Samstag, 22. Juni 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 5 - ein kurzer Abstecher nach Schweden

 

hier sind die Teile 1 und 2 über Dänemark und die beiden anderen Teile 3 und 4 über Norwegen...

von Trondheim zum Eisbaden in Grong

Irgendwie haben wir geschlafen und sind, was nicht überraschen dürfte, früh wach. Wir brechen wieder auf Richtung Norden und halten in der größeren Stadt Steinkjer zum Vervollständigen unserer Vorräte. Als wir an einem Biltema vorbeikommen (der mit den schwedischen Preisen) halten wir dort auch nochmal und schauen nach einer Angel. Vom Angeln haben wir zwar keine Ahnung aber irgendwie gehört es ja schon zum Klischee des Nordenurlaubs dazu, dass man seine Angel auswirft, und so sind wir nun stolze Besitzer eines Anfänger-Angel-Sets. Tommy hat die heutigen Stellplatzoptionen ausgekundschaftet und wir fahren die erste an. Auch dort steht leider wieder ein Schild, dass der Platz bitte nicht für längeres als eine Rast genutzt werden sollte. Der nächste wäre erst 15km entfernt aber da der Nachmittag noch jung ist, begeben wir uns erstmal an eine Badestelle, kurz hinter dem Ortsausgang Grong


Tommy und Jamie werfen sich sofort in ihre Badesachen und auch Katja ist hoch motiviert, da sie ihre Haare waschen möchte (natürlich ohne Shampoo oder dergleichen). Im Nachhinein betrachtet fragen wir uns, warum man diese Stellen eigentlich als Badeplatz ausweist, denn das Wasser ist so fürchterlich kalt, dass dort kein Mensch wirklich lange ausgelassen baden kann. Katja versuchte es mehrfach, aber mehr als die Füße hat das Wasser nicht gesehen. Der Wille war da, aber die Füße verkrampften sich regelrecht bei den niedrigen Temperaturen. Tommy und Jamie sind nicht so kälteempfindlich und hielten sich eine ganze Weile am Wasser auf, Tommy irgendwann kurzzeitig auch mal im Wasser. Katja wusch derweil ihre Haare im Ludwig. Danach gings zurück in die Stadt und als Übernachtungsplatz entschieden wir uns für den Schotterplatz an der Straße. Dort stand noch ein anderes deutsches Wohnmobil und wir hatten einfach keine Lust, noch weiterzufahren. Außerdem hatte Katja am Abend ein wichtiges Seminar und brauchte eine gute Internetverbindung und hier war sie gegeben.

ein einsamer Grillplatz am See in Schweden 

Wie üblich verlief die Nacht ruhig und der Verkehr auf der Straße setzte nicht allzu früh wieder ein. Den ganzen Abend hatten wir noch Reiseführer und Straßenkarten gewälzt und haben beschlossen, unsere Reise in den Norden über Schweden fortzuführen. Das nächste Ziel sind zwar die Lofoten (also Norwegen) aber man kommt dort auch über einen Schlenker nach Schweden hin. Während der Fahrt genießen wir spiegelklare Seen, Berghänge und deren Ausläufer mit kleinwüchsigen Nadelbäumen und ausgeprägte Sumpfgebiete. Von den hohen Bergen rauschen dank der Schneeschmelze zahllose Wasserfälle. Man möchte an jeder Ecke anhalten und Bilder machen.

Irgendwann fahren wir ganz unspektakulär über die schwedische Grenze und weil hier kein Verkehr herrscht, können wir sogar mal anhalten und das „Ortseingangsschild“ fotografieren. Auf der schwedischen Seite ist die Straße sofort besser markiert und generell in einem besseren Zustand und als wir an der ersten Tankstelle vorbeikommen, fallen wir fast vom Glauben ab. Zum Vergleich: in Norwegen durchschnittlich 2,10€ für den Liter Diesel, in Schweden nur 1,65€. Das ist einer der Gründe, warum wir einen Abstecher nach Schweden machen, unser Geldbeutel wird es uns danken.

Unser Übernachtungsziel befindet sich in der Nähe von Risede und wir verlieben uns sofort. Es handelt sich um einen Picknickplatz mit mehreren Lichtungen, die jeweils eine eigene Feuerstelle haben. Ein Trockenklo ist vorhanden (neudeutsch Plumpsklo) und genug Holz sowieso. Wir suchen die für uns schönste Stelle aus und die zwei Männer beginnen sofort mit der Reinigung der Feuerstelle und der Neubeschaffung von Feuerholz. Katja bereitet den Teig fürs Stockbrot vor und am Abend gibt’s ein typisches Essen vom Lagerfeuer. Gegen die zahlreichen Mücken veranstaltet Katja ein wenig Hockuspockus und sie scheinen uns tatsächlich in Ruhe zu lassen. Wie Ihr Euch sicherlich vorstellen könnt, ist Jamie heute Abend nicht ins Bett zu bekommen! 

Noch ein Tag am See

Es gefällt uns so gut, dass wir einen zweiten Tag bleiben. Zu tun gibt es hier nicht wirklich etwas und ohne Kind würden wir einfach nur am See sitzen und die Ruhe genießen. Mit Kind verläuft der Tag komplett anders und so versuchen wir ihn abwechselnd zu beschäftigen. Entweder sammelt/sägt er Holz mit Tommy, sammelt Tannenzapfen und reinigt die Feuerstelle oder er hilft Katja beim Schneiden der Äpfel damit der Campingofen Omnia (eine schwedische Erfindung, wie passend!) mal wieder zum Einsatz kommen darf. Tommy packt bei der Gelegenheit unsere neu erworbene Angel aus aber hat Probleme bei der Anwendung. Irgendwie fliegt der Haken beim Auswerfen nicht so weit. Angelexperten zu Hause und Youtube Tutorials werden zu Rate gezogen aber lösen lässt sich das Problem vorerst nicht. Gern wären wir noch ein paar Tage länger geblieben, aber irgendwann wird es schwierig, einen fast Fünfjährigen davor zu bewahren, entweder in den kalten See oder ins Feuer zu fallen und so ziehen wir nach einer zweiten absolut ruhigen Nacht weiter, mit dem Wunsch, irgendwann nochmal zurückzukommen.

das schwedische Lappland und ein Wahnsinns "Sonnenuntergang" in Badviken

Heute geht’s nach Lappland und wir sehen bereits das erste Mal fressende Rentiere direkt am Straßenrand, die sich durch den dünnen Verkehr nicht aus der Ruhe bringen lassen. In Vilhelmina gibt es einen Einkaufsstopp. Der Ort wurde 1799 nach der schwedischen Königin Friederike Dorothea Wilhelmine von Baden umbenannt. Sie muss sehr beliebt gewesen sein, denn andere Orte der Region erhielten die Namen Dorotea und Frederika. Katja kommt ganz entzückt vom Einkaufen wieder (die Männer plündern in der Zeit den Keksvorrat) denn bei den Preisen macht das endlich wieder Spaß. Wir verabschieden uns noch von unserem Müll und dann geht’s noch ein paar Kilometer weiter nach Badviken, wo wir die Nacht verbringen werden. 


Es handelt sich wieder um eine viel zu kalte Badestelle aber Jamie und Tommy spielen trotzdem ausgelassen am Sandstrand und hinterlassen zahlreiche Meisterwerke aus Sand. Katja sitzt im Campingstuhl und wälzt den Reiseführer für Nordschweden. Hier stehen bereits ein zum Wohnmobil umgebauter französischer Reisebus, eine Deutsche mit ihrem Mini-Wohnanhänger in Pink und es kommt noch ein holländisches Paar dazu, das am liebsten gleich auf dem Strand parken möchte. Als Jamie bereits schläft, unterhält sich Katja mit der Norwegerin aus dem Womo nebenan und es stellt sich heraus, dass sie eigentlich ausgewanderte Holländerin ist. Sie erzählt, dass die Lofoten im Juli richtig voll sind und man kaum einen Platz mit dem Wohnmobil findet, weswegen wir uns nun wieder ein bisschen mehr beeilen, dorthin zu kommen.

durch Lapplands Einöde nach Slagnäs

Bevor wir am nächsten Tag loskommen, möchte Jamie unbedingt nochmal am Strand spielen. Bei der Gelegenheit saugt Katja mal wieder den Ludwig durch und macht ihn abreisefertig, während Jamie und Tommy abermals den Strand beackern. Dann geht’s weiter. Das Lappland ist heute nicht so spektakulär, die Fahrt ist recht eintönig. Die Menschendichte ist gering, somit gibt es nicht sehr viele Ortschaften, die der Monotonie des Fahrens etwas entgegenzusetzen haben. Dazwischen gibt es einfach nur Straße und links und rechts Bäume. Dann mal wieder ein See und dann wieder Bäume. Um Übermüdung vorzubeugen, hat man beim Bau der Straße darauf geachtet, viele Parkmöglichkeiten zu errichten und so könnte man ranfahren und ausruhen. Kurz nach 14 Uhr erreichen wir unser Ziel, den Campingplatz in Slagnäs, geführt von einem deutschen Auswanderpaar. Wir checken ein, genießen unser obligatorisches Heißgetränk und Jamie springt auf dem Spielplatz herum. Da man hier auch angeln kann (die Saison hat allerdings noch nicht begonnen), führt Tommy dem Besitzer unsere Angel vor und lässt sich beraten beziehungsweise die beste Wurftechnik zeigen. Dabei bekommen wir eine neue, bessere Angelschnur geschenkt, die sich beim Abwickeln nicht sofort verheddert und siehe da, sie fliegt gleich viel besser. Der Campingplatz bietet WLAN an und so sitzt Katja am Abend im einsamen Gemeinschaftsraum und kümmert sich um „ihren Lernkram“.



 zweimal Polarkreis, einmal in Schweden, einmal in Norwegen

Am nächsten Tag steht bereits der nächste Grenzübertritt an, momentan geht’s Schlag auf Schlag. Wir fahren auf der 95 und passieren zahlreiche Seen, darunter auch den 30km langen Sädvvájávrre, dessen Eisschicht streckenweise noch nicht lange zerbrochen ist. An den wirklich fotogenen Stellen können wir leider nicht halten, aber für ein paar Fotos reichts trotzdem. 



In Jäckvik wird nochmal zu schwedischen Preisen getankt und eingekauft und dann sind wir schon fast wieder in Norwegen. Vorher halten wir aber noch kurz am Polcirkel Silvervägen, am Polarkreis auf der schwedischen Seite und wundern uns nicht das erste Mal heute, was es für eine Bewandtnis mit den vielen Campingplätzen hier in der Gegend hat. Es handelt sich um riesige Caravancamps, jeder Anhänger parkt dicht an einer Hütte. Sie scheinen noch nicht bewohnt zu sein, da das Gebiet bis vor kurzem wahrscheinlich noch im Winterschlaf steckte, aber es scheint wohl auch niemand mit seinem eigenen Caravan hier vorbeizukommen. Oder es sind Dauercamps, die den ganzen Sommer über immer wieder von den selben Personen bewohnt werden. Wie dem auch sein, wir laufen umher und knipsen ein paar Erinnerungsfotos, legen eine kurze Snackpause ein und dann geht es auch schon weiter. 


Beifahrerin Katja ist heute vorbildlich im Einsatz und koordiniert Smartphone, SLR und GoPro für Fotos und Videos während der Fahrt und beschwert sich nicht nur einmal über die saudreckige Windschutzscheibe! Es sind noch 36km bis zur norwegischen Grenze und die vorbeiziehende Landschaft ist einfach traumhaft. Mehrmals vernehmen wir vom jeweils anderen ein „Oooh“ und „Ach ist das schön“ während Jamie mit Spielen beschäftigt ist, damit wir eine lange Strecke ohne viele Beschwerden zurücklegen können. Nach dem wir den Tunnel auf der 77 verlassen, biegen wir links auf die E6 ab und fahren die letzten 30km zu unserem heutigen Ziel, dem Arctic Circle Centre, also dem Polarkreis auf norwegischer Seite. Wir stöbern ein wenig durch den Souvenirshop, Jamie geht seiner neuen Lieblingsbeschäftigung nach (schmückt sich mit Wikingerschwerten und -helmen und schaut grimmig) und wir schauen uns im „Kino“ einen kurzen Erklärfilm über den Polarkreis an. Nachdem wir zweimal mit Französisch nichts anfangen können, fragen wir an der Kasse nach der deutschen Version und diese wird uns auch sofort vorgespielt.


Danach geht’s nochmal für Fotos nach Draußen auf den Hügel mit all den fremdgestapelten Steintürmchen, was inzwischen sogar verboten wurde. Hier handelt es sich schließlich um wichtiges Kulturgut der Sami (früher nannte man sie Lappen) und die hatten für solche Steinhaufen nichts am Hut. Mit ihrer Kultur hat das wenig zu tun und warum jeder auf die Idee kommt, irgendwo Steine zu stapeln, haben wir uns bereits anderenorts gefragt. Lasst die Dinge doch bitte einfach so, wie Ihr sie vorgefunden habt, das ist eigentlich ein Grundsatz beim Reisen. Das Übernachten auf dem großen Parkplatz ist für Wohnmobile erlaubt und dies wird von vielen Reisenden in Anspruch genommen. Da um uns herum noch viel Schnee liegt, lassen wir uns hinsichtlich nächtlicher Temperaturen überraschen. Tommy schaut heute interessehalber mal nach der Fähre auf die Lofoten und stellt entsetzt fest, dass sie bereits für mehrere Tage ausgebucht ist. Wir beeilen uns mit unserer Buchung und nehmen, was noch zu kriegen ist: 3 Tage später 7 Uhr in der Früh. Jetzt haben wir uns extra beeilt und Kilometer geschrubbt und nun können wir die nächsten paar Tage erstmal Ruhe einkehren lassen.



Donnerstag, 20. Juni 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 4 - Geiranger bis Trondheim

 

Anfang verpasst? Nicht so schlimm, hierhier gehts los......

Von einem Fjord zum anderen (Geirangerfjord)

Wir waren bereits vorgewarnt, dass hier jeden Morgen die Ausflugsbusse der Kreuzfahrtschiffe vorbeidonnern, deswegen haben wir uns den Wecker gestellt, damit wir denen auf der engen Straße nicht begegnen. Sie sind aber früher dran als gedacht. Einer hält dann sogar bei uns und der kleine Platz wird von emsigen Asiaten geflutet, die alle ihre Selfies oder Gruppenbilder vor dem nebelbehangenen Gletscher machen. Oder vor dem, wovon sie denken, dass es der Gletscher sein könnte. Gesehen hat man ja nichts und so wurde mit dem Handy (und vermutlich Google Maps) die ungefähre Richtung ausgelotet. Auf dem Rückweg aus dem Tal begegnen wir dann keinen Reisebussen und können unsere Reise entspannt fortsetzen. 

Von Olden geht’s nach Stryn und dort wechseln wir auf die 15, die uns stetig bergauf führt, bis Tommy plötzlich runterschalten muss und meint „Jetzt geht’s los“. Die Steigung hat sich gefühlt verdoppelt und die Anzahl der Kurven auch. Allerdings hat sich auch die Landschaft verändert, wir befinden uns plötzlich von steilen Felswänden umgeben, auf den Bergen und auf Felsvorsprüngen liegt noch der Schnee. Und Jamie erzählt uns alle paar Meter, dass er einen Wasserfall gesehen hat. An einem, dem Øvstebro foss, halten wir für ein paar Fotos und lassen uns die Gischt ins Gesicht wehen. Nicht ganz so angenehm heute, denn hier oben herrschen keine sommerlichen Temperaturen! 

Als wir unsere Fahrt wieder aufnehmen wollen, sind wir zugeparkt und es stört die zwei Norweger in ihrem Van überhaupt nicht. Im Gegenteil, die Beifahrerin erneuert erstmal in aller Seelenruhe ihr Make-Up und schaut uns ganz ungläubig an, warum wir mit laufendem Motor neben ihnen stehen. Auf einem Plateau angekommen, geht die Straße zum Geirangerfjord links weg und so biegen wir ab auf die 63. Hier herrscht noch voll der Winter. Die Straße ist fachmännisch geräumt, man braucht keine Winterreifen, aber rechts liegt noch meterhoch der Schnee, an manchen Stellen ist er weggebrochen. Hier befinden sich normalerweise Seen, momentan ist aber alles noch weiß. Gefroren ist es aber nicht mehr, hier und da sind bereits Wasserlöcher zu erkennen, das Wasser und das umgebende Eis sind tiefblau. Das Licht ist so grell, dass man die Szenerie gar nicht fotografieren kann, die Welt ist einfach nur Weiß (Eis, Schnee, Nebel). 

Und dann beginnt die elendige Bremserei. Mit einem Dauergefälle von 9% geht es bergab, eine Kurve nach links, die andere nach rechts. Wir fahren im dritten Gang und sind immer noch recht schnell. An einer schönen Stelle halten wir mal kurz für Bilder, obwohl das eigentlich aufgrund der Gefahr von fallendem Geröll verboten ist. Aber unser Ludwig braucht ne Verschnaufpause. Den Pflichtstopp für alle Besucher am Flydalsjuvet Aussichtspunkt machen wir natürlich auch und ja, es ist ein erhabenes Gefühl, das erste Mal auf den Geirangerfjord zu blicken, der Ausblick ist wunderschön und auch wenn man schon 1 Million Fotos davon gesehen hat, so ist es trotzdem etwas ganz besonderes, seine eigenen Augen mit diesem Anblick zu entzücken. Wir sind aber noch immer nicht unten angelangt, wir haben noch einige Höhenmeter mit 10% Gefälle vor uns (insgesamt sind wir von 1030m runter auf Meeresspiegelniveau). Inzwischen herrscht hier richtig viel Verkehr, die ersten Wohnmobile und Reisebusse fahren schon wieder aus dem Tal heraus und weiter unten im Ort kommen noch die Touristen hinzu, die wegen der fehlenden Gehwege beidseitig auf der engen Straße laufen. Ein Kreuzfahrtschiff liegt vor Anker und so erhöht sich die Besucherzahl im Ort noch um das tausendfache. Wir fahren auf den Geiranger Campingplatz und haben einen Platz in 2. Reihe. Sie lassen sich diesen Ausblick königlich bezahlen (390 NOK inkl. Strom pro Nacht) aber das ist es uns Wert. Wir bleiben sogar zwei Tage, weil wir endlich mal wieder Wäsche waschen müssen.

Es ist kurz nach 13 Uhr und das letzte Ausflugsboot legt 14 Uhr ab. Das Wetter ist super und so packen wir schnell Kameras, ein paar warme Klamotten und Kekse für Jamie ein und laufen zum Pier. Wir werden schon früher aufs Boot gelassen und weil es Jamie nicht schnell genug geht, ist unser Krümelmonster bereits über die Kekse hergefallen. Wir haben uns für die 90 min Cruise entschieden (es gibt auch eine kürzere Variante in 60 min) und ich hätte noch viel länger draußen bleiben können aber für Jamie ist es zu lang und irgendwann beginnt er sich zu langweilen. Da kommt es wie gerufen, dass der Kapitän zum Schluss recht nah an einen Wasserfall heranfährt, das ist nochmal eine willkommene Abwechselung. Nach Verlassen des Boots gönnen wir uns noch ein Eis und sowas kann man sich eigentlich nur in Geiranger erlauben: Nirgendwo sind bei dieser Eisdiele die Preise angeschrieben, erst wenn man bereits an der Reihe ist, sieht man auf einem kleinen Schild, wieviel eine Kugel kostet (manche sehen es vielleicht auch nicht). Aber wer bestellt wohl sein Eis, hört den Preis und verweigert dann das Eis? Erstaunlicherweise kostet die Kugel weniger als in Stavanger (nur 32 NOK). Wir lassen den Tag ausklingen, genießen die Aussicht von unserem Wohnmobil heraus und beobachten die Abfahrt des Kreuzfahrtschiffes am Abend.


Haushaltstag in Geiranger

Die Nacht war erstaunlich kalt, Katja hat den Schlafsack wieder ausgekramt. Wir frühstücken draußen, aber man hält es nur in der Sonne aus, der Schatten ist noch zu kühl. Den gesamten Vormittag bis in den frühen Nachmittag hinein ist Katja mit der Wäsche beschäftigt, weil sie nur eine Maschine ergattern konnte. Eigentlich auch ganz gut so, denn wir haben nur einen Wäschetrockner. Im Schatten braucht die Wäsche zum Trocknen länger und es kann ja schlecht alles in der Sonne hängen. Somit ist Katja die ganze Zeit mit dem Rotieren der Wäsche beschäftigt, fast trockene Wäsche bekommt den Sonnenplatz und trocknet dort sehr schnell, dann kommt sie runter und die nächsten Wäschestücke rutschen nach. Tommy und Jamie haben eine spannendere Zeit auf dem Spielplatz, aber irgendwann treibt sie der Hunger zurück zum Ludwig. 

Danach erkunden wir den überschaubaren Ort, laufen im Touristenstrom den Storfosser hinauf, den lauten Wasserfall, der im gesamten Ort zu hören ist, begutachten kurz das Fjordcenter und laufen dann zur kleinen Kirche hinunter, was wir leider aufgrund der fehlenden Gehwege auch an der Straße machen müssen. Danach geht’s nochmal zur gestrigen Eisdiele und dort haben sie zwar die Preise auf dem kleinen Schild von 32 auf 35 NOK geändert (die Saison beginnt wahrscheinlich bald) aber wir haben trotzdem nur 32 NOK gezahlt. Heute sind zwei Kreuzfahrtschiffe im Fjord und deswegen Schlangen von Ausflugsbussen, die die Leute zum Glück woanders hinkarren. Aber nicht jeder macht ne Bustour und so verbleiben immer noch eine Unmenge von Leuten im Ort (heute Deutsche und Spanier). 

Ein bisschen fühlt sich Katja an ihre Zeit im neuseeländischen Milford Sound erinnert, wo es im Sommer ebenfalls von Touristen nur so wimmelte. Die schönste Zeit war dann der Abend, wenn die Busladungen verschwunden waren und man den Fjord wieder für sich allein hatte. Ganz allein hatten wir Geiranger zwar nicht aber man merkt den Unterschied gewaltig, wenn die vielen tausend Passagiere verschwunden sind. Ein bisschen Sorge bereitet uns der morgige Tag, denn irgendwie müssen wir ja wieder aus dem Tal heraus, 1030 m nach oben. Unser armer Ludwig! Wir beschließen, den Wecker zu stellen und ohne Frühstück aufzubrechen, um uns ohne Gegenverkehr den Berg hinauf zu quälen, denn solange unser Ludwig seinen Schwung nicht verliert, ist er unschlagbar.


früher Aufbruch nach Oppdal 

Gesagt, getan – der Wecker klingelt 7:30 Uhr und Punkt 8 Uhr befinden wir uns wieder auf der 63. Ludwig kann gemächlich in seinem eigenen Tempo die 1030 Höhenmeter zurücklegen und eine knappe halbe Stunde später sind wir oben angelangt. Uns fällt ein Stein vom Herzen und jetzt können wir auf dem Parkplatz „Langvatnet“, kurz nachdem wir auf die 15 abgebogen sind, einkehren und unser vorbereitetes Frühstück in einer herrlichen Winterlandschaft verzehren. Vor zwei Tagen war hier oben alles vernebelt, heute haben wir eine tolle Sicht auf die schneebedeckten Berge. Einfach traumhaft.  

Wir machen einen Zwischenstopp in Dombås, um uns die Beine zu vertreten. Wo kann man das besser als auf dem Spielplatz? Während Katja und Jamie spielen, kümmert sich Tommy ums Tanken und Einkaufen. Gleich neben dem Spielplatz befindet sich eine Gedenkstätte für gefallene norwegische und amerikanische Soldaten im zweiten Weltkrieg, denn hier landeten 1940 die ersten deutschen Fallschirmjäger, die schlussendlich nach Kampfhandlungen von den Norwegern gefangen genommen werden konnten. Da wir so früh aufgebrochen sind, ist es überhaupt noch nicht spät und so entschließen wir uns zu einer Weiterfahrt. Gegen Fotostopps haben wir aber nie etwas einzuwenden und so halten wir für einen sehr kurzen Spaziergang an der Dovregubbens Hall (ein prächtiger Holzbau aus dem Jahre 1938), wo wir zwei knuffige Knolle finden, die sich gern mit uns ablichten lassen und eine alte Natursteinbrücke, die ebenfalls ein geduldiges Fotomotiv darstellt. Und schon geht’s weiter.

Im Reiseführer haben wir eine tolle Picknickstelle entlang der E6 gefunden, aber leider hat sich die im Buch geschilderte Situation geändert. Inzwischen ist das Übernachten hier nicht mehr erwünscht, auf Schildern wünscht man einen angenehmen und erholsamen Stopp und eine sichere Weiterreise. Nun gut, dann müssen wir eben weiter und so fahren wir die letzten Kilometer bis nach Oppdal, wo verschiedene Quellen den riesigen Parkplatz der Bergstation des Skiliftes als ruhige Übernachtungsmöglichkeit angegeben haben. Der Blick ist natürlich nicht so majestätisch wie die letzten beiden Tage in Geiranger, aber so ist das eben, es kann nicht immer nur bombastisch sein.


ein heißer Tag in Trondheim 

Wir schlafen ohne jegliche Störungen und am nächsten Morgen fahren wir erstmal zu Biltema, weil wir Motoröl für Ludwig brauchen. Im Laden gibt’s alles rund ums Thema Auto, Camping, Outdoor und ein bisschen Baumarkt ist es auch. Sie werben mit „Schwedischen Preisen“, was wir im Detail nicht überprüft haben. Wir zahlen 299 NOK für 4 Liter Öl und weiter geht’s im Programm. Ziel für heute ist Trondheim und da keine engen, kurvigen und extrem steilen Straßen zu erwarten sind, sitzt Katja mal wieder hinterm Steuer. 

In Trondheim fahren wir auf den offiziellen Womo Stellplatz, Tommy bezahlt am Automaten und wir haben uns dran gewöhnt, dass man oft keinen Zahlungsbeleg bekommt. Dann laufen wir in die Stadt, Jamie ist wieder mit seinem Laufrad unterwegs. Einen richtigen Plan haben wir nicht, wir schauen ab und zu mal auf Google Maps, weil Katja gelesen hat, dass das historische Viertel ganz hübsch sein soll und der Nidarsdom ist ebenfalls sehr bekannt (eine gotische Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert; sie beherbergt die Kronjuwelen). Wir finden beides, fotografieren, gönnen uns später Eis und Heißgetränk, aber verzichten auf den obligatorischen Kühlschrankmagneten, die Katja schon seit vielen Jahren sammelt. 99 NOK sind es ihr dann doch nicht Wert (=8,65 €)! Das alte Viertel Bakklandet ist zwar ganz hübsch anzusehen aber zum genussvollen Schlendern kommt man hier nicht. Schön, dass die Stadt den Autoverkehr eingeschränkt und eine verkehrsberuhigte Zone eingerichtet hat, aber leider gilt dies nicht für Fahrräder. Und so muss man höllisch aufpassen, nicht von einem der zahllosen vorbeieilenden Fahrräder angefahren zu werden. Viel gesehen haben wir eigentlich nicht, aber irgendwann ist bei Jamie die Luft raus; das Interesse ist verflogen und heiß ist es ebenfalls. So laufen wir schon wieder zurück zum Ludwig und verbringen dort den Rest des Tages.

 

Manchmal fragen wir uns, ob die Kommunen einen Wettbewerb laufen haben, den schlechtesten Platz für einen Wohnmobilstellplatz zu finden. Bei einem städtischen Stellplatz, dazu noch in einer Metropole, erwarten wir weiß Gott keine Wohlfühloase und dass es lauter ist als irgendwo im Fjord ist selbstredend. In Trondheim hat man es geschafft, den Stellplatz an einer Hauptstraße und direkt neben der stark frequentierten Eisenbahnlinie bahnhofsnah zu bauen. Die Bahn klingt nach einem Güterzug und bremst in Höhe des Stellplatzes aus voller Geschwindigkeit geräuschvoll ab. Dort kommt man einfach nicht zur Ruhe! Wenigstens ist der Platz halbwegs eben und man ist innerhalb von 15min im Stadtzentrum. 340 NOK löhnt man für die Stadtnähe und hat leider keine Übernachtungsalternativen.




Montag, 10. Juni 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 3 - Südnorwegen und die Fjorde

 

Die Ankunft in Norwegen und Lindesnes

Wie für uns üblich, haben wir keine vorgeplante Route, die wir verfolgen. Wir haben zwar zwei Reiseführer vom Wohnmobil Verlag gekauft, die den Süden und den Norden Norwegens recht detailliert abdecken, aber man benötigt eben auch Zeit, diese zu lesen. Wir stöbern meistens abends in den Reiseführern, wenn wir die nächsten Tage planen. Das Dilemma, sofort nach Verlassen der Fähre eine grundlegende Entscheidung entweder für die Fjorde im Westen oder die Inlandsroute über Oslo treffen zu müssen, war uns in seiner ganzen Tragweite so nicht bewusst. Warum es sich hierbei um ein Dilemma handelt, werden wir an passender Stelle näher beleuchten und möchten es hier nicht vorwegnehmen.


Unsere Fährverbindung von Hirtshals (Dänemark) führt uns mit der Colour Line in 4 Stunden nach Kristiansand in Norwegen. Hier der erste kleine Aufreger (von dem wir allerdings im Reiseführer gelesen hatten): die Reederei besteht auf ein Abstellen der Gasanlage, deren Betrieb ist selbst mit eingebautem Crash-Sensor (wo sich das Gas automatisch abstellen sollte) nicht gestattet. Das bedeutet, dass der Kühlschrank für eine ganze Weile nicht läuft. Na wunderbar, wir hatten uns kurz vorher im Skagener Lidl nochmal gut mit Lebensmitteln eingedeckt.

Pünktlich zum Feierabend kommen wir in Norwegen an und es ist dementsprechend viel los auf den Straßen. Wie gut, dass sich nun noch unzählige PKW, Wohnmobile, einige wenige LKW und gar nicht so wenige Motorräder in den Verkehr einfügen. Wir hatten uns tags zuvor bereits für das norwegische Mautsystem online registriert und so fahren wir auf die gebührenpflichtige E39 und verlassen die Stadt Richtung Westen. Bereits am ersten Tag passieren wir 12 Tunnel, die Aussicht ist hinreisend und bei all den kleinen Buchten, roten Bootshäuschen, weiß getünchten Wohnhäusern und der malerischen Landschaft allgemein, kommen wir bereits ins Schwärmen. Irgendwann verlassen wir die E39 und fahren auf ruhigeren Nebenstrecken, die teilweise immer enger und kurviger werden. Dafür wird die Landschaft immer schöner. Wir passieren kleine Orte, die alle ihren Bootsanleger und eine kleine Badestelle haben. 

Wir erreichen den südlichsten Punkt Norwegens, Lindesnes mit seinem Leuchtturm Lindesnes fyr und bekommen erstmal einen riesigen Schreck. Im Reiseführer hatte etwas von 100 NOK Parkgebühr gestanden, das ist aber nicht mehr aktuell und so zahlen wir zähneknirschend 300 NOK Übernachtungsgebühr (1 Euro sind ungefähr 11 NOK, somit sprechen wir hier von 25 Euro für einen stinknormalen Parkplatz ohne jeglichen Service). Darin ist wohl der Eintritt für das ganze Gelände, Leuchtturm, Ausstellung etc enthalten, aber das Gelände betreten wir sowieso umsonst, weil niemand mehr im Kassenhäuschen sitzt. Außerdem ist fraglich, ob hier der Eintritt für 3 Personen angerechnet würde. 

Egal, wir genießen das Erkunden des Areals, das Klettern auf den Felsen, das Erforschen der vielen Bunker der Wehrmacht, die durch Gänge miteinander verbunden sind und sogar eine kleine Bilder Ausstellung von diversen norwegischen Leuchttürmen. Wer mehr Zeit in der Umgebung verbringen möchte, kann dies auf 4 verschiedenen Wanderwegen tun und auf dem Felsen gegenüber des Leuchtturms steht ein Gedenkstein für die Opfer des Abschusses des deutschen Kriegsgefangenenschiffes MS Palatia vor dem Leuchtturm am 21.10.1942, bei dem 885 sowjetische Kriegsgefangene, 70 deutsche Soldaten und 1 norwegischer Lotse ums Leben gekommen sind.

Åna-Sira

Nach dem Frühstück und weiterer kleiner Erkundungstour fahren wir weiter und legen einen Teil der Strecke vom Vortag in entgegengesetzter Richtung zurück. Wir wollen wieder auf die E39 aber um dort hinzukommen, quälen wir unseren Ludwig einige enge Straßen hinauf und dann wieder hinunter. Wir fahren einem Engländer in seinem Rechtslenker hinterher und fühlen uns an die Zeit in England zurückversetzt, wo es nicht immer einfach war, auf der „falschen“ Seite enge, schlechte Straßen zu manövrieren. In Lyngdal kaufen wir kurz Brot. Unser heutiges Ziel ist Åna-Sira in Rogaland. Wir haben den Ort für keinen bestimmten Grund ausgewählt, wir schauen einfach ungefähr nach zu fahrenden Kilometern und wenn wir keine Ver- oder Entsorgung oder Strom benötigen, suchen wir im besten Fall nach kostenlosen Plätzen. 

Nach Verlassen der Autobahn das gleiche Spiel, Berg hoch, hoffen dass kein Gegenverkehr kommt, sparsam bremsen damit Ludwig´s Bremsen nicht so heiß laufen. Zwischendurch ein paar Baustellen da die Norweger wohl gemerkt haben, dass die Bergstraßen bei dem ganzen Verkehr erweitert werden müssen. Es gibt zwar Ampeln an den Baustellen aber nur weil die Ampel auf grün schaltet, heißt das nicht, dass man auch weiterkommt. Wir beobachten, wie der Bagger riesige Gummimatten aus dem Boden holt, die dort wahrscheinlich vor Jahren verlegt wurden, um dem Boden Haftung zu geben. In Åna-Sira angekommen, stellen wir uns auf den kleinen Parkplatz bei der Kirche und begeben uns zur Badestelle ein paar Meter die Straße runter. Dort verbringen wir den Nachmittag, bis wir einen sehr müden Jamie zwecks Abendessen ins Wohnmobil zurückbeordern müssen.



Stavanger 

Obwohl wir direkt an der Straße stehen, verläuft die Nacht ruhig. Anfangs ist sich unser Navi heute Morgen mal wieder nicht so sicher, in welche Richtung wir fahren sollen, und als sie sich entschieden hat (es ist eine sie), scheucht sie uns gleich mal zum Aufwachen einen mega steilen Berg hinauf. Das sollten nicht die einzigen Haarnadelkurven heute bleiben. Bereits gestern Abend haben wir eine längst überfällige längerfristige strategische Planung für Norwegen durchgeführt, denn die Fahrt durch den Westen erfordert viele Tunnel und einige Fähren. All das kostet natürlich Geld und bei unserer Wohnmobillänge (leider über dem Standard von 6m) wird das sehr schnell sehr teuer. Aber die ganze Strecke zurück nach Kristiansand, um dann Oslo hinaufzufahren, wollen wir auch nicht. Also versuchen wir erstmal, so viel wie möglich auf der E39 zu bleiben, Fähren zu nutzen, wo es nicht anders geht und uns dann ins Inland zu begeben. Die Strecke dort wird nicht einfacher werden für unseren Ludwig, schließlich ist das Inland nicht weniger bergig. Wir werden uns überraschen lassen müssen, wir können nicht vorhersagen, welches die beste Option für uns ist.

Heute steuern wir erstmal auf Stavanger zu und dort haben wir einen Parkplatz gefunden, der zwar nicht kostenlos ist (210 NOK für 24 Stunden) aber er wird als sicher angepriesen und befindet sich nicht im Getümmel des Haupthafens. Wir parken und laufen ca. 20 Minuten (Jamie fährt Laufrad) ins Stadtzentrum und sehen die dicke fette AIDA hinter den kleinen Hafenhäuschen. Sie überragt dort einfach alles, Wahnsinn wie groß dieses Schiff ist! Dementsprechend wurde die Stadt von deutschen Urlaubern geflutet, überall hört man Deutsch und sogar auf dem Spielplatz findet Jamie deutsche Kinder zum Spielen. Wir gönnen uns eine Kugel Eis (jeweils 50 NOK!) und später noch den obligatorischen Kühlschrankmagneten. Jamie beschwert sich, dass es ihm zu heiß ist und ja, er hat Recht, die Sonne brennt heute mal wieder. Nach dem Spielplatz hat er plötzlich keine Lust mehr auf weiteres Sightseeing und so gehen Jamie und Katja schon zum Ludwig zurück, während sich Tommy noch ein wenig umschaut, aber nichts Weltbewegendes entdeckt. Zurück auf dem Parkplatz beobachten wir fasziniert, wie selbst bei der Hitze die (so scheint es) öffentliche Sauna rege genutzt wird und man sich mit einem Sprung ist eiskalte Hafenbecken abkühlt.



zwei Fähren, zahlreiche Tunnel und voller Stellplatz in Bergen

Den nächsten Tag machen wir, für unsere Verhältnisse, richtig Fortschritt, wir schaffen über 200 Kilometer von Stavanger nach Bergen. Das Fahren ist super entspannt für Tommy, weil wir auf zweispurigen Straßen fahren und nicht ständig nach Gegenverkehr Ausschau halten müssen. Einzig die vielen Tunnel sind eine Herausforderung (wir haben bis jetzt 39 Tunnel gezählt) besonders diejenigen, die unter Wasser führen, denn die Erbauer scheinen das Ziel gehabt zu haben, bis runter zum Erdkern zu gelangen. Solche Unterwassertunnel sind teilweise 14km lang, es geht die Hälfte der Strecke mit einer 8-9%igen Steigung nach unten, um sich anschließend wieder nach oben quälen zu müssen. 

Bei der ersten Fähre geht es so schnell, dass wir kaum Zeit haben, irgendwelche Schilder zu lesen, sehen im Augenwinkel noch, dass wir das Gas wieder abstellen müssen, was wir aber diesmal nicht gemacht haben. Wir werden sofort auf die Fähre gewunken, ein junger Mann regelt im besten Englisch die Zahlung mit uns (358 NOK) und den Beleg gibt’s nur noch mit Barcode. Nach knapp 20 Minuten geht’s wieder runter und die Fahrt geht weiter. Die nächste Fähre dauert etwas länger (ca. 45 Minuten) und dort müssen wir ein paar Minuten warten. Katja spricht mit dem Mitarbeiter einer anderen Fähre, der gerade nichts zu tun hat und fragt nach den Zahlungsmodalitäten (sie konnte am Automaten nicht zahlen, weil sie sich nicht zwischen PKW und LKW entscheiden wollte). Geht eigentlich alles automatisch, sagt er, aber wir haben uns nicht für das „Alles automatisch“ bei den Fähren registriert, sondern nur bei der Maut und da sollen wir uns einfach an den Ticketschalter an Board der Fähre wenden. Der Ticketschalter ist nicht besetzt, man sollte bitte im Café nachfragen und so fragt Katja nach dem ersten Ansturm nach, wo sie die Überfahrt bezahlen kann. Geht doch alles automatisch, sagt die gute Frau und sie bleibt dabei, auch nachdem Katja ihr erzählt, dass wir aus Deutschland kommen und nicht für den „auto pass“ registriert sind. Dann kommt irgendwann die Rechnung, das kann schonmal 3-4 Monate dauern. Zwischendurch sagt sie, es würde unserem Bankkonto berechnet, aber das können sie ja ohne Registrierung gar nicht haben. Nun sind wir nicht wirklich schlauer, aber da niemand unser Geld haben wollte, können wir uns nur überraschen lassen. Sie sagte jedenfalls, dass es schon irgendwie klappen wird. Nun gut.

Noch ca. eine halbe Stunde und wir kommen an unserem Stellplatz in Bergen an, der leider voll ist. Vielleicht ist Bergen einfach so beliebt und wir haben Pech, vielleicht liegt es auch am heutigen Nationalfeiertag, denn die meisten Wohnmobile sind aus Norwegen. Ein langes Wochenende steht an, das könnte länger dauern, bis da was frei wird. Im Reiseführer werden wir gewarnt, dass die Parksituation für Wohnmobile in Bergen bescheiden ist und so bleibt uns nichts anderes übrig als uns noch irgendwo hinzuquetschen und darauf zu vertrauen, dass es gutgehen wird. Für heute planen wir nichts mehr, das wollen wir Jamie nicht antun und so verschieben wir das auf morgen (vorausgesetzt, wir können das Womo dann doch noch woanders hin stellen).

Für den Nationalfeiertag (17.Mai) wurde bereits im Vorfeld das nötige Equipment zum Kauf angeboten: Norwegen Fähnchen, ganze Flaggen, Anstecker etc. Die Norweger putzen sich für ihren Tag gern heraus, die Männer tragen Anzug oder wenigstens Sakko, die Frauen und bereits kleine Mädchen tragen schöne traditionelle Trachten (bestehend aus langem Rock, weißer Bluse und bestickten Westen) oder wer sowas nicht hat ein leichtes Sommerkleid. In den Städten sind ganze Straßenzüge für die Musikkapellen, Umzüge und dergleichen abgesperrt und deshalb haben wir am Morgen auch etwas Not, aus Stavanger herauszukommen, denn natürlich ist gerade unsere Straße auswärts betroffen, sodass Tommy unseren wuchtigen Ludwig durch vollgeparkte Gassen scheucht und ich wieder nur entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen schlage. Kurz nach Stavanger besuchen wir übrigens noch die 3 großen Schwerter (Sverd i fjell), ein Fotostopp von 15 Minuten, dann geht’s weiter. Hier hat irgendwann mal eine große Wikingerschlacht stattgefunden, sowas passierte hier oben bekanntlich öfter.


Olden, irgendwo an einem Fjord

Es hätte ja klappen können. Hat es aber nicht. Wir werden so gegen 7:30 Uhr von Stimmen draußen wach. Tommy sieht einen älteren Herren, der umher läuft und Bilder von den Wohnmobilen macht, die da auf (wahrscheinlich seinem) Privatgrundstück stehen. Kann also sein, dass wir da irgendwann mal Post bekommen werden. Wir sind bedient, packen alles zusammen und verlassen noch ohne Frühstück das Areal. Leider ist es noch viel zu früh, von den anderen (genehmigten) Parkplätzen ist noch nichts frei geworden und somit haben wir keine Bleibe für unseren Ludwig während unserer Stadtbesichtigung. Die fällt somit aus und wir haben Bergen eben nicht gesehen. 

Als wir die Stadt verlassen haben, parken wir auf einem Parkplatz neben der Autobahn und frühstücken erstmal in Ruhe, damit der Tag wenigstens geordnet weitergehen kann. Es ist der erste bedeckte Tag in Norwegen und es soll ein Fahrtag werden. Nach Tanken und Kloleeren geht’s los, wir durchqueren wieder einen Tunnel nach dem anderen und am Ende des Tages sind wir bei 66 Tunneln seit unserer Ankunft angekommen (+- manchmal verzählt man sich auch mal). Wir fahren ca. 140km bis zu unserer Fähre in Oppedal, die uns in knapp 20 Minuten über den Sognefjord nach Lavik bringt. Von dort fahren wir noch nach Vadheim und machen erstmal ne längere Pause. Eigentlich hatten wir uns diesen Stopp für die Nacht ausgesucht, aber es ist erst kurz nach Mittag und wir können durchaus noch weiterfahren. Aber erstmal muss Jamie seinem Bewegungsdrang freien Lauf lassen und sich auf dem Spielplatz austoben. Wir durchstöbern die Straßenkarten und Stellplatzapps, da es hier in der Region mit Übernachtungsplätzen etwas mau aussieht. 

Später legen wir dann wieder los und scheuchen unseren Ludwig nochmal knappe 140km durchs Gebirge und diesmal geht’s richtig hoch. Überall um uns herum bestaunen wir schneebedeckte Berge und zum Fjord runter ist es so steil, dass der Motor nur bedingt mitbremsen kann. 2,5 Stunden später sind wir an unserem ausgesuchten Stellplatz angekommen und genießen die Aussicht auf den Briksdalsbreen, ein Nebenarm des größten Festlandgletschers in Europa, des Jostedalsbreen. Wir haben einen Wasserfall direkt nebenan und Jamie hat bereits fleißig Steine in den Fjord verfrachtet. Es ist ein kleiner Parkplatz direkt an der ruhigen Straße und hier stehen drei Camper/ Wohnmobile aus Deutschland.







Sonntag, 2. Juni 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 2- die Trolljagd geht weiter

 


Am nächsten Morgen gehen Tommy und Jamie erstmal eine Kleinigkeit einkaufen, danach erkunden wir den liebevoll angelegten Wasserpark mit einer Seilbahn übers Wasser, Stelzenklettern über Wasser, Steinehopsen über Wasser etc. Bei so vielen Wasseraktivitäten ist es fast abzusehen, dass Jamie irgendwann leichtsinnig wird und im Wasser landet. Tief ist es nicht, aber ein stehendes Gewässer und daher nicht besonders sauber, vom Geruch ganz zu schweigen. Also zurück zum Womo und Klamotten wechseln. Die Hose stinkt noch Tage danach und wenn möglich hängen wir sie nach draußen! 



Momentan haben wir uns voll der Trollsuche verschrieben, weil es auch keine wirklichen Sehenswürdigkeiten hier gibt und immer nur Städte anschauen wird für Jamie langweilig. Wir fahren nach Holstebro auf einen Waldparkplatz und suchen den Troll „Wilder Emil“. Der war gar nicht so wild, sondern schlief tief und fest in seiner urigen Behausung, gebaut aus aufgestellten und oben abgeknickten Ästen und dünnen Baumstämmen. Wir finden den angrenzenden Waldspielplatz und Jamie kann sich wunderbar austoben, danach gibt es noch ein Käffchen bevor wir den heutigen Übernachtungsplatz ansteuern. Eigentlich wäre noch genug Zeit, den nächsten Troll anzuschauen, denn er befindet sich ganz in der Nähe, aber Jamie ist doch tatsächlich mal während der Fahrt nach Hurup Thy eingeschlafen und wird jetzt irgendwie nicht mehr so richtig wach. Er ist faul und hat zu nichts mehr Lust. Also ist Spielen im Ludwig angesagt und die Audienz beim Troll wird auf den nächsten Tag verschoben. Tommy kommt heute Abend auf ganz dumme Gedanken und joggt – keine Ahnung was in ihn gefahren ist. 

Am nächsten Morgen werden wir durch laute Geräusche geweckt – sie nähern sich um sich dann wieder zu entfernen. Das passiert einige Male. Wie gut, dass wir uns gestern entschieden haben, auf den Rasenkantensteinen zu parken und nicht auf der Wiese, sonst hätten wir dem Traktor mit Mähaufsatz im Weg gestanden und wären vielleicht mit einem Hupen oder Klopfen an die Tür aus dem Schlaf geholt worden. 


In Dänemark erfreuen sich die Rasenroboter großer Beliebtheit, aber das fußballgroße Feld hätte so ein Robi nicht allein geschafft. Nach dem Frühstück geht’s los, der Troll wartet auf uns. Wir müssen ein Stück an der Straße entlang, bis wir auf den Fahrradweg ausweichen können. Wir suchen den Ask von Ashoj und als wir den Ashojvej finden (Ashojweg) sind wir guten Mutes, auf der richtigen Spur zu sein. Im Wald stolpern Jamie und Katja wegen zuviel Quatscherei ganz knapp an dem Riesen vorbei und den Tommy haben sie auch schon wieder verloren. Dank der Führung per Funkgerät finden die zwei blinden Hühner schließlich auch ans Ziel. Nach den obligatorischen Fotos geht’s zurück zum Ludwig, schließlich wollen wir weiter. 


Wir sind nur für den Troll auf die Halbinsel Thyholm gefahren, deswegen geht’s auf der 11 wieder zurück und wir nutzen das tolle Wetter, um an der Oddesund- Brücke ein kleines Entdeckerpäuschen zu machen. Dort wird zwar gerade gebaut, aber schauen kann man trotzdem mal. Die Brücke verbindet das Festland im Norden Jütlands mit der Halbinsel Thyholm im Südwesten der Insel Vendsyssel-Thy und stellt eine wichtige Verkehrsader in der Region dar. Die Brücke wurde 1938 fertiggestellt und ist eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke, die während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wichtige strategische Bedeutung hatte und daher unter strenger Bewachung stand. Davon können die zahlreichen Bunker aus dieser Zeit berichten. Einige sind (teilweise) begehbar, es laufen Audios von Zeitzeugen und in einem Bunker befindet sich sogar eine Kunstausstellung; dort wird aber gerade renoviert. Da die Bunker alle ein Feuchtigkeitsproblem haben, fragen wir uns allerdings, wie sie ihre Kunstwerke in dem besagten Bunker vor der Feuchtigkeit und dem einhergehenden muffigen Geruch schützen.


Abschließend gibt es auf dem großzügigen Areal, welches übrigens mit Picknickbänken und Grillplatz zum längeren Verweilen einlädt, noch einen Aussichtsturm, den Oddesundtårnet, der eine Fülle an Informationen über die Region, die Flora und Fauna und natürlich auch die ereignisreiche Geschichte zu bieten hat. Die Aussicht auf den Limfjord ist auch ganz hübsch. Der Turm ist kostenlos zu besichtigen und aufgrund des Aufzugs teils behindertengerecht errichtet (die Infotafeln im Treppenaufgang sieht man vom Rollstuhl allerdings nicht). Wenn man bedenkt, was sich zu Kriegszeiten Leidvolles hier abgespielt hat, dürfen wir Europäer mehr als dankbar dafür sein, heute auf Picknickbänken am Limfjord sitzen und einfach nur das Leben genießen zu können. Wir wünschen uns, dass sich dieser friedvolle Gedanke wieder in den Köpfen aller Menschen breitmacht. Der Platz bietet sich regelrecht für eine Übernachtung an, aber die laute Baustelle ist nicht sehr einladend. 


Über die Brücke rüber machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Leuchtturm Grisetå Odde Fyr aus dem Jahre 1909. Er überwacht die westliche Einfahrt des Fjords und er ist auf unserem Reiseführer abgebildet, weswegen wir ihn natürlich auch sehen wollten. Angeblich ziert der Leuchtturm die Verpackung des dänischen Käses „Sovind“, den man bei Aldi Süd kaufen kann, aber das haben wir nicht überprüft. 


Insgesamt fahren wir nur sehr wenige Kilometer heute, denn unser Übernachtungsstopp befindet sich an der Marina in Struer, ein Katzensprung von der Oddesund-Brücke entfernt. Nach unserer Ankunft das immer selbe Schauspiel, wenn wir Strom zur Verfügung haben: alles, was einen Stecker und Kabel braucht, wird herausgeholt und geladen beziehungsweise in Stellung gebracht (denn alles auf einmal geht nicht) und Katja stürzt sofort in die Dusche (sie darf immer zuerst weil  das Haaretrocknen länger dauert). Tommy und Jamie erkunden die Gegend und finden einen Spielplatz und duschen etwas später. 



Am Morgen lassen wir uns Zeit, wir haben Jamie versprochen, nochmal auf den Spielplatz zu gehen. Also geht Mama mit Jamie auf den Spielplatz und spielt Pirat, Tommy kümmert sich um Ent- und Versorgung von Ludwig und danach verlassen wir Struer. Es gibt einen kleinen Zwischenstopp bei Geddal Strandenge in der Nähe von Spøttrup, den wir im Reiseführer gefunden haben, aber er gibt nicht viel mehr her als einen kurzen Spaziergang entlang an einem vogelreichen kleinen See. Dem Reiseführer folgend hatte sich Katja eine Route zurecht gelegt, die Tommy ganz spontan umschmiss, um noch einen weiteren Troll zu besichtigen (eigentlich hatten wir ihn schon abgeschrieben). Also fahren wir nach Hobro (beziehungsweise Mariager) und besuchen den kleinen Ivan, der ein schönes zweites Zuhause in einer liebevoll hergerichteten Parkanlage erhalten hat, aber erstens beginnt es schon wieder zu regnen und zweitens brauchen wir noch einen Stellplatz und daher brechen wir nach einem kleinen Snack wieder auf (Jamie hat momentan ständig Hunger, hoffentlich hat er jetzt nicht wochenlang Wachstumsschübe). Wir haben uns das Wikingermuseum Fyrekat in Hobro ausgesucht, wo man mit dem Wohnmobil außerhalb der Öffnungszeiten umsonst stehen darf. Während Katja kocht, stapfen Tommy und Jamie über das Gelände. Katja tut es ihnen gleich, als Jamie ins Bett gebracht wird. Es handelt sich um ein wikingertypisches Langhaus und einen Wall, in dem sich früher eine Wikingerfestung befand. 

Am nächsten Morgen beschließen wir, die 100 DK Eintritt für einen Erwachsenen zu zahlen und so gehen Tommy und Jamie ins Museum, Katja hat frei und geht fotografieren. Das an den Parkplatz angrenzende Museum ist nur eine Art „Außenstelle“, denn das richtige Museum befindet sich ein paar Hundert Meter die Straße zurück. Dort befindet sich ein rekonstruiertes Wikingerdorf mit darstellenden Künstlern. 

Auch hier findet sich ein Langhaus, in dem eine ganze Sippe mit circa 20 Personen lebte, im Winter zusätzlich noch die Tiere. Das Dorf hatte eine Holzwerkstatt aber keinen Schreiner, denn die Dinge für den täglichen Bedarf stellte jeder Wikinger selbst her. Kleine Arbeitshäuser dienten eventuell aus Kostengründen als Wohnort für alleinstehende Arbeiter. Und die Schmiede stand immer etwas abseits von den anderen Häusern, da Hitze und umherfliegende Funken eine zu große Feuergefahr für das gesamte Dorf darstellten. Der Schmied wohnte vor Ort. Jamie durfte ein richtiges (viel zu schweres) Wikingerschwert halten und es gab Gelegenheit, ein verstoßenes Lamm zu streicheln, was von den „Dorfbewohnern“ mit der Flasche großgezogen wird.

Da wir nicht noch eine Nacht hier stehen wollen, fahren wir nach Aalborg, kaufen ein und parken ganz in der Nähe zur Fähre, die wir morgen nehmen wollen. Wir erkunden die Umgebung, entdecken den Vestre Fjordpark, ein riesiges Freibad mit Wasseraktivitäten, Spielplatz, Café (und das alles ohne Eintritt!), laufen durch das alternative Viertel Fjordbyen, welches süße kleine Wochenendhäuschen beherbergt, sich inzwischen aber auch als Ort für Aussteiger und Künstler entwickelt hat und landen letztendlich bei der Aalborg Streetfood Køkkenfabrikken. Eigentlich wollten wir nur ein Eis, dort gibt es aber auf 3000 qm Fläche Leckereien aus aller Herren Länder und so entscheiden wir uns für ein frühzeitiges Abendessen. Jamie tollt auf dem hauseigenen Spielplatz herum und kommt nur alle Nase lang mal vorbei, um sich ein paar Pommes in den Mund zu schieben. Ohne Theater bekommen wir ihn wieder nicht von hier weg. Wir haben uns entschieden, auf dem Parkplatz zu übernachten und verbringen eine ruhige aber ereignisreiche Nacht. 

Denn von zu Hause bekommen wir in jedermanns Status und auf Instagramm zahllose Bilder von Aurora borealis, den Polarlichtern zu sehen, während bei uns nichts passiert. Da sind wir zugegeben schon etwas neidisch, schließlich sind wir doch in den Norden gefahren, um sowas mal sehen zu können! Tommy schaut ständig in den Himmel aber bei uns sieht man nur weiße Schleier, es ist ein normaler bewölkter Himmel (nur dass man im Dunkeln ja keine Wolken sieht). Irgendwann geht er doch mal raus und nach ein paar Minuten kommt er wieder angeflitzt und meint, Katja soll sich ihr Handy schnappen und runter zum Fjordpark laufen, dort sieht man sie. Sie stapft also los, obwohl sie noch immer nichts als weiße Schleier sieht, hält ihr Handy drauf, Langzeitbelichtung und dann- wow- sind sie endlich da. Dann ist Tommy nochmal dran, diesmal nimmt er ein Handystativ mit (und weil er ein umsichtiger Ehemann ist, auch gleich nochmal Katjas Smartphone) und macht noch ein paar Bilder. Klar, wir sind natürlich froh, auch ein paar recht schöne Polarlichter Fotos gemacht zu haben, aber so hatten wir uns das irgendwie nicht vorgestellt. Da hat die Magie gefehlt, das Erkennen mit dem bloßen Auge, das fühlte sich irgendwie nicht echt an. Das hätten wir gern nochmal anders, aber die nächsten Monate gibt’s hier im Norden keine dunklen Nächte mehr, so dass wir uns in Geduld üben müssen. 


Für den nächsten Morgen haben wir uns den Wecker gestellt, denn es ist Samstag und allerschönstes Ausflugswetter und wir wissen nicht, wie voll die kleine Fähre nach Egholm wird. Die kleine Insel Egholm ist 650 ha groß und der höchste Punkt liegt immerhin 1,5m über dem Meeresspiegel. Wenn die Insel nicht eingedeicht wäre, würden mindestens 450 ha von der 600 ha Insel bei Sturm überschwemmt. Außerhalb der Deiche ist besonders die Egholm Nordküste von Strandwiesen und Strandsümpfen geprägt. Es gibt einen regelmäßigen Fährverkehr von Aalborg nach Egholm und innerhalb von 5 Minuten findet man sich in einer idyllischen Ruhe, fern ab vom Trubel der Großstadt und lauscht dem Vogelgezwitscher, den vorbeifahrenden Motorbooten und anderen Geräuschen der Natur. Die Insel ist bewohnt aber die Häuser kann man fast an beiden Händen abzählen. Bei Ausflüglern ist die Insel sehr beliebt zum Ausspannen, Baden oder für diverse Wandermöglichkeiten. 

Zwei der Wanderrouten (gelb und grün) führen direkt beim Troll Pil „Tausendzunge“ vorbei. Für die Fährfahrt haben wir für zwei Erwachsene 52 DK bezahlt, Kinder kosten nichts. Zurück am Ludwig gibt’s erstmal Käffchen und dann will Jamie unbedingt nochmal auf den Spielplatz in der Foodhall, weil er dort gestern „Freunde“ kennengelernt hat. Sie waren heute aber leider nicht da. Da wir ja nicht nur für Spielplätze hier sind, gehen wir getrennt rumlaufen und fotografieren und der andere beschäftigt sich während des Wartens mit dem Reiseführer für Norwegen. 

Ein neuer Tag bricht an und wir wollen nach Skagen. Auf dem Weg dorthin entsorgen wir im Hafen von Aalbæk und stellen uns in Skagen direkt in den Hafen. Skagen ist der größte und modernste Fischereihafen Dänemarks und hier liegen mehrere Trawler vor Anker, die mit der umstrittenen Schleppnetzfischerei großen ökologischen Schaden anrichten. Diese Boote sind mit umfangreichen Verarbeitungs- und Konservierungsanlagen ausgestattet und die Kühl- und Frostanlagen erlauben eine längere Verweildauer auf See. Bei mir löst der Anblick solcher Schiffe mächtiges Unbehagen aus, denn das Leerfischen der Bestände und das Zerstören des Lebensraums zahlreicher maritimer Lebensformen kann nicht die Lösung sein für die Versorgung des Menschen mit der wichtigen Nahrungsquelle Fisch. 

Skagen ist nicht sehr groß und so endet unser Spaziergang nach einem teuren Eis (113 DK) und wir kehren zum Ludwig zurück und fahren die letzten paar Kilometer nach Grenen zum Leuchtturm. Ein paar Meter weiter stolpert man über den offiziellen Grenen Touristenparkplatz, für den wir in der Nebensaison noch keine Gebühr löhnen müssen. Natürlich zieht es auch uns an den nördlichsten Punkt Dänemarks, dort wo Ost- und Nordsee zusammentreffen. Man kann die Strecke am Strand entlanglaufen oder man bucht eine Tour mit dem Sandormen, das ist eine Art Straßenbahnwagon, der von einem Traktor gezogen wird. Wir haben mal ausgerechnet, wieviel uns der Spaß gekostet hätte (2 Erwachsene, ein 4 jähriger, hin und zurück = 85 DK). 

Wir laufen natürlich selbst schon allein um die vielen tollen Steine am Strand zu begutachten. Die Strecke zieht sich, auf dem Rückweg gibt es ein wenig Theater, weil unsere kleine Maus müde ist und die Beine plötzlich wieder eine Funktionsstörung haben. Wir entscheiden uns zwei Nächte zu bleiben. Am zweiten Tag erkunden wir die Gegend, denn es gibt einiges zu entdecken. Das Grab des Dichters Holger Drachmann, der unter anderem auch in Skagen lebte, der Leuchtturm und viele Bunker der deutschen Wehrmacht aus der Zeit des zweiten Weltkrieges. Der Skagener Hafen war strategisch wichtig, daher wurde er von den Deutschen geschützt, vermutlich auch um ihre eigenen Versorgungswege zu sichern. Die Küstenanlage in Grenen bestand aus 28 Bunkern, davon bestanden 16 aus 2 Meter dicken Beton Wänden und Decken. Seit Kriegsende hat das Meer 40 Meter Land weggespült und die erste Reihe von Bunkern freigegeben, die nun teilweise unter Wasser stehen. Sie sind alle aus Sicherheitsgründen verschlossen, nur einer der größten ist begehbar und enthält kleine gemalte Kunstwerke an den Wänden. 

Auch heutzutage sieht man sehr viele Gestalten mit riesigen Gerätschaften durch die Dünen stapfen, das sind allerdings keine Raketenwerfer sondern hochauflösende Fernrohre, denn Grenen ist ein beliebter Ort zur Vogelbeobachtung. 

Für den dritten Tag haben wir uns wieder den Wecker gestellt, denn wir müssen nach Hirtshals für die Fähre nach Norwegen. Auf dem Weg dorthin leeren wir Grau- und Schwarzwasser und dann heißt es wieder warten. Das sind wir inzwischen gewohnt und so vertreiben wir uns die Zeit, machen uns routiniert noch eine Tasse Cappuccino und wundern uns, dass wir zum ersten Mal für die Überfahrt unser Gas abstellen müssen. Dann heißt es irgendwann Abschied nehmen und wir tun dies mit einem lachendem und einem weinenden Auge. Dänemark war nicht gespickt mit Highlights, wie sie uns in Norwegen erwarten, aber nichtsdestotrotz hatten wir eine schöne Zeit. Dänemark hat viel zu bieten und steht unbegründet im Schatten seiner größeren Nachbarn im Norden. Hätten wir mehr Zeit, würden wir länger bleiben, aber wir wollen bis ans Nordkap, bis dahin ist es ein langer Weg und die Sommer in Skandinavien sind kurz. Deswegen drängt die Zeit.