Dienstag, 27. August 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 12 - unsere letzten Tage in Finnland

 

Tommy erfüllt sich einen lang gehegten Wunsch

Tommy spricht schon seit längerem davon, vielleicht ein SUP Board zu kaufen und hat eins im Angebot gefunden – in Oulu. Wir haben die Nacht drüber geschlafen und entschieden, nochmal nach Oulu zurückzufahren, um das Board zu kaufen. Also machen wir uns auf den Weg und fahren gleich noch eine ABC Tankstelle an, weil viele von ihnen das Entleeren von Camping Klo Kassetten anbieten. Diese allerdings nicht. Danach geht’s ins Sportgeschäft, wir kaufen SUP Board und Schwimmweste für Jamie, kaufen noch eine Kleinigkeit ein und dann geht’s zurück zur gleichen Badestelle Muhos Kirkkosaari, wo wir gestern schon gestanden haben. Dort wird das Board aufgepumpt und getestet und anschließend für gut befunden. Stellplatztechnisch sind wir heute faul und fahren einfach die 300m zurück auf den betonierten Platz, bevor man die Schotterstraße zur Badestelle herunterfährt. Dort wird es den Einheimischen hoffentlich nichts ausmachen und so verbringen wir dort die Nacht. Ausgemacht hat es den Einheimischen nichts, aber besonders rücksichtsvoll sind sie auch nicht. Meistens sind es Jugendliche, die bis Mitternacht zur Badestelle fahren (Auto, Motorroller, Fahrrad) und es ganz witzig finden, besonders lautstark an einem Wohnmobil vorbeizuziehen.

 


Ausflug auf die Insel Manamansalo 

Am Morgen, als wir gerade fertig sind und aufbrechen wollen beginnt ein Unwetter, Unmengen von Regen fällt vom Himmel und es gewittert. Zwischendurch gibt es immer wieder Schlecht-Wetter-Pausen und die Sonne kämpft sich durch, aber leider hält das nicht ewig an. Unser Ziel heute ist die Insel Manamansalo im See Oulujärvi, der zu den größten Finnlands gehört. Auf den Informationstafeln liest man u.a. dass man stellenweise auf dem ältesten Grundgestein in der gesamten Europäischen Union wandelt. Wir haben die Insel von der 22 kommend einfach über die Landverbindung erreicht und werden sie später am anderen Ende über eine kurze Fährverbindung wieder verlassen. Auch hier verkehrt dann wieder eine der gelben kostenlosen Fähren und diese soll kleiner sein als in Hailuoto. Für heute checken wir erstmal auf dem Campingplatz Manamansalon Portti ein und haben die Wahl zwischen Wasserplätzen und zwischen den Bäumen. 



Auch wenn das Wetter momentan nicht nach Wasseraktivitäten aussieht, entscheiden wir uns natürlich für einen Platz am Wasser. Für unser Heißgetränk sitzen wir im Ludwig und überlegen noch, wie wir diesen verregneten Tag am besten zum Abschluss bringen und wie wir Jamie beschäftigt bekommen und da hört der Regen plötzlich auf, die Sonne lugt hervor und bleibt für den Rest des Tages bei uns. Na wunderbar, da nutzen wir doch gleich die Gelegenheit, den Platz zu erkunden und laufen ein wenig umher, schließlich muss doch ausgekundschaftet werden, wo sich die sanitären Anlagen und die Ver- und Entsorgung fürs Wohnmobil befinden. Als Jamie dann im Bett liegt, pumpt Tommy sogar das SUP Board auf und paddelt ein wenig übers Wasser.

 


Kulinarischer Tag auf Manamansalo

Da wir am Vortag nicht so viel machen konnten und es heute ein schöner Tag werden soll, verlängern wir unseren Aufenthalt. Tommy und Jamie schmeißen sich gleich in ihre Badesachen und paddeln auf dem Wasser umher, Katja besorgt im kleinen dazugehörigen Supermarkt noch ein paar Eier, weil sie heute Morgen beim Frühstück die Zitronen so angelächelt haben und sie spontan entschlossen hat, einen Zitronenkuchen zu backen. Dabei möchte Jamie natürlich helfen und so bereiten wir gemeinsam den Teig vor. Zum Glück erübrigt sich auch die Frage, wohin mit den Resten in der Schüssel, denn ein hilfsbereiter Jamie schleckt die Schüssel fast schranksauber. Tommy paddelt in der Zwischenzeit allein auf dem Wasser umher. Als der Kuchen fertig und abgekühlt ist, gibt es eine wohlverdiente Kaffee- und Kuchenpause. 



Danach macht sich Katja nochmal an die Arbeit und bereitet einen Pizzateig zu da wir beschlossen haben, heute mal Pizza in der Grillhütte auf dem Lagerfeuer zuzubereiten. Danach darf sich Katja heute auch mal wieder ihre Auszeit gönnen und das tut sie in aller Stille im Café beim Lesen. Später kümmert sich Tommy ums Feuer, Katja belegt fix ein paar Standardpizzen ohne viel Schnick Schnack und dann kommen sie auch gleich aufs Feuer. Jamie hat sich noch einige Marshmallows ergattert, die er als Nachtisch essen darf.  Unser Fazit lautet, dass man Pizza auch auf dem Lagerfeuer machen kann, sogar Jamie hat sie gegessen und er hat bisher um Pizza immer einen großen Bogen gemacht. Da wir alle nach Räucherfisch müffeln, geht es erstmal unter die Dusche und dann für Jamie auch alsbald ins Bett. Der Wetterbericht sagt für morgen wieder kein so tolles Wetter voraus, wir lassen uns einfach mal überraschen.

 


Bye Manamansalo 

Der Wetterbericht hat ausnahmsweise mal Recht, der Regen beginnt um Mitternacht, hält sich die ganze Nacht durch und begleitet uns bis zum Abend. Vermutlich wegen des beruhigenden Geräuschs von Regentropfen auf dem Wohnmobildach und weil es nicht so warm und hell im Ludwig ist, schlafen wir sehr lange und werden erst 10 Uhr wach. Bis wir dann gefrühstückt haben, abfahrbereit sind und uns um Ver- und Entsorgung gekümmert haben, ist es bereits 12:30 Uhr. Zum Glück fahren wir keine Mammutstrecken, das wäre sonst sehr ärgerlich, so spät wegzukommen. Wie bereits schon erwähnt, ist Manamansalo über eine Fährverbindung im Südwesten mit dem Festland verbunden. Als Katja bei Google liest, dass es sich um eine Kabelfähre handelt, zweifelt sie kurz, ob die auch für Wohnmobile geeignet ist, liest nochmal kurz im Reiseführer und ja, die Autoren sind auch mit der Fähre gefahren, wird also passen. Bevor wir auffahren dürfen, müssen wir noch knappe 10 Minuten warten (sie verkehrt im Halbestundentakt) und dann wundern wir uns nicht zum ersten Mal, was diese Fähren alles transportieren können. Wir haben gelesen, dass es 10 Autos sind, bei uns waren es 2 große Wohnmobile, 1 PKW mit Wohnanhänger, 1 Transporter und 2-3 PKW. Das Auffahren ist Millimeterarbeit und es ist niemand da, der beim Einweisen behilflich ist. Es gibt nur den Kapitän und der sitzt oben in seinem Führerhaus und winkt und dirigiert. Die Fahrt dauert schlappe 5 Minuten und wir sehen das Kabel links vor uns, wahrscheinlich hat es mehrere Funktionen und dient unter anderem auch der Führung. 



Am anderen Ufer angekommen, geht’s munter weiter, wir stoppen irgendwann in einem Dorf wegen frischem Brot (hätte ja Katja eigentlich auch noch backen können, oder?!) und fahren anschließend noch 100km zum heutigen Stellplatz. In der App sind zwar massenhaft Park- und Rastplätze angegeben aber die liegen ausnahmslos alle an oder in der Nähe der Straße und so wählen wir einen, wo wir die Hoffnung haben, dass es irgendwann ruhig wird. Es regnet immer noch und so verbringen wir den späten Nachmittag und Abend im Ludwig. Erst als Jamie dann endlich im Bett liegt, scheint sich auch der Regen auszuruhen. Der Straßenlärm lässt ebenfalls nach und als wir uns schon fast an die Ruhe gewöhnen, erscheinen ein paar Jugendliche auf dem Parkplatz, die auf ihre Kumpels warten, um ihren Reifen zu wechseln (ja, kurz nach 23 Uhr macht man das hier in Finnland). Da Warten mit Musik weniger Langeweile verspricht, beweisen sie ihren schlechten Musikgeschmack und zappen durch ihre fürchterliche Playlist. Die Kumpels scheinen sich glücklicherweise auf das Reifenwechseln zu verstehen und so ist die Ruhestörung nach nicht allzu langer Zeit beendet.

 


Unsere letzte Nacht in Finnland - und was für ein schöner Stellplatz! 

Ein neuer Tag bricht heran und es hat aufgehört zu regnen. Wir haben gestern Abend noch für Mittwoch (also in zwei Tagen) die Fähre von Vaasa (Finnland) nach Umeå (Schweden) gebucht, was noch knappe 245km von uns entfernt liegt. Deswegen fahren wir heute etwas mehr als sonst und sind 2,5 Stunden unterwegs. Eigentlich keine besonders große Strecke, aber die Fragen häufen sich, wann wir denn endlich da sind. Die erste halbe Stunde quälen wir unseren Ludwig über die selben schlechten Straßen, wie wir sie bereits die letzten Tage befahren. Einige Bodenwellen sind so heftig, dass unser Hubbett vorne stark ins Federn gerät und wir froh sind, dass es befestigt ist. Dafür ist es landschaftlich und botanisch sehr ansehnlich: die Blühwiesen am Straßenrand verfolgen uns schon seit ein paar Tagen, immer mit wechselnden Pflanzen. Heute sind es vor allem Mädesüß und Disteln, der Farbwechsel von Weiß und Violett passt wunderbar zusammen. Katja möchte gern ein wenig Mädesüß sammeln und trocknen aber an unserem Stellplatz wächst natürlich keiner. Da müssen wir wohl morgen nochmal kurz irgendwo am Straßenrand anhalten. Wir haben einen kleinen Baggersee irgendwo im Niemandsland rausgesucht, in dem wir natürlich auch baden. Das SUP Board kommt zum Einsatz und da der See nicht besonders groß ist, kann Tommy mit Jamie im Gepäck wunderbar drumherum paddeln. 




Später am Nachmittag lassen sich einige finnische Familien blicken, aber irgendwie haben die hier alle die komische Angewohnheit, nach spätestens 20 Minuten wieder zu verschwinden. Die kommen, gehen ins Wasser, planschen eine Weile und dann packen sie gleich alles wieder zusammen und sind verschwunden. Morgen müssen wir nochmal 90km bis zum Fährterminal fahren und dann heißt es Abschied nehmen von Finnland und Hello again Sweden! 


Finnland, unser Fazit

Finnland hat es uns nicht einfach gemacht, der Anfang war nicht leicht. Was vielleicht auch daran liegt, dass wir im Lappland gestartet sind und das hat zwar sicherlich auch seine Reize, wird aber nach ein paar Tagen langweilig, weil es immer wieder das selbe ist: lange Straßen, Sümpfe, Seen, kleine Birken und Flaschenbürstenkiefern so weit das Auge reicht. Und nicht zu vergessen natürlich die Mücken, die nicht einzeln sondern in Schwärmen auftreten. Manchmal haben wir uns regelrecht im Ludwig verschanzt und trauten uns nicht nach draußen. Die Fenster waren verschlossen und trotzdem jagten wir die Viecher auch im Fahrzeug. Die kleinen Dachluken im Bad und im Schlafbereich besitzen kleine Luftschlitze, durch die die Mücken mühelos hindurchkommen und so lagen wir öfter in der Nacht wach und hörten „Hundertschaften“ von eingeschlossenen Mücken zwischen Dachluke und Fliegengitter – ein Geräusch, das einen irgendwann wahnsinnig macht! Wir waren kurz und dran, unseren Finnland Aufenthalt abzukürzen und noch vor dem Bottnischen Meerbusen in Höhe Tornio nach Schweden abzuhauen. Zum Glück haben wir es nicht getan, denn je weiter südlich man kommt, desto weniger Mücken gibt es. Tatsächlich haben wir einige Tage komplett ohne Mücken erlebt. 

Und ist man Lappland irgendwann entkommen, darf man zwar keine landschaftlichen Wow- Momente wie in Norwegen erwarten, aber landschaftlich reizvoll ist Finnland trotzdem – eben auf seine ganz eigene Weise. Wer das Element Wasser liebt, kommt hier voll auf seine Kosten und wer gerne wandert, wird sich ebenfalls nicht langweilen. Was man Finnland hoch anrechnen muss, ist der Service auf den vielen Rastplätzen. Hier findet man regelmäßig Trockenklos, Grillhütten und Holzvorrat fürs Feuer. Sprachlich ist es nicht einfach, denn die Sprache erschließt sich nicht einfach mal so, man schnappt nicht einfach mal was auf. Außer Hallo und Danke kann Katja noch immer nichts sagen. Auch die Straßenschilder erschließen sich nicht, etwas was in Schwedisch und Norwegisch anders ist. Man liest es und hat eine Ahnung, was es bedeutet, die Ähnlichkeit zum Deutsch ist sehr hoch. Wir hatten trotzdem eine schöne Zeit, etwas mehr als 2 Wochen waren wir hier und werden uns gern an unsere Erlebnisse hier zurückerinnern. Kiitos Suomelle ja näkemiin (Danke an Finnland und auf Wiedersehen)! 





Freitag, 16. August 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 11 - Sommer in Finnland

 

ein geschäftiger und fast weihnachtlicher Tag in Rovaniemi 

Wir werden öfter gefragt, ob wir keine Probleme mit dem Schlafen haben, weil es ja nicht dunkel wird. Nein das haben wir nicht, denn wir können unseren Ludwig ja auch abdunkeln. Das Problem dabei ist aber, dass wir frühs oft sehr spät wach werden, besonders wenn wir auf abgelegenen Stellplätzen stehen und uns kein Lärm von draußen weckt. Deswegen haben wir uns heute mal einen Wecker gestellt. Grund dafür ist, dass wir u.a. einen Waschsalon anfahren möchten und das Waschen/Trocknen dauert seine Zeit und wir möchten schließlich noch etwas anderes sehen als nur die Waschmaschinen. Der Salon wirkt schon fast nobel und scheint noch nicht so alt zu sein, es gibt umsonst Kaffee, Tee, WLAN und ein WC kann auch genutzt werden. Auch Spielzeug ist vorhanden, sodass sich Jamie endlich mal wieder für DUPLO interessiert. Denn es ist ja nicht so, dass wir nicht ebenfalls einen riesigen Sack DUPLO spazieren fahren, was aber wesentlich uninteressanter ist als das fremde Spielzeug. Nachdem die Wäsche in der Maschine verstaut ist, nehmen wir ein paar Steckdosen in Beschlag und nutzen das WLAN um Updates auf unseren Geräten zu machen. Diesen Service kann sich der Betreiber durch die gepfefferten Preise leisten, schließlich zahlt man für eine kleine Ladung Wäsche 14,90€ (14kg) und eine große Ladung 19,90€ (19kg). Der Trockner kostet entweder 5,90€ (13kg) oder 6,90€ (17kg). Alle Maschinen laufen 30min, unabhängig vom gewählten Programm. So teuer haben wir in 3 Jahren noch nicht gewaschen, aber wir wollen uns nicht beschweren, schließlich hat uns die letzte Wäsche in Hennes am Møysalen überhaupt nichts gekostet. 

Als wir fertig sind und die saubere Wäsche wieder im Ludwig verstaut haben, geht es 10km wieder zurück zum Polarkreis Centrum. Laut den Finnen arbeitet ja dort der Weihnachtsmann oder hat zumindest dort sein Büro. Allerdings sind sie sich wohl selbst nicht so einig, denn im nächstgelegenen Santa Park kann man Santa ebenfalls besuchen und bei der Arbeit beobachten. Das muss dann wohl sein Zwillingsbruder sein. Aber der Reihe nach. Wie bereits angekündigt, befinden wir uns in Rovaniemi. Die Stadt ist 1944 beim Rückzug der deutschen Truppen fast vollständig abgebrannt, um den nachziehenden Russen nichts überlassen zu müssen, womit sie vielleicht etwas hätten anfangen können. Somit musste die Stadt komplett neu aufgebaut werden. Dafür holte man sich Unterstützung von britischen Freizeitpark-Spezialisten und die erschufen nach Disneyland Vorbild ein riesiges Weihnachtskitschland. Dieses wurde in eine mit insgesamt 120 Tonnen Sprengstoff herausgesprengte Höhle gebaut und dort findet man nun alles, was nur im entferntesten Sinne mit Weihnachten (im allerschlimmsten kommerziellen Sinne) zu tun hat. 

Den Weihnachtsmann kann man auch treffen, sich mit ihm ablichten und (letzter Stand) 40 Euro für das Foto löhnen. Um diesem Kitsch zu entgehen, mieden wir Santa Park und entschieden uns für das Polarkreis Centre, wo es natürlich auch um Santa geht, aber weitaus gedämpfter und glücklicherweise war hier gar nicht so viel los, weil viele der (kostenpflichtigen) Attraktionen aber auch zahlreiche Geschäfte noch gar nicht geöffnet sind. Inzwischen kann man hier auch den (Zwillings-?) Weihnachtsmann treffen, sich ebenfalls gegen Euronen mit ihm ablichten lassen (selber Foto ist nicht erlaubt) oder einfach nur im weihnachtlichen Postamt seine vorzeitige Weihnachtspost erledigen. Schade, dass man hier in keinster Weise auf die eigentliche Attraktion, den Polarkreis eingegangen ist, wie zum Beispiel in Norwegen, wo man wenigstens etwas über die Umstände von Polarnacht und -tag erfahren kann, aber gut. Finnland hat nicht so viele lukrative Touristenattraktionen, wo man Heerscharen von zahlungswilligen und -kräftigen Besuchern hinkarren könnte und deswegen hat man sich hier auch so viel Mühe mit dem Santa Rummel gemacht. Wem´s gefällt. Im Winter, wenn es sowieso nicht richtig hell wird, alles bunt beleuchtet wird und man links und rechts riesige Schneeberge aufgetürmt hat, mag es einen magischen touch haben, aber momentan wirkt das ganze einfach nur wie ein großer Weihnachtsmann- Souvenirshop. Aber, wir können auf dem großen Parkplatz kostenlos übernachten, was viele andere Wohnmobile neben Ludwig ebenfalls tun.




Schauspiel Mitternachtssonne auf dem Aavasaksa

Bevor wir heute so richtig loslegen können, ist erstmal wieder der Haushalt dran. Also rüber über die Hauptstraße zur Shell Tankstelle zum Entsorgen. Zum Glück hat es Katja in der App gelesen, sonst hätten wir das kleine Bodenloch, welches über eine Eisenstange geöffnet wird, komplett übersehen. Wasser haben wir auch nicht mehr viel, daher tanken wir gleich noch Wasser gegen Bezahlung (4 Euro, das ist okay weil unser Tank sowieso fast leer ist). Dann fahren wir zum Lidl und kaufen ein wenig ein und finden sogar Thüringer Rostbratwürste. Die nehmen wir natürlich mit und werden sie fachmännisch testen. Noch fix tanken, schließlich ists in der Stadt günstiger. Und dann geht’s endlich los, auch wenn es schon wieder nach 13 Uhr ist. Katja tut sich schwer mit der heutigen Platzwahl, da im Reiseführer überall Dinge erwähnt sind, die uns nicht so ganz zusagen (entweder steile Anfahrt, sehr enge Plätze, früher umsonst aber jetzt eventuell schon gegen Bezahlung, Camping verboten etc). Die Wahl fällt auf Aavasaksa und wir sind auf der Piste. Zwischendurch gibt’s einen Fahrerwechsel aufgrund von Müdigkeit. Dann fahren wir noch die letzten Meter den Berg hinauf und dann sind wir da. Aavasaksa ist ein Berg, 242m hoch, aber wir stehen nicht bis oben. Man könnte auch bis hoch fahren, aber das tun wir Ludwig nicht an. Außerdem wird’s später noch richtig voll, aber dazu später mehr. 

Wir parken, es gibt Käffchen und dann stürzen wir uns ins Getümmel mit all den Mücken, die sich wahnsinnig freuen, uns zu sehen. Von diversen Informationstafeln lernen wir, dass dieser Ort schon immer sehr beliebt war bei Forschern aber auch diversen berühmten Persönlichkeiten und der Grund dafür ist, dass man sich jahrhundertelang hier versammelte, um die Mitternachtssonne südlich des Polarkreises zu bewundern. So kündigte sich 1882 auch der russische Zar Alexander II. an, für dessen Besuch extra eine schicke Holzhütte errichtet wurde; leider umsonst denn der Besuch wurde aufgrund unsicherer politischer Verhältnisse abgesagt. Aavasaksa ist ein typisch nördlicher Kalottberg, dessen Gipfel nach der letzten Eiszeit über dem Meeresspiegel lag, so dass die Hügelkuppen oberhalb der höchsten Küstenlinie von nicht ausgelaugtem Gletscherschutt bedeckt sind. Dieser ungewaschene Schutt trägt heute dichte Fichtenwälder und gibt ein groteskes Bild ab. Die riesigen Felsbrocken liegen überall, entweder moosbewachsen oder weiß gewaschen und dazwischen wachsen die zahlreichen Fichten. Diese, wenn alleinstehend, sehen allerdings oftmals eher mitleidig aus, vielleicht hat hier der Klimawandel zugeschlagen. Bei den diversen Aussichtspunkten machen wir Halt und genießen tatsächlich das erste Mal in Finnland eine tolle Aussicht. In Lappland war ja bisher nichts zu sehen außer Seen, Wald und noch mehr Wald. Hier blickt man ins Tal, das komplett durch den großen Tornio Fluss dominiert wird und sieht zusätzlich noch den breiten Streifen eines zweiten Flusses, des Tengelijoki, der sich um den Aavasaksa herumschlängelt. Der Tornio stellt die Staatsgrenze zu Schweden da und lässt man seinen Blick der Brücke über den Fluss folgen, befindet man sich gedanklich bereits im Nachbarland. Auf dem Gipfel befindet sich ein Café, ein Aussichtsturm (den wir natürlich besteigen), die erwähnte Zarenhütte und eine große Holzbühne mit überdachtem Zuschauerbereich (die Mücken werden sich freuen!). 


Bereits beim Abendessen, aber eigentlich den ganzen Abend hinweg, beobachten wir, wie scharenweise Autos auf den Berg fahren. Natürlich wundern wir uns. Katja vermutet, dass es mit der Sommersonnenwende zu tun haben könnte, denn wir haben gelernt, dass man seit Jahrhunderten hierher kommt, um die Mitternachtssonne zu beobachten. Aber heute ist der 21. Juni und die Sommersonnenwende war gestern. Nimmt man es heute mit dem Datum nicht mehr so genau? Irgendwann kurz nach 23 Uhr packt Katja die Neugier, sie schnappt ihre Kamera, verhüllt sich weitestgehend als Schutz vor den Mücken und geht nochmal raus, hoch auf den Berg. Vielleicht erwartet sie, dass die Leute dort nackt ums Lagerfeuer tanzen, beschwörende Lieder auf ihren Lippen? Außer der schönen Mitternachtssonne, die nach einigen Wochen Skandinavienreise skandalöserweise schon nichts besonderes mehr ist, entdeckt sie nichts Außergewöhnliches. Die Leute kommen vom Berg herunter, vermutlich haben sie dort zu Abend gegessen, machen Fotos und manche setzen sich einfach auf einen Felsen, um den Anblick zu genießen. Das hätte Katja auch gern getan, aber die Mücken zwingen sie zum Rückzug. Der Oberkörper ist durch die Jacke ganz gut geschützt, aber die Stoffhose stellt keine große Herausforderung für diese Mistviecher dar und so wird besonders der Po Hauptangriffspunkt. Das ist zu viel des Guten! Also wieder runter zum Ludwig, den lieben Gott für die komplett nutzlose Erschaffung der Mücken verflucht und dann ist es Zeit fürs Bett. Von weiter unten ist Musik zu hören (aber kein Lagerfeuer weit und breit), also wird definitiv irgendwo irgendwas gefeiert. Kurz vor 2 Uhr nachts werden wir wach, weil sich Jugendliche ganz provokativ mit ihrem Auto und der dröhnenden Musik (Bon Jovi, zu jeder anderen Uhrzeit vollkommen okay) in die Nähe der Wohnmobile stellen und demonstrativ eine Weile stehen bleiben, aber irgendwann verschwinden auch diese hirnlosen Kreaturen. Jamie ist allerdings wach und kann nicht mehr einschlafen, wälzt sich bis kurz vor halb 5 im Bett herum und schläft dann auch endlich wieder ein. Was für eine Nacht! 



 Angeln mal anders: von wackligen Stegen, inmitten von Stromschnellen mit langen Keschern 

Dementsprechend spät werden wir heute wach, schließlich müssen wir den Schlaf der Nacht nachholen. Als wir gegen Mittag endlich aufbrechen, fahren wir kurz nördlich nach Juoksenki zum Polarkreiszentrum (was denn, noch eins?). Katja hofft noch immer darauf, etwas zu finden, wo man nicht nur massenhaft Souvenirs kaufen kann, sondern auch ein bisschen was über den Polarkreis erfährt und was das Leben mit dem Polartag und der -nacht für die Menschen der Region bedeutet. Aber gut, auch hier werden wir nicht fündig. Dafür gibt’s einen Spielplatz und der wird von Jamie in Beschlag genommen. Als wir weiterfahren, geht’s wieder Richtung Süden in Richtung Tornio, entlang am Tornionjoki (alles mit Endung joki ist ein Fluss, der Name vorneweg ist der Ort seiner Mündung) und zu den Kukkolankoski (koski sind die Stromschnellen). Laut Reiseführer sind dies die längsten freifließenden Stromschnellen Finnlands mit einer Fallhöhe von 14m auf einer Länge von 3500m. Da wir nur das kleine Stück gesehen haben, waren es für uns natürlich keine 14m Höhenunterschied, aber beeindruckend ist das Spektakel allemal. Vor allem wenn man den Anglern beim traditionellen Fischfang zuschaut, wie er von wackligen nicht sehr vertrauenswürdigen Stegen mit langstieligen Keschern betrieben wird. Der Kescher wird mit der Strömung durchs Wasser gezogen, weil die Lachse und Felche bergauf schwimmen. Im benachbarten Gasthaus kann man sich die „Felche am Stock“ munden lassen. 


Wir fahren allerdings noch ein bisschen weiter, denn wir haben uns einen Stellplatz in Paakkola ausgeguckt mit Badestelle, Spielplatz und Grillhütte. Als Tommy und Jamie ins Wasser gehen, schaut Katja wieder sehr ungläubig und die Beschwichtigungen von Jamie, dass das Wasser doch gar nicht so arschkalt sei, wirken nur halbherzig. Sie kümmert sich derweil mal um die Feuerstelle, schließlich wollen die Thüringer Rostbratwürste aus dem Lidl getestet werden. Nach dem Abendessen fühlt sich Katja wie ein Räucherfisch und entschließt sich kurzerhand, doch mal in den Fluss zu steigen, was zwar eine sehr kurze Angelegenheit wird, aber sie war drinnen! Wir genießen die Abendsonne und eine sehr seltene Begebenheit: wir wurden hier noch nicht von Mückenschwärmen umringt, man hält es draußen tatsächlich sehr gut aus. Es gibt vereinzelt Mücken, aber das kann man fast vernachlässigen. Wenn das nicht paradiesische Zustände sind!



der erste richtig schöne Sommertag in Finnland 

 Als wir wach werden, brennt die Sonne schon ordentlich auf unser Wohnmobil Dach, es verspricht ein schöner Tag zu werden. Und das tut es auch, es zieht sich heute nicht zu und die Sonne bleibt die ganze Zeit bei uns. Wir entschließen uns, noch einen Tag hier zu bleiben und das sommerliche Feeling zu genießen. Also sitzen wir am Fluß, Jamie spielt im Sandkasten, ab und zu springt er durchs Wasser (das ist natürlich immer noch „gar nicht so arschkalt“) und irgendwann springt er mit Tommy vom Steg ins flache Wasser. Katja entschließt sich kurzerhand zu einer Bewegungsfahrt mit Ludwig und kauft in Tornio ein paar Dinge für das erneute Grillen heute Abend ein. Sie bringt ihren Männern ein Eis mit, was auf lebhafte Zustimmung stößt. Den Rest des Tages verbringen wir in der Sonne, es weht ein kleines Windchen und vertreibt Mücken, Fliegen und sonstiges und wir sind gut damit beschäftigt, Jamies Sandspielzeug vor der Nutzung durch andere Kinder zu schützen (typisch Einzelkind eben!). Am späten Nachmittag wird’s voll auf dem Platz, es erscheinen noch andere Wohnmobile. Gestern stand nur noch ein kleiner Toyota Bus aus Deutschland mit uns hier. Falls noch andere die Feuerstelle nutzen möchten und damit es für uns nicht so spät wird, beginnt Katja mit dem Feuermachen, wir essen früh zu Abend und Jamie hat danach noch ein wenig Zeit zum Spielen, bevor es für ihn ins Bett geht. Katjas Eingebung war übrigens wieder richtig, denn kurz nach uns kam eine ausländische Großfamilie und nahm die Grillhütte in Beschlag. Dem Rauch nach zu urteilen, wurde dabei der halbe Holzvorrat verbrannt, aber gut, da müssen auch mehr Mäuler gestopft werden.



mit der gelben Fähre nach Hailuoto

Für heute haben wir einen Abstecher nach Hailuoto geplant, eine 200 km2 große Insel vor der Schärenküste Oulus. Wir müssen nochmal tanken und da nutzen wir an der Tankstelle gleich die Gelegenheit für die Ver- und Entsorgung. Zwar werden wir heute Abend auf einem Bezahlparkplatz stehen, aber Entsorgungsmöglichkeiten sind dort leider keine vorhanden. Danach geht’s Richtung Oulunsalu, von wo die Fähre ablegt. Die überall im Land operierenden gelben Fähren werden als Teil des Straßennetzes angesehen und daher ist deren Benutzung kostenlos. Im Winter braucht es die Fähre übrigens nicht, denn wenn der Bottnische Meerbusen dick zugefroren ist, gibt es eine 7km lange befahrbare Eisstraße auf die Insel. Das finnische Äquivalent zum TÜV hat dort sicherlich auch ein Wort mitzureden. Laut Internet sind bereits Ferien in Finnland, deswegen sind wir darauf eingestellt, eventuell länger auf eine Fährüberfahrt warten zu müssen, aber wir haben Glück. Wir sind Fahrzeug Nummer 7 in der Reihe, wir müssen nur ca. 20 Minuten warten und dann fahren wir auch schon drauf. Aussteigen können wir leider nicht, weil es so eng ist, dass man keine Türen öffnen kann, und so sitzen wir eben die halbe Stunde im Auto und futtern Kekse. 

Auf der anderen Seite angekommen, haben wir noch eine halbe Stunde zurückzulegen und dann befinden wir uns auf der gegenüberliegenden Seite der Insel, in Marjaniemi. Dort gibt es einen Stellplatz direkt auf der Mole und diesen steuern wir an, nachdem Katja den Platz gestern bereits telefonisch reserviert hat. Dass es windig ist, stört uns überhaupt nicht, denn es hält die Mücken fern. Wir machen einen kleinen Erkundungsspaziergang an der Mole und am Strand entlang und entdecken dort etwas, was wir bisher an noch keinem anderen Strand entdeckt haben: Gras! Solche Fotos haben wir bisher auch noch nicht gemacht. Nachteil bei dem Platz: Es hat nur jeweils ein WC+Dusche pro Männlein und Weiblein und deshalb gehen wir früh duschen, weil wir nicht wissen, wie voll es noch werden wird. In den Bewertungen wird dieser Umstand immer wieder angeprangert, denn bei einem vollen Platz kommt eine freie Dusche einem Sechser im Lotto gleich.






noch ein schöner Sommertag in Finnland - es geht ja doch! 

Entweder handelt es sich hier um einen Geheimtipp oder der Rest des Landes steht an noch schöneres Plätzen. Jedenfalls ist der Platz nicht mal zur Hälfte belegt, so dass es auch mit den WCs und Duschen keine langen Wartezeiten gibt. Während wir uns die pancakes zum Frühstück munden lassen, entschließen wir uns ganz spontan, um einen Tag zu verlängern und diesen heute am Strand zu verbringen. Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Während Katja in der Küche den Morgenabwasch erledigt, kümmern sich Tommy und Jamie um den dreckigen Ludwig; es wird gekehrt und gesaugt und der zusätzliche Fußbodenbelag, der uns wochenlang vor Fußkälte schützte, darf nun endlich raus. Ohne den Belag lässt sich der Ludwig besser kehren und Fußkälte wird es hoffentlich nicht mehr geben. Danach gehen Katja und Jamie an den Strand, Tommy hat „frei“ und darf sich ein bisschen alleine die Zeit vertreiben. Das haben wir bereits während unserer letzten Reise eingeführt, damit wir nicht pausenlos aufeinander hocken und auf die Nerven gehen. Leider sind wir in der Umsetzung noch etwas inkonsequent, weil es auch nicht immer in den Tagesablauf passt. Desto wichtiger ist es, sich die Zeit zu nehmen, wenn sie da ist. Als Tommy wieder zu uns stößt, ist es Zeit für unser Heißgetränk und irgendwie haben Jamie und Katja Gelüste nach Popcorn. Was für eine tolle Kombination! Katja kümmert sich also ums Popcorn und Tommy vergrößert das Loch, das Katja nicht tiefer buddeln konnte, weil ihre Armlänge einfach nicht mehr hergab. Wir verbringen den Rest des Tages am Strand, Jamie und Tommy natürlich auch wieder im Wasser und danach geht’s dann gleich wieder duschen, weil Jamie sowieso schon nass ist und es keiner großen Überredungskunst bedarf, das gleiche nochmal unter der Dusche zu tun. Und weil wir heute so richtig faul sind, gönnen wir uns ein Abendessen im Café Kaija, das aus Burger und Pommes besteht. Das machen wir ganz selten und in Norwegen haben wir aufgrund der Preise sehr enthaltsam gelebt, weswegen das jetzt mal wieder sein darf.

unser letzter Tag auf Hailuoto

Jamie wird heute 5 Uhr in der Früh wach und ist sofort gelangweilt – eine neue Masche von ihm, wonach Schlafen langweilig ist und er unterhalten werden möchte. Katja drückt ihm das Handy mit den Einschlafgeschichten in die Hand, damit er wenigstens beschäftigt ist, aber erholsam ausschlafen lässt es sich nun nicht mehr. Gegen 8 Uhr sitzen wir bereits am Frühstückstisch – viel zu früh für unsere Verhältnisse. Nachdem wir uns von Marjaniemi verabschiedet haben, fahren wir kurz in den Supermarkt, weil wir kein Brot mehr haben, danach geht’s zur Badestelle Pöllä. Man läuft ein Stück durch waldbewachsene Düne hinaus auf die Landzunge, wo man sich entscheiden kann, ob man lieber links oder rechts ins Wasser gehen möchte. Tommy und Jamie bauen Sandburgen und spielen im Wasser, Katja wälzt Reiseführer. 





Leider zieht es sich ein wenig zu und nach einer gewissen Zeit gehen wir zurück zum Ludwig: Jamie friert und hat Hunger. Der Platz wäre für eine Übernachtung ganz gut gewesen und das „no Camping“ Schild zeigt ein durchgestrichenes Zelt und Caravan, kein Wohnmobil. Wir wollen aber unser Glück nicht herausfordern und fahren noch eine Viertelstunde weiter, wo es noch einen kleinen Platz am Wasser gibt, wo keine Schilder stehen. Jamie ist total kaputt und schläft während der Fahrt ein, ist aber nach nicht mal 10 Minuten wieder wach. Powernapping beherrscht unser Kind schon sehr gut! Der Wind der letzten Tage hat uns verlassen, die Mücken sind wieder da aber sie treten nicht in Heerscharen auf.

runter von der Insel und ab zur nächsten Badestelle

Unser Stellplatz befindet sich nicht mal 10 Minuten von der Fähre entfernt, die uns zurück nach Oulu bringen wird. Als wir dort ankommen, warten bereits ein paar Autos in der Schlange, was zur Mittagszeit zu erwarten war. Wir sind eines der letzten Autos, die auf die Fähre rollen und diesmal ist sogar genug Platz zum Aussteigen, was wir natürlich auch tun. Wir schauen vorne, wir schauen hinten, machen ein paar Bilder und dann sind wir bereits angekommen. Der Finnin neben uns passiert, was wohl jeder insgeheim hofft, dass es ihm nie passieren wird: Ihr Auto will beim Entladen nicht anspringen. Da wir vorher runtergewunken werden, können wir nicht sagen, wie die Sache ausgegangen ist. 

Katja hat im Reiseführer eine Badestelle rausgesucht, schließlich hat uns der Sommer nun auch endlich erreicht und das will natürlich gebührend bebadet werden. Leider können wir dort nicht über Nacht stehen, weil wir im Reiseführer gelesen haben, dass es den Einheimischen nicht gefällt, wenn dort Wohnmobile übernachten. Was wir gut nachvollziehen können, denn der Platz ist nicht besonders groß und wenn dort mehrere größere Wohnmobile stehen, ist kein Platz mehr für die Stadtbewohner, die hier zum Planschen und Bootfahren herkommen. Wir verbringen einen schönen Nachmittag dort, wundern uns noch, warum in dem See das Wasser viel kälter ist als gestern im bottnischen Meerbusen und dann machen wir uns wieder auf den Weg, einem neuen Stellplatz entgegen. Dort angekommen, müssen wir leider feststellen, dass es diesen nicht (mehr) gibt, denn von dem gesuchten Schotterplatz ist nichts mehr übrig und an einem Straßenabzweig möchten wir nicht stehen, so wenig wie die Straße vielleicht befahren sein mag. So fahren wir nochmal eine halbe Stunde weiter in den Rokua Nationalpark und hier stehen wir nun definitiv sehr ruhig am Besucherzentrum „Suppa“ inmitten eines Birkenwaldes.



Mittwoch, 7. August 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 10 - auf gehts nach Finnland


      Mal wieder auf Troll Jagd auf der Trollholmen Halbinsel

Als wir aufwachen, sind viele Womos schon wieder weg, auch unser aufdringlicher Nachbar ist schon aufgebrochen. Wie üblich lassen wir es gemütlich angehen und beobachten, wie die ersten Neuankömmlinge schon wieder den Platz bevölkern. Tommy und Jamie laufen zu einer etwas entfernten Frischwasserquelle, die als „das beste Trinkwasser“ angepriesen wird während Katja sich um die restliche Ver- und Entsorgung kümmert. Nach diesen Haushaltsangelegenheiten geht’s weiter und wir befinden uns noch immer auf der gleichen Straße, die uns vor zwei Tagen zum Nordkap führte, immer entlang am Wasser, heute leider mit tief hängendem Nebel. Uns begegnen wieder einige Fahrradfahrer und wir können wieder nur mit dem Kopf schütteln. Über Unfälle brauchen sie sich wirklich nicht wundern! Da kommt einer ohne Licht im Nebel angefahren, man sieht ihn trotz seiner eher dekorativ wirkenden Warnweste nicht, weil die Sonne durch den Nebel hindurchscheint und alles einfach nur wahnsinnig hell ist. Im Tunnel mit Fahrradspur kommt uns ein Fahrradfahrer entgegen und der fährt wo? Natürlich nicht auf der Fahrradspur. Das ist der Tunnel mit der 9% Steigung, wo größere Fahrzeuge schon ihre Not haben, aber für ein Fahrrad ist der Anstieg sicher kein Problem.



Wir befinden uns wieder auf der E6, fahren ein zweites Mal durch den Ort Olderfjord und dann befahren wir Neuland in Richtung Lakselv. Bei der Recherche haben wir eine kindertaugliche Wanderung gefunden und biegen daher bei Kolvik auf die Trollholmen-Halbinsel ab. Die Straße wird hier etwas abenteuerlich, sprich eng (was schon als normal bezeichnet werden kann), teilweise besteht sie nur aus Schotter und sie ist dringend reparaturbedürftig. Unserem Ludwig zuliebe fährt Tommy langsam und außerdem kann er so die schöne Umgebung viel besser genießen. Wir fahren um ein oder zwei Buchten herum und sehen das uns so vertraute Bild: kleine Boote warten vereinzelt auf die Rückkehr ihrer Besitzer, Fischerhüttchen, verstreute Wohnhäuser und im Hintergrund ganz viele Berge. Einfach herrlich! Wir fühlen uns am Ende der Welt und da uns auch keine Autos entgegenkommen, freuen wir uns auf einen abgeschiedenen ruhigen Parkplatz. Denkste. Der ist nämlich ziemlich voll und die kleine Wanderung somit auch sehr beliebt (und die Bezeichnung Geheimtipp also eher unpassend). Glücklicherweise finden wir noch einen Parkplatz und müssen enttäuscht feststellen, dass das Parken auf 5 Stunden beschränkt wurde. Da müssen wir unseren Plan, hier eventuell über Nacht stehen zu bleiben, ändern. Jamie erinnert uns daran, dass wir für die Wanderung ein kleines Picknick einpacken müssen, welches er gern für uns tragen wird, und so schmieren wir fix noch ein paar Brote, er schält und schneidet eine Möhre und dann geht’s los. 

In nicht allzu weiter Ferne sehen wir auffällig weiße Felsen, wobei es sich nicht um Schnee handelt. Je näher wir unserem Ziel kommen, desto weißer wird unsere ganze Umgebung; wir laufen auf bröseligem Dolomitgestein, welches dank Wind und Wetter teils bizarre Formen angenommen hat. Auf den Informationstafeln finden wir die Sami Legende, dass sich einst Trolle in dieser Gegend aufgehalten haben sollen und sie wurden von Menschen mit Kanonen verfolgt und gejagt. Für den Versuch, einen Plan zu fassen, ohne nasse Füße ans andere Ufer zu gelangen, brauchten sie so viel Zeit, dass sie die aufgehende Sonne nicht bemerkten und letztendlich zu Stein erstarrten. Eigentlich wollte Jamie dreimal an jeden Felsen klopfen, um sie aufzuwecken, aber das traut er sich dann doch nicht. Süß, wie sie in dem Alter noch an diese Dinge glauben, leider verlieren sie ihre Fantasie viel zu schnell. 

Nach der Aufregung ist es an der Zeit, Jamies Rucksack zu erleichtern und wir machen uns über das Picknick her. Nachdem Jamie und Katja den Tommy aus dem Trockenklo befreien müssen (hatten uns schon gewundert, warum das so lange dauert), weil der äußere untere Riegel beim Schließen der Tür zugefallen ist, laufen wir zurück zum Ludwig. Und testen kurz einen anderen Parkplatz 300m vor dem Troll Parkplatz. Der scheint aber die sehr weitläufige Zufahrt zu einem Privatgrundstück zu sein und die Wiese könnte sich bei Regen in einen kleinen Sumpf verwandeln, deswegen fahren wir lieber weiter. An der E6 Richtung Lakselv gibt es diverse Picknickplätze, da wird sich schon eine Gelegenheit auftun. Tut sich auch, circa 30 Minuten später. Der Platz ist recht groß, hat ein Trockenklo und direkten Zugang zum Wasser, so dass Jamie dann auch mit seinem Sandspielzeug loszieht und Steine diverser Größe aus dem Sand ausbuddelt. Katja macht ein paar Fotos, Tommy unterhält sich mit Holländern, deren Kinder nach einigen Anlaufschwierigkeiten mit Jamie spielen. Eine kleine Herde Rentiere hält die Autofahrer auf Trapp, da sie sich nicht für einen Seitenstreifen entscheiden können und am Strand laufen sie ebenfalls umher. 

Das wird unsere letzte Nacht in Norwegen, ab morgen befinden wir uns dann im Norden von Finnland. Danke Norwegen, wir hatten eine schöne Zeit. Du bist verdammt groß, unendlich schön und vielfältig und gern hätten wir noch mehr gesehen und gemacht. Die extremen Wanderungen in den Fjorden müssen wir auf später verschieben. Wir müssen auf jeden Fall nochmal wiederkommen für die Polarlichter und das besondere Ambiente in den Polarnächten, das besondere Licht, das so viele Fotografen in dieser so kalten Zeit in den Norden lockt. Und Katja möchte sich den langgehegten Traum erfüllen, mit der Hurtigrute um Norwegen zu reisen. Es gibt noch so viel zu tun und zu sehen…

        


     Farvel Norge und Hei Suomi 

Ein LKW hat sich gestern Abend noch zu den schlafenden Wohnmobilen gesellt. Keine Ahnung, womit er beladen war, aber falls einer der Leser mit seiner Fracht beglückt wurde, können wir Euch versichern, dass die Schlafpause ordnungsgemäß ohne Unterbrechung der Kühlkette abgehalten wurde. Der Kühlaggregator brummte nämlich die ganze Nacht.


Jamie möchte heute morgen nochmal im Sand spielen, deswegen zieht er sich nach dem Frühstück schnell an und Zähneputzen ist diesmal auch überhaupt kein Thema. Die Holländer kommen auch nochmal raus und Tommy unterhält sich wieder mit ihnen, während Katja den Ludwig aufräumt und abreisefertig macht. Sie hatte sich auf lange Diskussionen mit Jamie vorbereitet zwecks Weiterfahrt aber als er nass wird und schnell seine Klamotten wechseln möchte, ist er schneller im Ludwig als erhofft. Da dauert es heute mit dem Tommy länger. Irgendwann kommen wir dann los und fahren weiter Richtung Süden zur finnischen Grenze in Karigasniemi. Dort tanken wir erstmal, sehen endlich wieder Preise in Euro und fahren weiter durch das bekannte Lappland, welches sich in Finnland nicht von dem in Schweden unterscheitet. Wir bekommen wieder Seen, kleinwüchsige Birken, Flaschenbürstenkiefern und Sumpfgebiete zu Gesicht und fahren gemütlich mit erlaubter Höchstgeschwindigkeit von 80km/h über die „hui-Straßen“ die uns eine unterhaltsame Berg- und Talfahrt bescheren. Es sind auffällig viele Reisebusse unterwegs und aus dem Reiseführer wissen wir, dass dies eine beliebte Route für Touren aus dem Süden Europas ist (dazu zählen wir auch Deutschland) weil sie, je nach anfänglich gewählter Fährverbindung, ein schnelles Erreichen des Nordkaps ermöglicht. Wer fleißig recherchiert, findet im Internet zahlreiche Blogeinträge zur schnellsten Verbindung von Deutschland zum Nordkap (wie wäre es mit 10 Tagen?) und jedem steht natürlich frei, seine Reiseroute gemäß der zur Verfügung stehenden Zeit auszuwählen. Unsere Route darf gern als Empfehlung für das Gegenteil, also eine möglichst lange Reisezeit angesehen werden und wir möchten noch einmal betonen, dass wir das ganze noch weiter hätten in die Länge ziehen können, wenn wir nicht noch einige andere Ziele vor uns hätten.

 



Wir befinden uns im Einflussgebiet des Inarijärvi (kurz Inari), dem drittgrößten See Finnlands und unser Ziel ist ein weitaus kleinerer See in unmittelbarer Nachbarschaft, der Määtänlampi (nein, ich bin nicht auf dem ä hängengeblieben!). Dort befindet sich ein beeindruckend hoher Vogelbeobachtungsturm, in der Nähe von Kaamanen und den wagen wir zu besteigen. Man kann tatsächlich nur von einem Wagnis sprechen, denn hier gibt es soviele Mücken, dass sie sich in Scharen auf jedes lebendige Wesen stürzen. Auf dem Turm angelangt, fängt es an zu regnen und so bleiben wir nicht lange und wollen unseren Ludwig von unserem jetzigen Parkplatz fahren, der sich bei längerem Regen in eine Matschfalle verwandeln könnte. Wir fahren ein paar Meter weiter zu einem geteerten Parkplatz an der extrem ruhigen Straße und beschließen, die Nacht dort zu verbringen. Leider können wir den Ludwig auch hier nicht verlassen, man kommt sich vor wie in einem schlechten Zombie Film. Wir im Ludwig, draussen die Mücken- Zombies, die nur auf eine Gelegenheit warten, sich Zutritt zum Wohnmobil zu verschaffen und über uns herzufallen. Zweimal kommt ein Rentier vorbeigetrabt, bleibt kurz stehen, guckt nicht schlecht in unsere Richtung und frisst genüsslich an einer kleinen Birke. Außer drei oder vier Autos sehen wir heute abend nichts und niemanden mehr aber wir sind gut beschäftigt mit den Mücken, die sich trotz verschlossener Tür und Fenster Zutritt verschafft haben. Keine hat es überlebt, das können wir vorwegnehmen….



Wir besuchen eine Bärenhöhle

Es ist so ruhig, dass wir wieder sehr spät wach werden. Bis wir endlich abfahrbereit sind, ist es kurz nach Mittag. Wir stoppen kurz in Inari und schauen nach Mückenspray oder irgendetwas anderem nützlichen im Kampf gegen Mücken (wir kaufen die bekannten Spiralen). Anschließend geht’s noch ein paar Kilometer weiter zu einer Touristenattraktion, die Katja im Reiseführer gefunden hat. Nach dem Besteigen einer schier endlosen Holztreppe, die sich einen birkenbewachsenen und mit zahlreichen Felsbrocken verzierten Hang hinaufwindet, erreicht man einen besonders großen Felsbrocken, den Bärenhöhlenstein (Karhunpesäkivi). Der Eingang ist recht klein (für Kinder problemlos machbar, für normalgebaute Erwachsene durchaus ebenfalls möglich) und es bietet sich eine kleine Höhle, die im Laufe einer sehr langen Zeit durch Verwitterung entstanden sein soll. Steigt man die Stufen noch weitere 300m hinauf, erreicht man eine Aussichtsplattform, die einen weiten Blick ins wald- und seenreiche Umland preisgibt. Es scheint sich tatsächlich um eine Touristenattraktion zu handeln, denn der Parkplatz ist gut besucht, vor allem natürlich von Finnen. Es gibt ein kleines Café mit Souvenirshop und man darf hier kostenlos auf dem kleinen Parkplatz übernachten. Da Jamie den kleinen Sandkasten vor dem Café in Beschlag genommen hat und wir heute ohne große Diskussionen sowieso nicht mehr weg kommen, entscheiden wir uns, die Nacht hier zu verbringen. Auch hier gibt es Mücken, aber es hält sich tatsächlich in Grenzen, obwohl wir direkt am Wasser stehen. Katja unterhält sich mit einem deutschen Rentner, der ihr u.a. erzählt, dass es tatsächlich nur kurze Zeit so schlimm ist mit den Mücken und das hat was mit den Rentieren zu tun, die sich gerade massenhaft hier wegen ihrer Nachkommen aufhalten. Ziehen die Rentiere weiter, verschwinden auch die Mücken. Na wers glaubt…..!    



 Zur Abwechslung mal ein Aussichtsturm....

Während wir unseren Ludwig heute morgen abreisefertig machen, schichtet Jamie nochmal den Sand auf dem Minispielplatz um. Dann geht’s ohne Murren weiter. Wir kommen durch den größeren Ort Ivalo und dort laufen die Rentiere einfach so auf der Straße herum, ohne dass es jemanden stört oder als etwas besonderes empfindet. Rentiere werden als die Haustiere der Sami bezeichnet, obwohl wir ja bezweifeln, dass alle Einwohner in Ivalo zum Stamm der Sami gehören. Aber egal, gewöhnt haben sie sich alle an die Tiere und so sind wir die einzigen, die begeistert schauen und ihr Handy zum Fenster raushalten. Generell haben wir festgestellt, dass man die Rentiere am Straßenrand extrem spät bemerkt, auch wenn sie auffallend helles Fell haben und die Männchen mit ihrem Geweih nicht wirklich zu übersehen sind. Aber die langen eintönigen Straßen sorgen dafür, dass man eben doch hin und wieder einen Tunnelblick bekommt und der Straßenrand außer Acht gelassen wird. Und plötzlich steht da ein Rentier direkt am Straßenrand und man ist total erschaunt und fragt sich, wo das so plötzlich herkommt. Deswegen ist die häufige Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80km/h gerechtfertigt und sinnvoll.

So wirklich viele Sehenswürdigkeiten gibt es ja in Finnland nicht und schon gar nicht hier oben. Da hat es Finnland zweifelsohne recht schwer im Vergleich zu seinen Nachbarn. Man merkt es auch beim Lesen des Reiseführers, da werden sogar Vogelbeobachtungstürme und einfache Aussichtstürme in Skigebieten angepriesen, die in Publikationen über andere Länder überhaupt keine Erwähnung gefunden hätten. Aber egal, den Berg Kaunispää (438 Meter hoch) nehmen wir mit, parken auf dem Plateau gleich neben dem Sessellift, der im Sommer außer Betrieb ist und klettern den Beobachtungsturm hinauf, womit wir uns sogleich auf stolze 450m über den Meeresspiegel begeben haben. Der versprochene Rundumblick bleibt uns leider verwehrt durch die an den Hang gebauten Ferienhäuser und die Sessellift- Anlage, aber wir wollen nicht meckern. Der Weitblick in die bergige Ferne ist uns bisher durch das bretternebene Gelände und die vielen Bäume verwehrt geblieben und eine willkommene Abwechslung. Jamie hat mal wieder schlecht gefrühstückt und daher gibt es vor der Weiterfahrt eine abgespeckte Raubtierfütterung. 


Dann fahren wir noch eine Stunde bis zum heutigen Ziel, dem gestauten Kitinen, wo ein großes Areal freigeräumt und für Camper verfügbar gemacht wurde. Katja hat es sich inzwischen angewöhnt, auch die Beurteilungen bei Google zu lesen und so schrieb ein holländischer Zeitgenosse, dass er schon seit 8 Jahren hierher kommt und immer kostenlos übernachtet hat und deshalb überhaupt nicht einsieht, warum er plötzlich für genau den selben Platz 6 Euro zahlen muss, wo es keinen zusätzlichen Service gibt. Tja, sowas nennt sich Tourismus und so zahlen wir inzwischen sogar 6,50 Euro einfach nur für den Platz ohne alles. Es gibt hier zahlreiche Feuerstellen und so machen sich Jamie und Katja auf die Suche nach Feuerholz. Mehr als dünne vertrocknete Äste finden sie nicht und davon auch nur zwei Handvoll. Das reicht gerade mal zum Anschüren. Tommy erfährt später von einem deutschen Gast aus Kitzingen, dass vorne um die Ecke in der Holzhütte ganz viel Holz gestapelt sei und man sich dort bedienen dürfe. Na wunderbar, da war doch die Stellplatzgebühr nicht ganz umsonst. Tommy und Jamie holen zusammen eine Ladung und dann Katja und Jamie auch nochmal und dann kanns losgehen. Es zieht sich bereits zu aber wir schaffen es noch, unsere Pilzpfanne, Pfannenbrot und Bockwürste zu braten und erst nach dem Aufräumen und dem Schließen der Womotür beginnt der Regen auf uns hiernieder zu prasseln.

  

     

 Auf Amethyst Suche in der Lampivaara Mine

Es regnet die gesamte Nacht hindurch und auch am Morgen hat sich der Himmel noch nicht vollständig entleert. Als wir gegen Mittag wegkommen, regnet es noch immer. Unser erstes Ziel ist Luosto am Kitinen was in einer anderen Jahreszeit ein sehr beliebtes Wintersportzentrum ist. Wir sind aber für die noch ein paar Kilometer weiter befindliche Lampivaara Mine gekommen, der einzigen ihrer Art in Europa, wo man den zart-violett schimmernden Amethyst findet. Wir sind uns nicht sicher, ob Kinder dort mit hineindürfen (im Nachhinein kann man sagen, ja dürfen sie) und außerdem läuft man vom Parkplatz noch 2,6km bis zur Mine, wo man einer englischsprachigen Führung beiwohnt. All dies wäre für Jamie furchtbar langweilig gewesen und so ist Katja allein gegangen. 

Zu Beginn der Tour erfährt man Wissenswertes über den Halbedelstein, dessen Entstehung, verschiedene Variationen (Rauchquartz, Schneequartz) und den Schamanenstein (er enthält gleichmäßige Anteile von Rauchquartz, Schneequartz und Amethyst), der ausschließlich in Lampivaara zu finden ist. Entgegen Katjas Befürchtungen handelt es sich um eine kleine Mine und ein recht kleines Unternehmen mit gerade mal 14 Mitarbeitern, die sich die Arbeit in Büro, Lampivaara Café, Führungen in der Mine und das eigentliche Ausbuddeln der Amethysten aufteilen. Der Juwelier hingegen arbeitet ausschließlich an den Fundstücken, die nur in der Mine und im Arctic Amethyst Shop in Luosto verkauft werden. Das Gebirge, in dem wir uns hier befinden, zählt zu den ältesten der Erdgeschichte und durch die verschiedenen Eiszeiten wurden mehrere tausend Meter Gestein abgetragen auf die aktuelle Höhe von knapp 500 Metern, was den Unterschied zu anderen Minen zum Beispiel in Brasilien  oder Sri Lanka ausmacht, wo wesentlich tiefer gegraben werden muss, um den Amethysten zu finden. Hier liegen sie in einem Geröllfeld an der Oberfläche und warten darauf, gefunden zu werden. 

Die Mine hat ungefähr 3000 Besucher im Jahr, die alle das gleiche Feld beackern, welches einmal im Jahr von einem Bagger bearbeitet und die oberen 10cm abgetragen werden. Der Bagger war angeblich erst vor einer Woche da und es hat frisch geregnet, was die Chancen erhöht, gute Steine zu finden. Nach ein paar Minuten hat sich das Auge daran gewöhnt, was man sucht, und so ist es gar nicht so schwer, die wirklich an der Oberfläche liegenden Steine zu finden. Durch den Regen ist es recht matschig beim Buddeln und so sieht man erst nach dem Abwaschen, ob man etwas wertvolles gefunden hat. Oft deutet der Guide auf einen kleinen Stein und meint, ja das ist einer und eigentlich sieht man nur Dreck. Aber sein Job ist es nun mal, nach Amethyst zu buddeln, er weiß also genau, wonach er suchen muss. Viel öfter hält man Rauchquartz oder Schneequartz in den Händen und Katja findet auch Steine, wo alle drei Komponenten enthalten sind, aber einen Schamanenstein ist es deswegen noch nicht, weil der Anteil Rauchquartz überwiegt. Am Ende darf man sich seinen Glücksstein aussuchen und behalten. Ist er zu wertvoll, kann man ihn für einen kleinen Aufpreis erwerben. Der Fund wird bewertet und wer möchte, kann mehr als den Glücksstein mitnehmen. Katja nimmt ihren gesamten Fund mit und zahlt dafür 20 Euro. Der Violett Anteil ist bei den meisten Steinen recht klein, aber wenn man selbst danach gebuddelt hat, hängt man ja doch irgendwie daran. 

Das Geschäftsmodell ist jedenfalls sehr clever, denn die Touristen holen die kleinen Steine raus aus denen man locker Ohrringe, Kettenanhänger oder Amethyst Perlen machen kann. Die größeren Steine werden von den eigenen Leuten in etwas professionellerer Manier ausgegraben. Katja hat nun ihre ganz eigene Sammlung von Amethysten in nicht allerbester Reinheit, aber sie wird sich ewig daran erinnern, wie sie ihre „Schätzchen“ gefunden hat.

Zurück am Parkplatz findet Katja ihre beiden Männer beim Filmegucken, was unsere Hausbatterie fast vollständig entleert hat und so fahren wir noch etwas weniger als eine Stunde zu einem Stellplatz, damit uns heute Abend nicht der Strom ausgeht. Unterwegs verbreitert sich plötzlich die Fahrbahn und wir haben auf jeder Seite 3 Fahrspuren, links und rechts Parkverbotsschilder. Nichts deutet darauf hin, was hier los ist, aber in einem Blog haben wir gelesen, dass es sich hier um eine Mischnutzung handelt und die Strecke bei Bedarf auch als Lande- und Startbahn für Flugzeuge genutzt wird. Die haben Ideen die Finnen! Wir befinden uns bereits im Bezirk Rovaniemi und der Stadt werden wir morgen einen Besuch abstatten. Für heute stehen wir ruhig an einer Kapelle mit Friedhof.