Donnerstag, 20. Juni 2024

Unsere Skandinavien Reise Teil 4 - Geiranger bis Trondheim

 

Anfang verpasst? Nicht so schlimm, hierhier gehts los......

Von einem Fjord zum anderen (Geirangerfjord)

Wir waren bereits vorgewarnt, dass hier jeden Morgen die Ausflugsbusse der Kreuzfahrtschiffe vorbeidonnern, deswegen haben wir uns den Wecker gestellt, damit wir denen auf der engen Straße nicht begegnen. Sie sind aber früher dran als gedacht. Einer hält dann sogar bei uns und der kleine Platz wird von emsigen Asiaten geflutet, die alle ihre Selfies oder Gruppenbilder vor dem nebelbehangenen Gletscher machen. Oder vor dem, wovon sie denken, dass es der Gletscher sein könnte. Gesehen hat man ja nichts und so wurde mit dem Handy (und vermutlich Google Maps) die ungefähre Richtung ausgelotet. Auf dem Rückweg aus dem Tal begegnen wir dann keinen Reisebussen und können unsere Reise entspannt fortsetzen. 

Von Olden geht’s nach Stryn und dort wechseln wir auf die 15, die uns stetig bergauf führt, bis Tommy plötzlich runterschalten muss und meint „Jetzt geht’s los“. Die Steigung hat sich gefühlt verdoppelt und die Anzahl der Kurven auch. Allerdings hat sich auch die Landschaft verändert, wir befinden uns plötzlich von steilen Felswänden umgeben, auf den Bergen und auf Felsvorsprüngen liegt noch der Schnee. Und Jamie erzählt uns alle paar Meter, dass er einen Wasserfall gesehen hat. An einem, dem Øvstebro foss, halten wir für ein paar Fotos und lassen uns die Gischt ins Gesicht wehen. Nicht ganz so angenehm heute, denn hier oben herrschen keine sommerlichen Temperaturen! 

Als wir unsere Fahrt wieder aufnehmen wollen, sind wir zugeparkt und es stört die zwei Norweger in ihrem Van überhaupt nicht. Im Gegenteil, die Beifahrerin erneuert erstmal in aller Seelenruhe ihr Make-Up und schaut uns ganz ungläubig an, warum wir mit laufendem Motor neben ihnen stehen. Auf einem Plateau angekommen, geht die Straße zum Geirangerfjord links weg und so biegen wir ab auf die 63. Hier herrscht noch voll der Winter. Die Straße ist fachmännisch geräumt, man braucht keine Winterreifen, aber rechts liegt noch meterhoch der Schnee, an manchen Stellen ist er weggebrochen. Hier befinden sich normalerweise Seen, momentan ist aber alles noch weiß. Gefroren ist es aber nicht mehr, hier und da sind bereits Wasserlöcher zu erkennen, das Wasser und das umgebende Eis sind tiefblau. Das Licht ist so grell, dass man die Szenerie gar nicht fotografieren kann, die Welt ist einfach nur Weiß (Eis, Schnee, Nebel). 

Und dann beginnt die elendige Bremserei. Mit einem Dauergefälle von 9% geht es bergab, eine Kurve nach links, die andere nach rechts. Wir fahren im dritten Gang und sind immer noch recht schnell. An einer schönen Stelle halten wir mal kurz für Bilder, obwohl das eigentlich aufgrund der Gefahr von fallendem Geröll verboten ist. Aber unser Ludwig braucht ne Verschnaufpause. Den Pflichtstopp für alle Besucher am Flydalsjuvet Aussichtspunkt machen wir natürlich auch und ja, es ist ein erhabenes Gefühl, das erste Mal auf den Geirangerfjord zu blicken, der Ausblick ist wunderschön und auch wenn man schon 1 Million Fotos davon gesehen hat, so ist es trotzdem etwas ganz besonderes, seine eigenen Augen mit diesem Anblick zu entzücken. Wir sind aber noch immer nicht unten angelangt, wir haben noch einige Höhenmeter mit 10% Gefälle vor uns (insgesamt sind wir von 1030m runter auf Meeresspiegelniveau). Inzwischen herrscht hier richtig viel Verkehr, die ersten Wohnmobile und Reisebusse fahren schon wieder aus dem Tal heraus und weiter unten im Ort kommen noch die Touristen hinzu, die wegen der fehlenden Gehwege beidseitig auf der engen Straße laufen. Ein Kreuzfahrtschiff liegt vor Anker und so erhöht sich die Besucherzahl im Ort noch um das tausendfache. Wir fahren auf den Geiranger Campingplatz und haben einen Platz in 2. Reihe. Sie lassen sich diesen Ausblick königlich bezahlen (390 NOK inkl. Strom pro Nacht) aber das ist es uns Wert. Wir bleiben sogar zwei Tage, weil wir endlich mal wieder Wäsche waschen müssen.

Es ist kurz nach 13 Uhr und das letzte Ausflugsboot legt 14 Uhr ab. Das Wetter ist super und so packen wir schnell Kameras, ein paar warme Klamotten und Kekse für Jamie ein und laufen zum Pier. Wir werden schon früher aufs Boot gelassen und weil es Jamie nicht schnell genug geht, ist unser Krümelmonster bereits über die Kekse hergefallen. Wir haben uns für die 90 min Cruise entschieden (es gibt auch eine kürzere Variante in 60 min) und ich hätte noch viel länger draußen bleiben können aber für Jamie ist es zu lang und irgendwann beginnt er sich zu langweilen. Da kommt es wie gerufen, dass der Kapitän zum Schluss recht nah an einen Wasserfall heranfährt, das ist nochmal eine willkommene Abwechselung. Nach Verlassen des Boots gönnen wir uns noch ein Eis und sowas kann man sich eigentlich nur in Geiranger erlauben: Nirgendwo sind bei dieser Eisdiele die Preise angeschrieben, erst wenn man bereits an der Reihe ist, sieht man auf einem kleinen Schild, wieviel eine Kugel kostet (manche sehen es vielleicht auch nicht). Aber wer bestellt wohl sein Eis, hört den Preis und verweigert dann das Eis? Erstaunlicherweise kostet die Kugel weniger als in Stavanger (nur 32 NOK). Wir lassen den Tag ausklingen, genießen die Aussicht von unserem Wohnmobil heraus und beobachten die Abfahrt des Kreuzfahrtschiffes am Abend.


Haushaltstag in Geiranger

Die Nacht war erstaunlich kalt, Katja hat den Schlafsack wieder ausgekramt. Wir frühstücken draußen, aber man hält es nur in der Sonne aus, der Schatten ist noch zu kühl. Den gesamten Vormittag bis in den frühen Nachmittag hinein ist Katja mit der Wäsche beschäftigt, weil sie nur eine Maschine ergattern konnte. Eigentlich auch ganz gut so, denn wir haben nur einen Wäschetrockner. Im Schatten braucht die Wäsche zum Trocknen länger und es kann ja schlecht alles in der Sonne hängen. Somit ist Katja die ganze Zeit mit dem Rotieren der Wäsche beschäftigt, fast trockene Wäsche bekommt den Sonnenplatz und trocknet dort sehr schnell, dann kommt sie runter und die nächsten Wäschestücke rutschen nach. Tommy und Jamie haben eine spannendere Zeit auf dem Spielplatz, aber irgendwann treibt sie der Hunger zurück zum Ludwig. 

Danach erkunden wir den überschaubaren Ort, laufen im Touristenstrom den Storfosser hinauf, den lauten Wasserfall, der im gesamten Ort zu hören ist, begutachten kurz das Fjordcenter und laufen dann zur kleinen Kirche hinunter, was wir leider aufgrund der fehlenden Gehwege auch an der Straße machen müssen. Danach geht’s nochmal zur gestrigen Eisdiele und dort haben sie zwar die Preise auf dem kleinen Schild von 32 auf 35 NOK geändert (die Saison beginnt wahrscheinlich bald) aber wir haben trotzdem nur 32 NOK gezahlt. Heute sind zwei Kreuzfahrtschiffe im Fjord und deswegen Schlangen von Ausflugsbussen, die die Leute zum Glück woanders hinkarren. Aber nicht jeder macht ne Bustour und so verbleiben immer noch eine Unmenge von Leuten im Ort (heute Deutsche und Spanier). 

Ein bisschen fühlt sich Katja an ihre Zeit im neuseeländischen Milford Sound erinnert, wo es im Sommer ebenfalls von Touristen nur so wimmelte. Die schönste Zeit war dann der Abend, wenn die Busladungen verschwunden waren und man den Fjord wieder für sich allein hatte. Ganz allein hatten wir Geiranger zwar nicht aber man merkt den Unterschied gewaltig, wenn die vielen tausend Passagiere verschwunden sind. Ein bisschen Sorge bereitet uns der morgige Tag, denn irgendwie müssen wir ja wieder aus dem Tal heraus, 1030 m nach oben. Unser armer Ludwig! Wir beschließen, den Wecker zu stellen und ohne Frühstück aufzubrechen, um uns ohne Gegenverkehr den Berg hinauf zu quälen, denn solange unser Ludwig seinen Schwung nicht verliert, ist er unschlagbar.


früher Aufbruch nach Oppdal 

Gesagt, getan – der Wecker klingelt 7:30 Uhr und Punkt 8 Uhr befinden wir uns wieder auf der 63. Ludwig kann gemächlich in seinem eigenen Tempo die 1030 Höhenmeter zurücklegen und eine knappe halbe Stunde später sind wir oben angelangt. Uns fällt ein Stein vom Herzen und jetzt können wir auf dem Parkplatz „Langvatnet“, kurz nachdem wir auf die 15 abgebogen sind, einkehren und unser vorbereitetes Frühstück in einer herrlichen Winterlandschaft verzehren. Vor zwei Tagen war hier oben alles vernebelt, heute haben wir eine tolle Sicht auf die schneebedeckten Berge. Einfach traumhaft.  

Wir machen einen Zwischenstopp in Dombås, um uns die Beine zu vertreten. Wo kann man das besser als auf dem Spielplatz? Während Katja und Jamie spielen, kümmert sich Tommy ums Tanken und Einkaufen. Gleich neben dem Spielplatz befindet sich eine Gedenkstätte für gefallene norwegische und amerikanische Soldaten im zweiten Weltkrieg, denn hier landeten 1940 die ersten deutschen Fallschirmjäger, die schlussendlich nach Kampfhandlungen von den Norwegern gefangen genommen werden konnten. Da wir so früh aufgebrochen sind, ist es überhaupt noch nicht spät und so entschließen wir uns zu einer Weiterfahrt. Gegen Fotostopps haben wir aber nie etwas einzuwenden und so halten wir für einen sehr kurzen Spaziergang an der Dovregubbens Hall (ein prächtiger Holzbau aus dem Jahre 1938), wo wir zwei knuffige Knolle finden, die sich gern mit uns ablichten lassen und eine alte Natursteinbrücke, die ebenfalls ein geduldiges Fotomotiv darstellt. Und schon geht’s weiter.

Im Reiseführer haben wir eine tolle Picknickstelle entlang der E6 gefunden, aber leider hat sich die im Buch geschilderte Situation geändert. Inzwischen ist das Übernachten hier nicht mehr erwünscht, auf Schildern wünscht man einen angenehmen und erholsamen Stopp und eine sichere Weiterreise. Nun gut, dann müssen wir eben weiter und so fahren wir die letzten Kilometer bis nach Oppdal, wo verschiedene Quellen den riesigen Parkplatz der Bergstation des Skiliftes als ruhige Übernachtungsmöglichkeit angegeben haben. Der Blick ist natürlich nicht so majestätisch wie die letzten beiden Tage in Geiranger, aber so ist das eben, es kann nicht immer nur bombastisch sein.


ein heißer Tag in Trondheim 

Wir schlafen ohne jegliche Störungen und am nächsten Morgen fahren wir erstmal zu Biltema, weil wir Motoröl für Ludwig brauchen. Im Laden gibt’s alles rund ums Thema Auto, Camping, Outdoor und ein bisschen Baumarkt ist es auch. Sie werben mit „Schwedischen Preisen“, was wir im Detail nicht überprüft haben. Wir zahlen 299 NOK für 4 Liter Öl und weiter geht’s im Programm. Ziel für heute ist Trondheim und da keine engen, kurvigen und extrem steilen Straßen zu erwarten sind, sitzt Katja mal wieder hinterm Steuer. 

In Trondheim fahren wir auf den offiziellen Womo Stellplatz, Tommy bezahlt am Automaten und wir haben uns dran gewöhnt, dass man oft keinen Zahlungsbeleg bekommt. Dann laufen wir in die Stadt, Jamie ist wieder mit seinem Laufrad unterwegs. Einen richtigen Plan haben wir nicht, wir schauen ab und zu mal auf Google Maps, weil Katja gelesen hat, dass das historische Viertel ganz hübsch sein soll und der Nidarsdom ist ebenfalls sehr bekannt (eine gotische Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert; sie beherbergt die Kronjuwelen). Wir finden beides, fotografieren, gönnen uns später Eis und Heißgetränk, aber verzichten auf den obligatorischen Kühlschrankmagneten, die Katja schon seit vielen Jahren sammelt. 99 NOK sind es ihr dann doch nicht Wert (=8,65 €)! Das alte Viertel Bakklandet ist zwar ganz hübsch anzusehen aber zum genussvollen Schlendern kommt man hier nicht. Schön, dass die Stadt den Autoverkehr eingeschränkt und eine verkehrsberuhigte Zone eingerichtet hat, aber leider gilt dies nicht für Fahrräder. Und so muss man höllisch aufpassen, nicht von einem der zahllosen vorbeieilenden Fahrräder angefahren zu werden. Viel gesehen haben wir eigentlich nicht, aber irgendwann ist bei Jamie die Luft raus; das Interesse ist verflogen und heiß ist es ebenfalls. So laufen wir schon wieder zurück zum Ludwig und verbringen dort den Rest des Tages.

 

Manchmal fragen wir uns, ob die Kommunen einen Wettbewerb laufen haben, den schlechtesten Platz für einen Wohnmobilstellplatz zu finden. Bei einem städtischen Stellplatz, dazu noch in einer Metropole, erwarten wir weiß Gott keine Wohlfühloase und dass es lauter ist als irgendwo im Fjord ist selbstredend. In Trondheim hat man es geschafft, den Stellplatz an einer Hauptstraße und direkt neben der stark frequentierten Eisenbahnlinie bahnhofsnah zu bauen. Die Bahn klingt nach einem Güterzug und bremst in Höhe des Stellplatzes aus voller Geschwindigkeit geräuschvoll ab. Dort kommt man einfach nicht zur Ruhe! Wenigstens ist der Platz halbwegs eben und man ist innerhalb von 15min im Stadtzentrum. 340 NOK löhnt man für die Stadtnähe und hat leider keine Übernachtungsalternativen.




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