
Wie bereits im
letzten Beitrag angekündigt, haben wir uns getraut – mit Sack und
Pack auf den Rennsteig. Wir haben eine Runst in Angriff genommen und
werden diese irgendwann nächstes Jahr vollenden. Eine Runst ist eine
Rennsteigwanderung und laut dem Rennsteigverein gelten für die
traditionelle Runst folgende Regeln: Eine normale Runst (zu Fuß)
führt in sechs Tagen über den gesamten Rennsteig und zwar in
geraden Jahren von Blankenstein nach Hörschel und in ungeraden
Jahren von Hörschel nach Blankenstein. Es gibt wohl noch zahlreiche
andere Möglichkeiten, den Rennsteig zu absolvieren, wobei ich einige
davon gar nicht verstehe: Skirunst, Quadratrunst, Hainich-Runst,
3-R-Runst und die Kinderrunst, um nur einige zu nennen.

Nun gut, seit seiner
„Erstbegehung“ in Jahre 1830 durch Julius von Plänckner haben
sich auf dem Rennsteig einige Dinge geändert und so gibt es eben
mehrere Möglichkeiten, die knapp 170km zurückzulegen. Jedem das
seine, wir möchten da niemandem etwas vorschreiben oder madig
machen.

Unbewußt haben wir
bisher alles richtig gemacht denn wir befinden uns 2017 in einem
ungeraden Jahr und haben den Rennsteig somit in der richtigen
Richtung in Angriff genommen; und zwar von Hörschel in Richtung
Blankenstein. Transporttechnisch befanden wir uns in einer
komfortablen Ausgangslage: mit dem Zug fuhren wir über zwei
Zwischenstops in Wernshausen und Eisenach nach Hörschel und konnten
dort sofort mit unserer Wanderung loslegen. Auf dem Weg nach Hörschel
verschlechterte sich das Wetter zunehmend und bei sinkenden
Temperaturen und fallenden Niederschlägen waren wir wenig
motiviert. Allerdings verbesserte sich das Wetter nach unserer
Ankunft stündlich und nachdem wir traditionsgemäß einen Stein an
der Werra aufnahmen (um diesen über den Rennsteig zu tragen und
irgendwann nächstes Jahr in Blankenstein in die Selbitz zu werfen)
machten wir uns bei noch schüchternem Sonnenschein auf den Weg. Das
Werra-Ufer ist der tiefste Punkt der Wanderung und so geht es stetig
aber meist nicht zu steil bergauf. In regelmäßigen Abständen
erkennt man in der Ferne die Wartburg, wie sie majestätisch über
Eisenach thront.

Was die Etappen auf
dem Rennsteig anbelangt, bekommt man je nach verwendeter Literatur
verschiedene Vorschläge, die sich natürlich in erster Linie daran
orientieren, in wie vielen Tagen man den Rennsteig absolvieren
möchte. So wird zum Beispiel oft der von öffentlichen
Verkehrsmitteln gut zu erreichende Wanderparkplatz „Hohe Sonne“
als Endziel für die erste Etappe angegeben, was aber aus unserer
Sicht keinen großen Sinn macht, weil es dort keine
Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Das erfordert, einen Bus nach
Eisenach oder in die umliegenden Ortschaften zu nehmen, dort zu
nächtigen und am nächsten Morgen wieder zur Hohen Sonne zu fahren,
um dort seine Wanderung fortzusetzen. Wir liefen ca. 4,6km weiter und
übernachteten im
Hubertushaus (Ascherbrück 1, 99842 Ruhla), welches
sich direkt am Rennsteig befindet. Für 66,00 Euro im geräumigen
Doppelzimmer (es gibt auch preiswertere Zimmer) und einer
gutbürgerlichen Küche kann man den Abend wunderbar ausklingen
lassen. Das Bett knarzte zwar ein wenig aber sonst gab es an dieser
Unterkunft nichts auszusetzen.
Unsere Leistung für
den 1. Tag
Strecke: Hörschel
nach Ruhla (Hubertushaus)
Schritte: 32.000
knapp 26km
(bemessen nach
Tommys Activity Tracker)
unterwegs (mit
einigen kleineren Pausen): 6 Stunden

Für den nächsten
Tag hatten wir uns mit dieser Übernachtung bereits einen kleinen
Vorteil verschafft, weil wir diese Strecke sonst an diesem Tag hätten
zurücklegen müssen. Psychologisch gesehen war das Wissen um die
Tatsache, daß dies der kürzeste Tag der Runst werden sollte, ein
großer Fehler, denn wir hatten das ungute Gefühl, einfach nicht
ankommen zu können. Die Kilometer auf den Wanderschildern wollten
einfach nicht schwinden und dazu kam das vernebelte Wetter und die
fehlende Sonne, die einem auch ein wenig die Motivation raubten. Aber
zumindest blieb es trocken, auch wenn die Temperaturen im Vergleich
zum Vortag gewaltig abgestürzt waren.

Unser Ziel war der Große Inselsberg,
der zwar nicht der höchste Berg Thüringens ist (diese Ehre geht an
den Großen Beerberg mit seinen 983 Metern) aber aufgrund der guten
Verkehrsanbindung, Gastronomie und Wintersportmöglichkeiten einer
der meistbesuchtesten Berge Thüringens ist. Als wir den 916 Meter
hohen Berg pünktlich zur späten Mittagszeit erreicht hatten,
pfiffen wir auf dem letzten Loch und es sehnte uns nach einem Bier.
Am Reformationstag war die Gaststätte bis unters Dach vollgestopft
mit Tagesausflüglern aber wir konnten noch zwei Sitzplätze bei
einem älteren Ehepaar ergattern und uns aufwärmen und stärken. Für
den weiteren Weg spielte dies allerdings keine große Rolle mehr,
denn wir mußten es nur noch heil den steilen Abstieg
hinunterschaffen und in unserer
Pension „Haus am Reitstein“
einkehren, wo ein heiße Dusche auf uns wartete.

Für 50,00 Euro
fanden wir ein Doppelzimmer im Stilmix vor; massiver hölzener
Einbauschrank aus DDR Zeiten versus neumodischer Möbel und
Flachbildschirm aus der Neuzeit. Auf dem Gang begrüßt den Gast ein
Wohnheimfeeling und jedes Zimmer wirkt gleich. Tommy, der sich unsere
Zimmernummer nicht gemerkt hatte, stand bei seiner Rückkehr
plötzlich im Zimmer unserer Nachbarn. Das Frühstück war
reichhaltig aber völlig unverzeihlich wies das Geschirr
angetrocknete Speisereste der Vorgänger auf. Das geht gar nicht!
Auch war dies die letzte Nacht denn ab dem 1. November befindet sich
die Pension (wie die meisten anderen Einrichtungen auf dem Rennsteig
auch) in einer Saisonpause und öffnet erst wieder im Dezember.
Dementsprechend demotiviert erschien die Belegschaft und ich fühlte
mich teilweise etwas unerwünscht. Trotzdem ist die Unterkunft
vollkommen okay, denn sie erfüllt ihren Zweck: nach einer langen
Wanderung eine Dusche und ein Bett zu haben, um sich für den
nächsten Tag ausruhen zu können.
Unsere Leistung für
den 2. Tag
Strecke: Ruhla
(Hubertushaus) zum Fuße des Großen Inselsbergs
Schritte: 23.760
knapp 17km
unterwegs (mit
einigen kleineren und einer großen Restaurantpause): 6 Stunden
Der letzte Tag
sollte die große Herausforderung werden denn er endete in Oberhof
und es war ausgemacht, daß wir von einem Kumpel abgeholt werden. Wir
hatten also nicht nur die Strecke im Rücken sondern auch die Zeit
denn aufgrund fehlenden Empfangs im Wald kann man nicht mal schnell
anrufen und die Abholung auf später verschieben. Das Wetter war
nicht wirklich besser denn der Nebel vom Vortag hielt sich
hartnäckig, aber es war ein paar Grad wärmer und somit angenehmer
zu laufen. Gleich zu Beginn gab es einige steile Anstiege zu
bewältigen aber im Laufe der Wanderung normalisierten sich die
Höhenverhältnisse und es gab nur leichte Auf- und Abs.

Was uns auch
heute wieder extrem auffiel, waren die unterschiedlichen
Entfernungsangaben auf den Wanderschildern. Obwohl man bereits ein
Stück Strecke zurück gelegt hatte, nahm die Entfernung zu und ein
Bild für die Götter sind die beiden (fast) identischen Schilder
direkt nebeneinander, die das gleiche Ziel und die gleiche Richtung
aber unterschiedliche Entfernungen anzeigen. Was haben sie sich dabei
nur gedacht? Über diesen Tag gibt es rückblickend nicht viel zu
sagen, da wir wirklich die meiste Zeit die Zähne zusammen bissen um
voranzukommen. Außer einer kleinen

Verschnaufpause von vielleicht 20
Minuten liefen wir 7 Stunden komplett durch, nur um eine Stunde vor
verabredeter Abholung am Grenzadler anzukommen und dort für eine
Stärkung einzukehren. Tommy war der Meinung, die noch verbleibenden
7 km zu seiner Wohnung laufen zu können und daß wir die Abholung
vielleicht gar nicht bräuchten, aber ich konnte definitiv keine 7 km
mehr laufen! Wir hatten 32km in 7 Stunden runtergeschruppt und das
reichte vollkommen aus. Ich spürte es bereits in meinen Beinen und
wollte einfach nur aufs Sofa oder noch besser, in eine heiße
Badewanne.
Unsere Leistung für
den 3. Tag
Strecke: Großer
Inselsberg nach Oberhof (Grenzadler)
Schritte: 39.100
knapp 32km
unterwegs (mit nur
einer Pause): 7 Stunden
Gesamt: fast 77km
Fazit:

Es war schön, mal
wieder unterwegs zu sein und davon die meiste Zeit im Wald sein zu
können. Dabei ist man sehr oft mit sich selbst beschäftigt und in
Gedanken versunken und läuft schweigend nebenher, was vollkommen
okay ist. Nebenbei habe ich das Rennsteiglied gelernt und bin nun
textsicher und hoffe natürlich, daß dies bis zur Fortsetzung
nächstes Jahr anhält. Darüber haben wir uns allerdings noch keine
Gedanken gemacht. In welche Richtung laufen wir den Rest? In wie
vielen Tagen? Es wird eine Zeit geben, wo man sich darüber Gedanken
machen kann, aber jetzt nicht. Es gilt, die Erlebnisse und Eindrücke
zu verarbeiten. Bis zur Fortsetzung sagen wir Gut Runst und wünschen
Euch ebenfalls tolle Wandererlebnisse, falls diese bei Euch anstehen
sollten!
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