Unser Maskottchen Mauli in Büsum |
Nach all der Schrauberei, Putzerei und Bastelei sowie den
Ausgangsbeschränkungen der vergangenen Wochen war es nach dem
Männertag endlich soweit. Wir schleppten Bettzeug, Küchenequipment,
Lebensmittel, Klamotten, Spielzeug und ein wenig Werkzeug in unser
Wohnmobil und machten uns auf die Reise. Es ging mal wieder Richtung
Norden, weil wir es dort so schön finden. Nur diesmal eben nicht im
Auto und nicht nur zu zweit, sondern mit Jamie an Board mit
angepaßter Reisegeschwindigkeit. Erstens darf und kann Ludwig nicht
so schnell und mit Kleinkind reist es sich definitiv anders. Auf
jeden Fall langsamer, aber nicht unbedingt entspannter.
Büsum |
Beim Thema
Autofahren ist Jamie bereits Profi, das hat er schon unzählige Male
erlebt, aber im Wohnmobil ist das anders. Leider muß er vorne auf
dem Beifahrersitz sitzen, weil hinten momentan nur eine Person sitzen
kann und wir möchten ihn dort nicht alleine haben. Deswegen sitzt er
vorne beim Fahrer, der ihn aber leider auch beruhigen muß, wenn
Bedarf hierfür besteht. Was natürlich eine Ablenkung bedeutet und
nicht optimal ist. Deshalb müssen wir uns noch was einfallen lassen,
damit man hinten zu zweit sitzen kann.
Sehr praktisch ist auf der
anderen Seite allerdings, daß man einfach rechts ranfahren, die
Gasflasche aufdrehen und den Mittagsbrei aufwärmen kann. Man hat
alles dabei und ist unabhängig und kann sogar mal fix aufs Klo, ohne
die verschmutzten öffentlichen Toiletten nutzen zu müssen. Dafür
gibts definitiv schonmal einen Daumen hoch!
Die längsten
Strecken legten wir bei An- und Abreise zurück und diese verteilten
wir sogar auf zwei Tage. Hierfür übernachteten wir in Hameln und in
Osterode im Harz. Die übrigen Tage fuhren wir wenig und legten oft
nur 30-50km zurück. Für die Übernachtungen nutzen wir verschiedene
Varianten: in Hameln und Osterode lediglich ein Stellplatz mit Strom
und Entsorgungsmöglichkeiten für Schmutzwasser /Toilette (die
SaniStation war in Osterode allerdings defekt), ein wilder Stellplatz
in Wischhafen ohne alles, Wohnmobilparks in Büsum, Sankt- Peter-
Ording und Friedrichstadt, schön gelegen am Wasser im Speicherkoog
(wieder ohne alles, trotzdem gegen Gebühr) sowie die Auffahrt bei
Freunden in der Nähe von Bremerhaven und bei Hamburg. Das ist das Schöne am Reisen
mit Wohnmobil, man ist
auf den Dünen im Speicherkoog |
relativ unabhängig und kann zwischen diversen
Stellplatztypen variieren. Alle paar Tage müssen Toilette und
Grauwassertank geleert sowie Frischwasser aufgetankt werden, das gilt
es zu berücksichtigen. Sind wir nicht an 230V Strom angeschlossen,
übernimmt die Gasflasche das Kühlen unseres Kühlschrankes, sodaß
wir nicht von Strom abhängig sind. Akkus, Handys usw. kann man über
12V während der Fahrt laden oder auch im Stehen von der 2. Batterie
für den Wohnraum. Für diese haben wir Solar auf dem Dach, damit
diese auch bei längeren Stehzeiten geladen werden kann, was
natürlich wetterabhängig ist.
Reisen mit Kleinkind
ist, wie das Leben allgemein, nicht ohne Stolpersteine und das kann
man sogar wörtlich nehmen. Nicht nur sollte man darauf achten, die
Touren nicht zu lang werden zu lassen und genügend Stopps
einzulegen, damit das Kind gelegentlich aus dem Kindersitz rauskommt
und seinem Bewegungsdrang nachkommen kann. Die Zeiten fürs Essen
sowie für den
ruhiger Stellplatz im Speicherkoog |
Windelwechsel müssen ebenfalls im Auge behalten
werden. Und hat man dann gestoppt, wird es ja erst richtig
anstrengend, denn nun sitzt das Kind nicht mehr angeschnallt im
Kindersitz sondern entweder im Hochstuhl, wo man es nicht alleine
lassen sollte (wir fuhren den Hochstuhl in der Wohnmobilgarage mit
durch halb Deutschland, was aber recht praktisch war), oder man
schleppt es im beengten Raume umher oder man tollt auf dem Bett
herum. Zu Hause legt man das Kind einfach auf den Boden wenn man mal
kurz aus dem Raum geht, aber im Wohnmobil geht das nicht. Dort bieten
sich beide Betten, Sitzecke oder Fahr- und Beifahrersitze an und
überall kann man herunterfallen. Jamie ist inzwischen 10 Monate alt
und hat Hummeln im Hintern, still sitzenbleiben ist in diesem Alter
nicht möglich. Dementsprechend wird der Haushalt immer nur von einer
Person geschmissen während die andere das Kind bespaßt. Zu zweit
wären Abwasch und Aufräumen allerdings sowieso nicht zu bewältigen,
weil man sich ständig im Weg stünde.
Reiterinnen in Sankt Peter Ording |
Für Jamie war die
Woche sehr anstrengend und komplett ungewohnt. Normalerweise liegt er
zu Hause in seinem gewohnten Umfeld spielend auf dem Boden rum oder
wird im Kinderwagen durchs bekannte Wohngebiet gefahren. Die vielen
Eindrücke haben ihn sichtlich überfordert und die meiste Zeit
rumquängeln lassen was für uns weniger schön war aber eben auch
dazugehört. Auf jeden Fall hat es uns gezeigt, daß wir noch mehr
auf Jamie´s Bedürfnisse eingehen müssen und wir aufgrund der
fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten selbst auf die Suche nach eben jenigen
gehen müssen. Zwar haben wir die meisten Tage schon extra kurz
gestaltet aber dennoch stellten auch die vielen Spaziergänge im
fremder Umgebung eine gewisse Reizüberflutung dar. Für uns zwei
bedeutet dies auch eine extrem steile Lernkurve, schließlich sind
wir normalerweise immer extrem viel und lang unterwegs und gönnen
uns selbst kaum eine Ruhe. Das können wir mit Nachwuchs natürlich
so nicht fortführen und müssen mehr als nur einen Gang
zurückschalten. Wovon wir aber sicher auch profitieren können, denn
wir sind ja im Urlaub und nicht auf der Flucht, wie ein Spruch so
schön sagt.
Friedrichstadt |
Noch ein paar Sätze
zur aktuellen Situation. Während der Corona Ausgangsbeschränkungen
war Urlaub tabu und auch die Campingplätze blieben geschlossen.
Pünktlich zu Pfingsten lockerten die meisten Bundesländer die
Beschränkungen dahingehend, daß man auch ohne triftigen Grund
unterwegs sein und andere Bundesländer besuchen durfte. Das war dann
auch auf den Straßen gut sichtbar, denn Ludwig war nicht das einzige
Wohnmobil on the road. Wir brauchten trotzdem nirgendwo vorzubuchen
außer in Friedrichstadt, wo wir glücklicherweise vorher anriefen
und den letzten Platz ergatterten. Der Platz war fürs
Pfingstwochenende bereits komplett ausgebucht und wir schafften es
noch, uns mit der Buchung für 1 Nacht irgendwo reinzuquetschen. So
zumindest die Aussage der Betreiber; es blieben einige Plätze frei
aber wahrscheinlich bleiben die meisten Besucher eben länger als nur
1 Nacht und für länger wäre eben nichts mehr frei gewesen.
Daß es immer noch
Beschränkungen auf den Campingplätzen gibt, ist zwar ärgerlich und
nicht immer nachzuvollziehen, aber sie sind nunmal von oben
angeordnet und bei Zuwiderhandlung muß der Campingplatz geschlossen
werden; was man den Betreibern nach solch einer langen Auszeit nicht
wünscht. Warum aber die Sanitäranlagen auf Campingplätzen
geschlossen bleiben müssen während die öffentlichen Toiletten in
den Städten geöffnet sind, erschließt sich uns nicht. Es ist ja
nicht so, daß sich in den Toiletten oder in den Duschen Trauben von
Menschen ansammeln, die sich dann gegenseitig anhusten und anniesen.
Meist hält man doch schon aus Höflichkeit Abstand. Besonders
ärgerlich ist es, wenn die Nutzung der Anlagen im Übernachtungspreis
inbegriffen ist und dieser nicht reduziert wurde.
Friedrichstadt |
Noch viel
ärgerlicher ist allerdings die Tatsache, daß Leute mit kleinem
Budget von den erfreulichen Lockerungen der Coronabeschränkungen und
den Öffnungen der Campingplätze nicht sonderlich profitieren.
Übernachtungen im Wohnwagen ohne sanitäre Einrichtungen oder im
Zelt sind momentan fast noch überall untersagt, weil eben die
Duschen und Toiletten auf den Plätzen nicht genutzt werden dürfen.
Eigentlich wollten
wir Jamie den Strand zeigen aber die meiste Zeit war es so windig und
unangenehm kalt am Strand, daß wir es selbst dort kaum ausgehalten
haben. Somit haben wir das Sandspielzeug umsonst durch die Gegend
gefahren. Aber die Einführung in Sonne, Strand und Meer ist nur
aufgeschoben, nicht aufgehoben und wird beim nächsten Ausflug
nachgeholt.
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