Wir hatten zwei wundervolle Abende bei Max und seiner
Familie verbracht, aber heute hieß es leider schon wieder Abschied nehmen. Nach einem
relaxten Frühstück und Diskussionen darüber, wie sich Milford verändert hat, wo es ehemalige Arbeitskollegen in verschlagen
hat oder wie unsere Zukunftspläne aussehen und nach ausgiebigen Streicheleinheiten für
Schäferhund Mika schafften wir es gegen 11 Uhr doch irgendwie, uns loszueisen
und Lebewohl zu sagen. Mit der Einsicht und dem Versprechen, daß
dies nicht der letzte Besuch war, war es gar nicht so schlimm.
Te Anau ließen wir hinter uns und fuhren in Richtung Catlins. Dabei
bemerkte ich wieder, wie schön das Southland ist, welches als südlichste
Region Neuseelands (wenn man Stewart Island mal außen
vorläßt) immer gern vernachlässigt wird. Landschaftlich muß
sich das Southland nicht hinter touristischen Größen wie Otago oder McKennzie verstecken, weil es aber eher
stiefmütterlich behandelt wird, ist es nicht so überlaufen wie viele andere Bereiche Neuseelands.
Auch die Catlins kann man getrost als ein vernachlässigtes
Juwel Neuseelands bezeichnen. Die Region ist dünn besiedelt, die Infrastruktur gerade gut genug, daß
man es als Tourist mit ein wenig Planung hindurch schafft ohne irgendwo mit
einem leeren Tank oder leerem Magen zu stranden und Unterkünfte
scheinen jedes Jahr mehr aus dem Boden gestampft zu werden. In die Catlins
kommt man sicherlich nicht zum Einkaufen oder für das ereignisreiche Nachtleben; nein man kommt her für
die Natur, die Ruhe und zum Genießen der puren Naturgewalten. Denn die Natur beherrscht
hier noch zu einem großen Teil das Leben der Menschen. Viele leben vom Eco
Tourismus (vor allem Pinguine und Delphine in Curio Bay) und noch immer ist die
Schafzucht ein wichtiger Bestandteil dieser Region. Diese robusten Tiere stehen
dann auch bei Wind und Wetter auf Felsklippen und lassen sich die heftigsten
Sturmböen um ihre dünnen Beinchen wehen.
Aber mal der Reihe nach. Wir folgten also dem Catlins
Coastal Heritage Trail (dem Küstenweg) und dort sind die Attraktionen wie eine Perlenkette auf einer Schnur an einander gereiht. Wir starteten in
Fortrose mit einem Kaffee und obwohl ich schon zweimal in den Catlins war,
erfuhr ich erst diesmal, daß hier ein Schiffwrack in der Bucht liegt, welches
allerdings nur bei Ebbe erkennbar ist und es war gerade, Ihr erratet es
vielleicht, keine Ebbe.
Also fuhren wir gleich wieder zum Waipapa Point, einem
meiner Lieblingsplätze in den Catlins. Hier befindet sich ein kleiner
Leuchtturm (der letzte aus Holz) und sehr oft kann man Seelöwen
am Strand beobachten. So auch heute; ein einzelnes Exemplar hatte sich an den
Strand verirrt, trocknete seine Haut durch langes Strecken und wälzte
sich anschließend im Sand so daß man ihn bei einem flüchtigen Blick nur schwer hätte erkennen können. Auch hier liegt ein Schiffwrack und zwar die „SSTararua“, die am 29.04.1881 auf die Felsen auflief und komplett zerschmetterte. Mit
131 Toten gilt dieses Ereignis noch heute als das schlimmste Seeunglück
mit Zivilisten. Bereits zuvor hatte es kleinere Unglücke
in der Gegend gegeben und so wurden die Rufe nach einem Leuchtturm immer
lauter, der dann auch 1884 erbaut wurde. Auch dieses Wrack konnten wir aufgrund
der Flut nicht sehen, hatten allerdings auch nicht wirklich gründlich
danach geschaut.
Weiter gings zum Slope Point, dem südlichsten
Punkt der Südinsel. Man läuft über Privatland bis zu den Klippen, von denen aus man
einen genialen Ausblick auf den Ozean genießen kann. In der Lämmerzeit ist dieser Weg jedes Jahr gesperrt, damit sich
die Muttertiere stressfrei um ihren Nachwuchs kümmern können und nicht ständig von Menschen aufgeschreckt werden.
Wie überall auf den Catlins sieht man auch hier die vom Wind
verbogenen Bäume und bekommt eine Ahnung davon, wie stürmisch es hier manchmal zugehen kann. Bei solch extremen
Bedingungen möchte man sich definitiv nicht draußen aufhalten.
Unser nächster Stop war Curio Bay, der bei Surfern sehr beliebt
ist. Nicht nur wegen der guten Bedingungen zum surfen sondern auch weil man oft
schon vom Strand aus oder eben auf dem Surfbrett die kleinen Hektordelphine
beobachten kann, die sich ebenfalls in den Wellen tummeln. Bekannt ist Curio
Bay aber auch für seinen fossilen Wald aus der Jura Periode. Der Wald ist 160 Millionen
Jahre alt und geht zurück bis in die Zeit, als Neuseeland noch Teil von
Gondwanaland war. Genau dort kann man auch wunderbar Pinguine beobachten und
das am besten in den Abendstunden, wenn die Yellow Eyed Penguins
(Gelbaugenpinguine) und die Blue Penguins (Zwergpinguine) von einem harten
Arbeitstag auf See nach Hause in ihre Nester zurückkehren.
Dafür war es allerdings noch ein wenig zu früh,
deswegen fuhren wir weiter nach Waikawa (nur ca. 10 Minuten entfernt), wo ich
ein BBH Hostel mit dem passenden Namen Penguin Place gebucht hatte und wo wir
erstmal in Ruhe unser Abendessen kochten. Als es langsam dämmerte,
fuhren wir zurück zu Curio Bay und gesellten uns zu den anderen Wartenden, die ganz
gespannt aufs Meer hinausschauten und nach Pinguinen Ausschau hielten. Als ich
vor einigen Jahren hier saß, waren vielleicht noch 20 andere Leute anwesend, heute
waren es geschätzte 100. Auch der abgegrenzte Bereich, der von den Wartenden nicht zu überschreiten
ist, existierte damals noch nicht, war aber auch nicht wirklich notwendig.
Als
sich endlich ein Pinguin zeigte, war es schon fast zu dunkel zum Fotografieren.
Er ist der Sentinel, also der Späher, der von den anderen vorgeschickt wird um entweder
die Ungefährlichkeit des Weges zu erkunden oder um die Menschen abzulenken, ganz
sicher sind wir uns da nicht. Er hatte es nicht eilig nach Hause zu kommen,
stand er doch eine Ewigkeit auf der gleichen Stelle und schaute in der
Weltgeschichte umher und trocknete dabei seine Federn. Die Unruhe unter den
Schaulustigen, die beim Erblicken des Pinguins aufgekommen war, hatte sich
schnell verzogen. Die meisten sahen ein, daß man bei den Lichtverhältnissen und der Entfernung (mehrere Hundert Meter) keine
Bilder mit einem Smartphone machen kann und traten deshalb die Heimreise an.
Ein ganz schlauer Zeitgenosse meinte, das fehlende Licht durch Hinzuschalten
seines Blitzes ausgleichen zu können, was in zweierlei Hinsicht dämlich
ist. Erstens aufgrund der Entfernung und zweitens verhielten wir alle uns nicht
grundlos ruhig und versuchten keine Aufmerksamkeit zu erwecken um die Pinguine
nicht zu verschrecken. Das Wort Blitzbirne schwirrte mir durch den Kopf….
Irgendwann gesellte sich noch ein zweiter Pinguin hinzu, aber inzwischen war es
zu dunkel zum Fotografieren und selbst mit dem bloßen
Auge war er nur noch für wenige sichtbar. Da es kalt geworden war, fuhren wir
zurück ins Hostel und widmeten uns unseren Abendaktivitäten
(Bilder sichten, Tagebuch schreiben, Planung für den nächsten Tag usw). Internet gibt es nicht und so sitzen
doch tatsächlich die Bewohner im gemütlichen Wohnzimmer und unterhalten sich (das kommt selten
genug vor). Daß dies nicht immer von Vorteil ist, bemerken wir schnell, denn das geistige
Niveau einiger Anwesenden ist erschreckend gering.
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