weg ist und wir warten sollen. Super! Katja steigt aus um ihn zu fragen, ob wir Platz machen sollen (wir stehen direkt hinter ihm) und erkennt ihn wieder: Wir haben uns mit dem Engländer bereits auf dem Campingplatz in Moskenes unterhalten weil er sich an uns erinnerte, wie wir in Bodø auf dem gleichen Stellplatz übernachtet haben. Ein kurzes Gespräch -wollt Ihr rückwärts fahren? Ach ja, wir kennen uns, toll! Vielen Dank! - und wir haben einen Stellplatz. Am Parkautomaten gibt es wieder keinen Beleg so dass man sich beim Bezahlen merken muss, bis wann man bezahlt hat (2 Stunden 40 NOK) und wir starten unsere kleine Besichtigungstour.
Wir kommen an der „Trevarefabrikken“ (ehemalige Fabrik für Holzprodukte) vorbei, die zu seinem rustikalen alternativen Café umgestaltet wurde. Der Platz dahinter bietet eine grandiose Aussicht und ist herrlich windgeschützt und so kommt es, wie es kommen musste: wir lassen uns nieder für eine Tasse Cappuccino. Jamie ist beschäftigt und dreimal dürft Ihr raten, wie er sich die Zeit vertreibt. Danach geht’s weiter zum Aussichtspunkt, wo die bekannten „Venedig“ Fotos, also die der Boote im langen Kanal mit den Bergen im Hintergrund entstanden sind. Man ist auf den Besucheransturm vorbereitet, es gibt mehrere Plattformen zum Verweilen und es steht nicht jeder auf der Straße rum.
Es geht noch ein paar Meter weiter zum nächsten Aussichtspunkt, der völlig zu Unrecht gehypt wird, denn ohne Drohne und Luftaufnahmen gibt’s es dort wenig Sehenswertes. Aber wir möchten Euch natürlich trotzdem aufklären, deswegen gebt doch mal die Begriffe „Hennigsvaer+Stadium“ in die Suchmaschine Eures Vertrauens ein und lasst Euch überraschen. Unsere Parkzeit ist abgelaufen deswegen eilen wir zurück zum Ludwig und fahren knappe 7km zurück zu einer Stelle, die wir zum Übernachten auserkoren hatten aber auch hier ist das Übernachten mittlerweile nicht mehr erwünscht. Manche tun es trotzdem aber wir halten uns daran. In Ermangelung an Alternativen fahren wir wieder zurück nach Henningsvaer (was solls, die Strecke ist toll) und parken dort auf dem offiziellen Stellplatz kurz vorm Ortseingang.
An ihrer Kommunikation müssen die Norweger noch ein bisschen arbeiten: nirgends finden wir ein Schild, wieviel die Übernachtung kostet. In einer unserer Apps lesen wir 150 NOK, in einer anderen 175 NOK und aus Erfahrung wissen wir, dass nichts stetiger ist als der Preisanstieg. Am Parkautomaten auch keine Info, nur über das stundenweise Bezahlen. Also laden wir die blöde EasyPark App herunter (wir mögen keine Apps, die unsere Zahlungsdaten kennen!) und da wollen sie 200 NOK. Das Beste kommt aber noch: das Parkplatz Klo kostet extra und das Entleeren der WC Kassette auch nochmal. Wasser gibt’s natürlich auch keins. Also viel Geld für nix Service, das ist schon ziemlich dreist. Bevor sich Katja um das Abendessen kümmert, erklimmen wir noch den kleinen Berg hinter dem Klohäuschen und bewundern die schöne Aussicht auf die Buchten auf beiden Seiten, auf unseren Stellplatz und auf Henningsvaer. Das hat sich gelohnt, versichert uns sogar Jamie mehrere Male beim Abstieg.
Fahrt nach Hennes, mit oder ohne Fähre?!
Ein neuer Morgen bricht an. Das Wetter scheint noch unentschlossen, was es heute bieten möchte, momentan sieht es eher nach Regen aus. Wir brechen auf und fahren die 7km zurück zur Abzweigung. Jamie wollte dort gestern am Strand noch spielen und wir hatten es ihm für heute versprochen, aber es ist Flut und der schöne Sandstrand ist komplett verschwunden. Gut für uns, denn so können wir gleich weiter (Rabeneltern!). Von dem Sachsen auf dem Parkplatz des Wikingermuseums („die können mir mal den Buckel runterrutschen“) haben wir die Empfehlung für einen schönen Campingplatz erhalten und so fahren wir dort hin. Das Wetter bessert sich zunehmend und um die Mittagszeit kommt die Sonne raus und wir bestaunen einen blauen Himmel. Eigentlich hätte die Fahrt heute gar nicht so lang werden sollen, uneigentlich kommt halt manchmal etwas dazwischen. Ganz überrascht sind wir, als das Navi meint, dass wir in 2 km auf die Fähre auffahren sollen, denn die hatten wir nicht auf dem Schirm. Und als wir am kleinen Fährhafen in Hanøy ankommen, sieht es nicht so aus, als ob hier heute eine Fähre ablegen wird. Katja steigt aus und hofft, einen Fahrplan zu finden. Ja den gibt es, allerdings endet der am 30.01.2024. Tommy studiert die Karten, das Navi und Google Maps und alle haben sich auf die Fähre versteift, so dass es einige Überredungskunst braucht, bis wir eine alternative Route angezeigt bekommen. Die dauert natürlich länger und so sind wir noch einmal 1,5 Stunden unterwegs.
Die Insel Hinnøya ist unser Ziel und sie ist die größte der Inseln vor Norwegen und dient den meisten doch nur als Zufahrt zu den weiter südlich gelegenen Lofoten. Während wir uns die einspurige und kurvige 822 an der Küste entlang fortbewegen, können wir rechterhand den Küstenverlauf und die bildgewaltige Berglandschaft der Insel Vesterålen verfolgen. Ob wir dieser Insel einen Besuch abstatten werden, ist noch nicht abschließend geklärt. Im Süden von Hinnøya liegt der Møysalen, mit 1.262 m Höhe ihr höchster Berg. Und genau dort, in Hennes werden wir heute übernachten. Hier stehen wir nun in einem prächtigen Bergpanorama und die Sonne ist uns seit dem frühen Nachmittag wohlgesonnen. Der Wind ist zwar ziemlich kühl, lässt aber zum Abend hin merklich nach. Für den Campingplatz löhnen wir 300 NOK können aber sogar Waschmaschine und Trockner umsonst mitbenutzen. Gut, Katja ist also für den Nachmittag beschäftigt aber ein kurzer Spaziergang mit der Kamera ist immer drin.
Kurz nach unserer Ankunft werden wir von einem jungen Mann angesprochen,
der für die lokale Zeitung arbeitet und einen Beitrag über den Campingplatz
schreibt. Ob er uns ein paar Fragen stellen und ein Foto von uns machen dürfte.
Na klar, darf er, uns kennt ja hier niemand. Was sich ja bald ändern wird. Die
Zeitung ist so klein, dass es keine Onlineausgabe davon gibt, wir werden den
Beitrag leider nie zu Gesicht bekommen. Im Übrigen finden wir den Fahrplan der
Fähre, diesmal sogar aktuell bis zum 30.01.2025 aber wir haben hier noch nichts
Größeres auf dem Wasser rumschippern sehen – vielleicht hätten wir mit unserem
Ludwig gar nicht drauf gepasst.
wir besuchen die Vesterålen und starten in Bø
Kurz vor Mitternacht wird plötzlich der Wind extrem geschäftig, er weht bis in den Morgen und schüttelt uns kräftig durch. Die Sonne ist bereits fleißig, als wir erwachen und Katja geht erstmal duschen. Nach dem Frühstück muss auch Jamie dran glauben und hinterher saust er wie ein Wirbelwind über den Hof und erzählt jedem, wie erfrischend so eine Dusche doch sei. Den Rest des Vormittags herrscht bei uns reges Treiben: Geschirr spülen, Ludwig saugen, Wäsche wegräumen, Ludwig aufräumen und abreisefertig machen, Entsorgen und Frischwasser tanken. Jamie hilft fleißig mit und hat Spaß dabei (das ist nicht immer der Fall).
Gestern bei der Reiseplanung haben wir uns entschieden, Vesterålen einen Besuch abzustatten, deswegen steht heute als erster Stopp Sortland auf dem Programm; in die Stadt rollt man regelrecht hinein, wenn man die Brücke von Hinnøya nimmt. Dort gibt es die Firma Hålogaland Varmeservice AS, die alle Arten von Gasflaschen auffüllt. Wir fahren eine inzwischen leere 5kg Flasche mit uns herum und waren uns sicher, dass die große 11kg Flasche bald leer sein müsste. Beim Füllen meint er, dass sie noch halb voll ist. Wahnsinn, wie sparsam wir diesmal sind! Und Wahnsinn, wie einfach das Befüllen der Flaschen geht. Was hatten wir bisher für ein Theater mit fremden Gasflaschen (anderes System), Adaptern und nochmal anderen Adaptern und keiner füllte direkt, sondern tauschte die Flaschen nur. In England haben wir zeitweise ein ganzes Gasflaschenlager mit uns spazieren gefahren (die ganze Geschichte dazu gibt es hier zum Nachlesen). Und hier wird ohne Mucks einfach jedes System gefüllt. Jetzt haben wir 3 volle Gasflaschen, das wird uns eine ganze Weile reichen! Wir kaufen noch fix was ein, diesmal im großen Rema 1000 (vor ein paar Tagen am Sonntag waren wir im Mini Rema 1000) und dann geht’s los auf Entdeckertour auf einer neuen Insel, auf ins Städtchen Bø.
Auch hier gibt es hohe Berge, an denen man sich überhaupt nicht satt sehen kann, sie begleiten uns die gesamte Fahrt über mal links, mal rechts und oft direkt vor uns. Die letzten Kilometer vor unserem Ziel hat man rechterhand einen herrlichen Blick auf viele kleine Inselchen und in der Ferne kann man einen Blick auf die Lofoten erhaschen. Einfach traumhaft. Und dann sehen wir sie schon, die kleine rote Kirche von Bø, die sich außerhalb der Ortschaft befindet. Diesmal hat der Reiseführer Recht, es findet sich kein Verbotsschild bezüglich Übernachtung und Camping, das ist ja leider nicht immer so. Also bleiben wir, es gibt einen kleinen Snack und anschließend laufen wir runter zum Wasser für einige Fotos und eine Handvoll Muscheln. Abends kommt noch der Hausmeister vorbei und mäht den Rasen, mehr Aufregung gibt es nicht mehr bis kurz vor Mitternacht, als wir in der Ferne ein paar Elche beim Füttern und Herumtollen beobachten.
auf nach Hovden, ans Ende der Welt
Nach dem Frühstück fällt Jamie wieder ein, dass er eine Gießkanne in der Garage hat und verspürt den Drang, irgendetwas zu gießen. Nachdem wir ihm ausgeredet haben, seine Autos zu gießen, beglückt er einiges Unkraut am Wegesrand. Wir fahren dann die Straße von gestern wieder zurück und halten an dem Picknickplatz direkt an der Straße, weil man dort nochmal ein bisschen erkunden kann. Wir ärgern uns, dass wir das nicht gestern noch gemacht haben, da war der Himmel blau und man hatte eine herrliche Sicht: heute ist alles grau und wolkenverhangen, die Berge in der Ferne sieht man so gut wie gar nicht. Schade. Wir finden eine kleine, an den Fels gebaute Grillhütte, die für jedermann zugänglich ist und zum Grillen und Ausruhen genutzt werden darf. Auch schade, dass wir die gestern nicht gesehen haben. In Vinje fahren wir am Heimatmuseum vorbei bis vor an die Mole und parken unseren Ludwig kurz, da wir die Statur „Man of sea“ (Mannen fra havet) suchen. Sie wird schnell gefunden, fotografiert und beim Rückweg stolpern wir über einen Spielplatz, so dass wir dort für eine Weile erstmal nicht wegkommen. Der Mann des Meeres hält übrigens einen Kristall in der Hand, der das Licht strahlend reflektiert, wenn es im richtigen Winkel eintrifft. Der Kristall dient als eine Art Opfer für das Meer und symbolisiert das Licht eines Leuchtturms.
Ganz spontan entscheiden wir uns für das Ziel Hovden und je näher wir dem kleinen Ort kommen, desto schlechter ist der Zustand der Straße. Entlang der Straße finden sich einige kleine Park- und eventuell Übernachtungsmöglichkeiten aber wir möchten uns den Ort anschauen. Der Reiseführer hat einen besonders schönen Stellplatz aufgezeigt, dieser befindet sich ganz am Ende der Mole (des Wellenbrechers). Anfangs sind wir uns nicht sicher, ob wir überhaupt dort hinfahren dürfen, aber es gibt kein Befahrverbot. Hier stehen wir nun ganz in der Nähe des kleinen Molenfeuers an der Mündung zum Hafen und könnten den ein- oder ausfahrenden Schiffen zum Gruß winken. Bloß ist hier mal wieder nichts los. Dieser Ort wirkt genauso ausgestorben, wie bereits viele andere vor ihm auch. Außer Touristen sind wir niemandem begegnet, man hat das Gefühl, als befände man sich in einem Geisterdorf. Nun ja, hoffen wir mal, dass die Geister nicht so weit zu uns hinauskommen. Da Jamie den letzten Sandstrand aufgrund der Flut nicht beackern konnte, laufen wir heute mit seinem Sandspielzeug rüber zum idyllisch gelegenen Strand, eingerahmt in hohe Berge und Stockfischgestelle und dort kann er sich austoben. Katja geht etwas früher zum Ludwig zurück, um sich um das Abendessen zu kümmern, die beiden Männer kommen nach. Später am Abend setzt heftiger Regen ein und trommelt noch immer auf unser Dach, als wir uns gegen Mitternacht ins Bett begeben. Mit dem Wetter haben wir momentan kein Glück!
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